Stevens, Chevy
der
Erwartung, dass er sich auf mich stürzen würde, öffnete ich langsam die
Badezimmertür. Dampf waberte hinaus in den leeren Raum. Langsam hob ich das
Kleid vom Boden auf und zog es über meinen Kopf. Langsam schlich ich zur
Hüttentür. Langsam legte ich das Ohr an die kühle Metalltür. Stille.
Ich probierte
den Türgriff, betete, dass die Tür nicht hinter mir ins Schloss gefallen war.
Er ließ sich drehen. Ich öffnete die Tür einen Spaltbreit und spähte hinaus.
Sein Körper lag noch in genau derselben Position in der Mitte der Lichtung,
aber die Sonne war weitergewandert, und der Stiel der Axt warf einen Schatten
wie eine Sonnenuhr.
Mit
angespannten Muskeln, für den Fall, dass ich losrennen musste, schlich ich
mich an ihn heran. Alle paar Schritte blieb ich stehen und lauschte auf jedes
Geräusch und achtete auf die kleinste Bewegung. Als ich schließlich vor ihm
stand, sah er merkwürdig linkisch aus, mit den Armen unter sich, und die
Körperhaltung ließ ihn kleiner wirken.
Ich hielt
den Atem an, griff an seinen Hals, auf der dem Blutstrom gegenüberliegenden Seite,
und tastete nach seinem Puls. Er war tot.
Langsam
wich ich zurück, setzte mich auf der Veranda auf einen der Schaukelstühle und
versuchte, meine nächsten Schritte zu planen. Im Takt mit dem Knarren des
Stuhls wiederholte ich in Gedanken den Satz: Er ist
tot. Er ist tot. Er ist tot. Er ist tot.
An diesem
heißen Sommernachmittag war die Lichtung die reinste Idylle. Der Fluss, der
ohne die heftigen Frühjahrsregenfälle ruhig dahinfloss, murmelte leise, und
gelegentlich trällerten Rotkehlchen, Schwalben und Blauhäher. Der einzige
Hinweis auf Gewalt war das Schwirren der rasch größer werdenden Anzahl von
Fliegen, die seine Wunde und die Blutpfütze bedeckten. Seine Worte tröpfelten
in meinen Tagtraum: Die Natur hat einen Plan.
Ich war
frei, aber ich fühlte mich nicht frei. Solange ich ihn noch sehen konnte,
existierte er noch. Ich musste etwas mit seiner Leiche machen. Aber was?
Die
Versuchung, diesen Hurensohn zu verbrennen, war riesig, aber es war Sommer, die
Lichtung war trocken, und ich wollte keinen Waldbrand entfachen. In der
trockenen, festen Erde ein Loch zu graben, um ihn zu verscharren, war nahezu
unmöglich. Aber ich konnte ihn nicht einfach da liegen lassen. Obwohl ich mich
überzeugt hatte, dass er hundertprozentig tot war, weigerte mein Verstand sich,
zu akzeptieren, dass er mir nichts mehr antun konnte.
Der
Schuppen. Ich konnte ihn in den Schuppen sperren.
Zurück bei
seiner Leiche, drehte ich ihn leicht auf die Seite und durchsuchte die Taschen
nach den Schlüsseln. Den Schlüsselbund zwischen den Zähnen, packte ich seine
beiden Knöchel - und ließ sie hastig fallen, als ich die warme Haut berührte.
Ich wusste nicht, wie lange es dauerte, bis eine Leiche kalt wurde, und er lag
in der Sonne, aber es jagte mir genügend Angst ein, um seinen Puls ein zweites
Mal zu überprüfen.
Ich packte
die Knöchel erneut, ignorierte die Wärme und versuchte, ihn rückwärtszuziehen,
aber ich konnte ihn gerade mal so weit bewegen, dass sein Leichnam vom Hackklotz
glitt, und als er auf den Boden aufschlug, wackelte der Axtgriff
in seinem Kopf. Ich würgte die Galle, die in meiner Kehle aufstieg, herunter,
kehrte ihm den Rücken zu und versuchte, ihn auf diese Weise weiterzuziehen. Ich
schaffte es, ihn vielleicht einen halben Meter vorwärtszuzerren, ehe ich
anhalten und Luft holen musste - mein Kleid war bereits feucht, und der
Schweiß lief mir in die Augen. Bis zum Schuppen war es nicht weit, aber genauso
gut hätte er am anderen Ende der Lichtung stehen können. Ich schaute mich um,
auf der Suche nach einer Alternative, und mein Blick fiel auf die Schubkarre.
Ich schob
sie zu seiner Leiche und wappnete mich gegen das Gefühl seiner Haut auf meiner.
Den Blick von der Axt abgewandt, packte ich ihn an den Oberarmen und schaffte
es, sie unter seinem Körper hervorzuziehen. Den Blick immer noch abgewandt,
griff ich unter die Achselhöhlen, und obwohl ich die Fersen in die Erde bohrte
und mein gesamtes Gewicht nach hinten lehnte, um ihn hochzuzerren, konnte ich
ihn nur wenige Zentimeter vom Boden anheben. Ich stellte mich breitbeinig über
seinen Rücken und versuchte, ihn an der Taille hochzuheben, aber ich schaffte
vielleicht dreißig Zentimeter, ehe meine Arme vor Anstrengung zu zittern
begannen. Die einzige Möglichkeit, ihn auf die Schubkarre zu schaffen, hätte
darin bestanden, dass er wieder lebendig würde und selbst
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