Stevani Fuhlrott mit Christiane Hagn - Wenn mich jemand sucht – ich bin im Kühlschrank
beneidet wurde. Und tatsächlich kam das auch vor. Anfangs fühlte ich mich sehr geschmeichelt, aber schon nach kurzer Zeit verlor ich das Interesse daran. Letzten Endes habe ich festgestellt, dass es mir ziemlich egal ist, was die anderen Männer über mich denken. Nicht nur, weil ich eine verheiratete Frau bin (»Verheiratet, aber nicht tot!«, wie ich gern sage), sondern eigentlich, weil es viel bemerkenswerter war, trotz meiner »Hülle« bewundert zu werden – so wie mein Mann Jan das tat.
In Bezug auf Frauen hatte meine optische Veränderung leider ein paar negative Konsequenzen. Unter meinen Kritikerinnen befanden sich auch einige »engere Freundinnen«, die mir sagten, sie könnten jetzt nichts mehr mit mir anfangen. Vorher sei ich ein »Typ« gewesen! Aber jetzt … (Eine Frau?) Ich war so irritiert von diesen Reaktionen, dass ich nicht weiter nachgefragte, was so einen »Typ« – außer Fett – denn ausmachte. (Unattraktiver sein als sie selbst?) Aber interessieren würde es mich schon.
Um es herauszufinden, sah ich mir alte Fotos an und stellte fest, dass ich zumindest immer eins getan hatte: auffallen. Während des ersten Jahres meiner Selbstständigkeit hatte ich ausschließlich weiße Kleidung getragen. Wegen des Wiedererkennungswertes, hatte ich gedacht. Als ob man mich normal gekleidet nicht auch wiedererkannt hätte! Trotzdem, es hatte funktioniert. (»Die Dicke in Weiß ist Stevani!«)
Man stelle sich folgende Situation vor: 21 Uhr, eine Galaveranstaltung in respektvoller Umgebung. Die Männer tragen dunkle Anzüge, die Damen Abendkleider in gedeckten Farben. Und dann kam ich: hundert Kilo gut gelaunter, weiß gekleideter Speck. Die Blicke waren mir alle sicher und jeder wusste, wer ich war. Kein Wunder! Dennoch: Es gibt einen Unterschied zwischen auffallen und positiv auffallen. Oder?
Jetzt, wo ich anscheinend kein »Typ« mehr bin, falle ich nicht so schnell auf – außer ich lache wieder einmal zu laut. In Anbetracht dessen kann ich schon verstehen, dass ich damals unverkennbarer war. Allerdings ist mir mein jetziges Ich und das damit verbundene seltenere Auffallen – dafür vielleicht positiv – um einiges lieber.
Nicht alle Menschen können Bewunderung und Respekt ausdrücken oder Neid zugeben. Das Argument »Seit du dünn bist, bist du gar nicht mehr lustig!« bekam ich sehr oft zu hören. Das tat weh. Denn ich war ganz die Alte, nur glücklicher. Dennoch wurde ich von einigen Mitmenschen anders wahrgenommen. Möglicherweise einfach deshalb, weil es viele nicht gewohnt waren, mit mir durch die Straßen zu gehen und plötzlich nicht mehr alle Blicke nur auf sich zu ziehen. Eine kleine dicke Freundin ist eben auch oft sehr praktisch, um das eigene Ego zu stärken. Mit meinem neuen Aussehen taten sich daher viele Frauen schwer. Das war und ist zwar traurig, zeigte mir andererseits aber auch recht deutlich, wer echte Freundinnen waren – nämlich diejenigen, die mich in meinen Bemühungen unterstützten und sich über meinen Erfolg freuten.
Für mich war nur entscheidend, was die Menschen zu sagen hatten, die mir wirklich nahestehen. Da war ich auch gern bereit, Kritik anzunehmen, wenn ich es mal wieder auf die eine oder andere Weise übertrieb. Ich wollte meinem Mann gefallen und vor allem mir selbst. Was ich sagen will, ist: Durch das Abnehmen bin ich vielleicht tatsächlich ein schönerer Mensch geworden. Aber nicht, weil ich nicht mehr dick bin, sondern weil ich mir weniger Gedanken darüber mache, was andere Leute von mir halten. Ich bin mehr ich selbst geworden. Und da gab es einiges zu entdecken, was jahrelang unter der Fettschicht und Unsicherheit begraben gewesen war.
Es war ein langer Weg, der mir viel Geduld abverlangte. Ein Weg, den ich ohne meinen Mann niemals geschafft hätte. Jan war mir in dieser Zeit eine riesige Unterstützung, der meine Launen, meine Teepartys, mein Gerede über Kalorientabellen, meine ständige Abwesenheit, die beruflich wie privat für uns beide neu und sehr anstrengend war, nicht nur stoisch, sondern liebevoll ertrug. Jan und ich haben uns seit unserer Hochzeit nie länger als vier Tage nicht gesehen. Die längste Zeit unserer räumlichen Trennung war also während des Drehs in Zell am See. Wäre ich nicht am Rande der Erschöpfung gewesen, wäre ich vermutlich vor Sehnsucht zugrunde gegangen.
Dank Jan und vieler anderer lieber Menschen habe ich es geschafft – bis jetzt. Aber schlank werden und schlank bleiben ist ein lebenslanges Projekt,
Weitere Kostenlose Bücher