Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stevens, Chevy

Stevens, Chevy

Titel: Stevens, Chevy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Still Missing
Vom Netzwerk:
beurteilen.
    »Ich habe versucht,
dich früher anzurufen, aber du bist nicht rangegangen.« Mom sagte nie: »Du
warst nicht zu Hause«, es hieß immer: »Du bist nicht rangegangen«, in einem
anklagenden Ton, als hätte ich das Telefon klingeln lassen, nur um sie zu
ärgern.
    »Emma und
ich haben einen Spaziergang gemacht.«
    »Und warum
hast du eine Mailbox, wenn du sie nie abhörst?«
    »Du hast
recht - tut mir leid. Aber ich bin froh, dass du anrufst, ich wollte dich
nämlich etwas fragen. Ich habe gestern Abend meine Sachen durchgesehen, auf der
Suche nach meinen Bildern von Dad und Daisy, aber ich konnte sie nicht finden.«
    Nicht dass
ich jemals viele Fotos besessen hätte. Die meisten hatte ich von Verwandten
bekommen, und der Rest wurde von Mom in ihren Einklebebüchern und Alben in
Geiselhaft gehalten, mit dem vagen Versprechen, dass ich sie »eines Tages«
bekäme. Besonders sauer war ich wegen eines Bildes, das ein Nachbar mir nach
der Beerdigung gegeben hatte, nur mit Dad, Daisy und mir - es war ungewöhnlich,
ein Bild zu finden, auf dem Mom nicht mit drauf war.
    »Ich bin
sicher, dass ich sie dir rausgesucht habe, als du wieder in dein Haus gezogen
bist.«
    »Daran
kann ich mich nicht erinnern, und ich habe gestern Abend überall nach ihnen
gesucht ...« Ich wartete ein paar Sekunden, aber sie bot keine Erklärung für
die fehlenden Bilder, und ich wusste, dass sie es auch nicht tun würde,
solange ich nicht genauer nachbohrte. Aber da war noch etwas, das ich sie
fragen wollte, und ich hatte gelernt, dass ich mir meine Kämpfe mit Mom klug
auswählen musste. Russisches Roulette war vermutlich weniger risikoreich.
    »Mom,
denkst du manchmal noch an Dad und Daisy?«
    Ein
gereizter Seufzer kam zischend aus dem Telefon.
    »Natürlich!
Was für eine dumme Frage. Also, wie viel hast du gegessen? Diese Dosensuppen,
von denen du lebst, sind doch keine richtige Mahlzeit. Du wirst zu dünn.«
    »Ich
versuche, mit dir über etwas zu reden, Mom.«
    »Wir haben
bereits darüber geredet ...«
    »Ehrlich
gesagt, nein, das haben wir nicht. Ich wollte es immer tun, weil ich die ganze
Zeit an sie denke, besonders, als ich da oben war, aber wann immer ich das
Thema zur Sprache bringe, lenkst du entweder ab, oder du sprichst über Daisys
Eiskunstlaufen und all ihre ...«
    »Warum
tust du das? Willst du mir weh tun?«
    »Nein! Ich
will nur ... na ja, ich dachte ... Weil ich eine Tochter verloren habe und du
auch, dachte ich, dass wir darüber reden könnten, und vielleicht kannst du mir
einen Rat geben, wie ich damit fertigwerden könnte.« Einen Rat? Was zum Teufel
glaubte ich denn? Diese Frau hatte noch nie eine Erkenntnis gehabt, die tiefer
ging als ein Fingerbreit Wodka.
    »Ich
glaube nicht, dass ich dir helfen kann, Annie. Das Kind, das du hattest ... Es
ist einfach nicht dasselbe.«
    Meine
Stimme verwandelte sich in Stahl, während mein Puls sich beschleunigte. »Und
warum nicht?«
    »Du
würdest es nicht verstehen.«
    »Nicht?
Nun, wie wäre es, wenn du mir erklärst, warum der Tod meiner Tochter nicht mit
dem deiner Tochter zu vergleichen ist, damit
ich es verstehet« Meine Stimme zitterte vor Wut,
und ich hielt den Hörer so fest umklammert, dass mir die Hand weh tat.
    »Du drehst
mir die Worte im Mund um. Natürlich ist es tragisch, was mit deiner Tochter passiert
ist, Annie, aber du kannst es nicht mit dem vergleichen, was mir zugestoßen
ist.«
    »Meinst du
nicht, was Daisy zugestoßen ist?«
    »Das ist
so typisch für dich, Annie - ich rufe an, um dich zum Abendessen einzuladen,
und irgendwie schaffst du es, den Anruf in einen deiner Angriffe zu verwandeln.
Ehrlich, manchmal glaube ich, du legst es darauf an, dir das Leben
schwerzumachen.«
    »Wenn ich
das vorhätte, müsste ich nur mehr Zeit mit dir verbringen, Mom.«
    Auf ihr
schockiertes Schnaufen folgte das laute Klicken, als sie den Hörer auflegte.
Die Wut trieb mich wie eine Rakete mit Emma vor die Tür, aber nachdem ich eine
halbe Stunde gerannt war, war mein kurzes Hochgefühl, weil ich mich Mom
widersetzt hatte, schon wieder verflogen. Ich dachte an das nächste Telefongespräch.
Wenn Wayne mir erklären würde, wie sehr ich sie verletzt hatte, dass sie ganz
außer sich sei, dass ich mich wirklich bei ihr entschuldigen und versuchen
sollte, mehr Verständnis für sie aufzubringen - sie sei die einzige Mutter, die
ich in diesem Leben hätte, und die arme Frau habe bereits so viel durchgemacht.
Unterdessen hockte ich da und fragte mich: Warum zum
Teufel

Weitere Kostenlose Bücher