Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Steueroasen Ausgabe 2013

Steueroasen Ausgabe 2013

Titel: Steueroasen Ausgabe 2013 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Lothar Merten
Vom Netzwerk:
dieser Effizienz um die Flexibilität der Schattenfinanzzentren. Auf den Cayman Islands beispielsweise war die Überwachung besonders locker. Deshalb sind dort über 10 000 Hedgefonds registriert. Auch wenn dort die Regulierungsvorschriften stimmen, braucht man die nötige Fachkenntnis, um die Bücher der Banken und Fonds zu prüfen. Davon gibt es in der Offshore-Welt zu wenig. In vielen Offshore-Finanzzentren werden hochriskante Emissionen von Nachwuchsbuchprüfern der nationalen Aufsichtsbehörden geprüft.
    Doch die Anhäufung von Schulden in der Weltwirtschaft hat weitere Ursachen in der Offshore-Zone. 2009 veröffentlichte der IWF einen Bericht, der aufzeigt, wie Steueroasen (in Verbindung mit den Verzerrungen in den Steuersystemen der Onshore-Zone) die globale Schuldenmaschine antrieben, indem sie Unternehmen zur Kreditaufnahme anstifteten, statt sich über ihr Eigenkapital zu finanzieren:
    Ein Unternehmen borgt sich Geld in einem Offshore-Gebiet und bezahlt den Zins auf den Kredit zurück an die Offshore-Finanzierungsgesellschaft. Dann wendet es den Trick des Transfer Pricing an. Der Gewinn liegt offshore, wo er steuerfrei ist. Die Kosten (Zinszahlungen) werden onshore abgewickelt, wo sie von der Steuer abgezogen werden. Dieser Kniff ist ein wichtiger Bestandteil des Geschäftsmodells von Private-Equity-Firmen: Sie kaufen ein Unternehmen auf, stutzen die Steuerrechnung, indem sie es mit Schulden vollladen – und treiben die Rendite in die Höhe.
    Fremdfinanzierte Übernahmen ( leveraged buyouts ), die immer Offshore-Fremdkapital mit einschließen, nahmen vor der Finanzkrise rasant zu. Die Summe, die Private-Equity-Fonds auftrieben, wuchs von 2003 bis 2007 um mehr als das Sechsfache, auf 300 Milliarden Dollar. Dabei geht es den Fonds nicht nur um „Wertschöpfung“, sondern um das Abziehen von Gewinn: Die Steuerrechnung wird beschnitten, der Aktienwert des Unternehmens steigt, die Vergütung der Manager nimmt zu, und Reichtum wird von den Steuerzahlern hin zu Managern und Aktionären verschoben. Viele rentable Unternehmen sind als Folge übermäßiger Verschuldung via Steueroasen zugrunde gegangen. Mehr als die Hälfte der Gesellschaften, die 2007 ihren Schuldendienst einstellen mussten, waren im Besitz von Private-Equity-Firmen.
    Auch Banken waren vor der Finanzkrise besonders geschickt darin, ihr Wachstum mithilfe von Steueroasen anzuheizen: Indem sie Steuern auswichen, Mindestreservevorschriften und andere Regulierungsbestimmungen umgingen und ihre Kreditnahme einen Gang höher schalteten. So erzielten etwa britische Banken nach Berechnungen der Bank of England zwischen 1986 und 2007 eine jährliche Rendite von durchschnittlich 16 Prozent. Dieses durch Steueroasen begünstigte Wachstum hatte zur Folge, dass die Finanzinstitute heute groß genug sind, um alle zu erpressen: Wenn ihnen die Politiker und Steuerzahler nicht geben, was sie wollen, werden sie ins finanzielle Unglück gestürzt. „Too big to fail“ – die Offshore-Welt lässt grüßen.
    Banken kassierten aber auch saftige Gewinne aus illegalen Geldströmen, dem Re-Invoicing : Beispielsweise kauft ein Londoner Händler von einem Moskauer Exportunternehmen eine Ladung Öl im Wert von 100 Millionen Dollar. Das Exportunternehmen stellt dem Händler jedoch 120 Millionen Dollar in Rechnung und bittet ihn, 20 Millionen auf ein Londoner Konto zu überweisen. Russischen Handelsstatistiken zufolge sind 120 Millionen Dollar ins Land geflossen, obwohl es nur 100 Millionen hätten sein sollen. Die fehlenden 20 Millionen sind für die Experten, die die Statistiken zusammentragen, völlig unsichtbar, obwohl sie einen echten illegalen Geldabfluss von Russland nach Großbritannien darstellen, dessen Effekte auch spürbar sind.
    Die 20 Millionen werden beispielsweise in den Londoner Immobilienmarkt investiert, wo das russische Unternehmen ein steuerfreies Mieteinkommen erzielt. Dieser illegale Zinsfluss trägt nicht zur Produktivität bei, sondern verzerrt den britischen Immobilienmarkt und beschert den Banken kräftige Gewinne durch Hypothekengeschäfte. Die Häuserpreise in London steigen. Für diejenigen, die noch keine Immobilie besitzen, wird es schwieriger, in den Immobilienmarkt einzusteigen, die Immobilienblase bläht sich weiter auf, und in der britischen Volkswirtschaft häufen sich in der Folge die

Weitere Kostenlose Bücher