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Stevens, Chevy

Stevens, Chevy

Titel: Stevens, Chevy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Still Missing
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versucht sie nicht, mir Verständnis
entgegenzubringen? Was ist mit dem, was ich durchgemacht
habe?
     
    Nachdem
mein Baby auf dem Berg gestorben war, wachte ich auf und starrte auf ihre
zusammengelegte Decke. Aus meinen Brüsten quoll Milch und durchnässte mein
Kleid, als weinten sie um sie. Selbst mein Körper hatte ihren Tod noch nicht
akzeptiert. Als der Psycho merkte, dass ich wach war, kam er herüber, setzte
sich hinter mich aufs Bett und rieb mir den Rücken.
    »Ich habe
etwas Eis für dein Gesicht.« Er legte eine Eispackung neben meinen Kopf.
    Ich
ignorierte sie, drehte mich um und setzte mich auf, damit ich ihm ins Gesicht
sehen konnte. »Wo ist mein Baby?«
    Er starrte
auf den Boden hinunter.
    »Es tut
mir leid, dass ich dich angeschrien habe, aber ich will nicht ihre Decke, ich
will sie.« Ich rutschte vom Bett und kniete
mich vor ihn. »Bitte, ich flehe dich an.
Ich tue alles dafür.« Er hatte mich immer noch nicht angesehen, also schob ich
mein Gesicht direkt in sein Blickfeld. »Alles, was du willst, sag mir nur, wo
du sie ...« Mein Mund konnte die Worte
»begraben hast« nicht formen.
    »You
can't always get what you want, but if you try sometime, you might find you get
what you need ...« Du kannst nicht immer bekommen,
was du willst, aber wenn du es versuchst, stellst du vielleicht fest, dass du
bekommst, was du brauchst...« Er verstummte und summte die letzten Takte vom
Song der Rolling Stones.
    »Wenn du
auch nur einen Funken Mitgefühl im Leib hast, musst du mir sagen ...«
    »Wenn ich
einen Funken Mitgefühl im Leib habe?« Er sprang auf, stemmte die Hände
in die Hüften und lief hin und her. »Habe ich dir nicht immer wieder bewiesen,
wie mitfühlend ich bin? Bin ich nicht immer für dich da gewesen? Und bin ich
nicht jetzt da für dich, selbst nachdem du so schreckliche Dinge zu mir gesagt
hast? Ich bringe dir ihre Decke, damit du ein wenig Trost hast, und alles, was
du willst, ist sie! Sie hat dich verlassen, Annie. Begreifst du das nicht? Sie hat dich verlassen, aber ich bin
geblieben.« Verzweifelt hielt ich mir die Ohren zu, um seine scheußlichen
Worte nicht zu hören, aber er riss meine Hände weg und sagte: »Sie ist fort,
fort, fort, und zu wissen, wo sie hin ist, wird dir kein bisschen helfen.«
    »Aber sie
ist so schnell gestorben, ich wollte nur ... ich muss ...« Mich von ihr
verabschieden.
    »Du
brauchst nicht zu wissen, wo sie ist, weder jetzt noch später.« Er beugte sich
näher zu mir. »Du hast immer noch mich, und das ist das Einzige, was zählen
sollte. Und jetzt ist es Zeit für dich, das Abendessen zu kochen.«
    Wie sollte
ich das durchstehen? Wie sollte ich die nächsten Tage ...
    »Es ist Zeit, Annie.«
    Entgeistert
starrte ich ihn an.
    Er
schnippte mit den Fingern und deutete auf die Küche. Ich hatte erst ein paar
Schritte gemacht, als er sagte: »Du darfst heute ein extra Stück Schokolade zum
Nachtisch haben.«
     
    Der Psycho
hat mir nie erzählt, wo die Leiche meines Babys ist, Doc, und ich weiß es immer
noch nicht - die Cops haben sogar Leichenspürhunde eingesetzt, aber sie
konnten sie nicht finden. Ich stelle mir gerne vor, dass er ihren Leichnam in
den Fluss geworfen hat und dass sie friedlich flussabwärts getrieben ist. Daran
versuche ich mich festzuhalten, wenn ich nachts wach im Schrank liege und daran
denke, dass sie ganz allein da oben auf dem Berg ist, oder wenn ich schreiend
und schweißgebadet aufwache, weil ich wieder einen Albtraum von wilden Tieren
hatte, die sie mit ihren Zähnen zerfleischen.
    Ich habe
keinen Ort, an dem ich um mein Baby trauern kann - kein Grab, keinen
Gedenkstein. Die örtliche Kirche wollte einen Stein für sie aufstellen, aber
ich lehnte ab, weil ich wusste, dass Journalisten und Leute, die von so morbidem
Scheiß ganz besessen sind, nur Fotos davon machen würden. Ich habe mich selbst
zu ihrem Friedhof gemacht.
    Darum hat
es mich auch so getroffen, als Mom sagte, ich wolle mir unbedingt das Leben
schwermachen. Da ist eine Menge Wahres dran.
    Als Luke
neulich wieder einmal angerufen hat, habe ich tatsächlich ein paar Sekunden
gelacht, als ich ihm erzählte, wie Emma auf unserem Spaziergang ins Wasser
gefallen ist. Ich hörte sofort wieder auf, aber es war draußen, mein Lachen war
mir entwischt. Und ich schämte mich, als hätte ich mein Baby im Stich gelassen,
nur weil ich einen Augenblick unbeschwerten Vergnügens genossen hatte. Ihr
Leben war ihr genommen worden, und mit dem Leben die Chance, jemals zu lächeln,
zu

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