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Stieber - Der Spion des Kanzlers Roman

Titel: Stieber - Der Spion des Kanzlers Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Brenner
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gewußt!«
    Schwarck trat auf Lamartine zu und schlug ihm seine Pranke ins Gesicht.
    Lamartine fürchtete, ohnmächtig zu werden, in seinem Kopf drehte sich alles – aber er blieb auf den Beinen. »Feigling!« sagte
     er wieder. Er spürte, daß seine Lippen anschwollen und sich sein Mund mit Blut füllte.
    Oberstaatsanwalt Schwarck holte erneut aus. Der Justizminister drängte ihn von Lamartine weg und brüIlte: »Dieser Herr hier
     wird in einer Viertelstunde tot sein!«
    Er rief die Sekundanten zurück, sie sahen sich kurz an – und gehorchten. Schwarck wollte protestieren, aber der Justizminister
     unterbrach ihn: »Haben Sie Pistolen?« Schwarck starrte ihn verständnislos an. Der Uniformierte trat vor, salutierte ungeschickt
     und erklärte leise: »In der Kutsche.«
    »Los! Holen!«
    Der Uniformierte rannte los.
    »Aber Herr Minister, Sie können diesen Menschen doch nicht auf offener Straße erschießen!« flüsterte Schwarck erregt.
    »Quatsch! Ich werde mich mit ihm duellieren. Wir fahren inden Tiergarten. Zur Luiseninsel. Da finden doch die Duelle statt, oder?«
    »Aber Ihre Kaiserliche Hoheit hat ausdrücklich untersagt, daß preußische Beamte   ...«
    »Papperlapapp. Wenn nicht einmal der Justizminister seine Ehre ernst nimmt, wer dann   ...«
    Der Uniformierte brachte ein Holster mit einer Schußwaffe. »Nur eine?« fragte Simons den Mann.
    Lamartine mischte sich ein: »Das genügt. Der Beleidigte schießt zuerst. Trifft er, ist es sowieso vorbei. Wenn nicht, übergibt
     er die Pistole neu geladen an seinen Kontrahenten.«
    »So!« sagte Simons nachdenklich. »Also los dann!« befahl er, nahm dem Uniformierten das Holster ab und ging auf seine Kutsche
     zu. Den Oberstaatsanwalt ließ er grußlos stehen. Lamartine folgte ihm. Er versuchte, durch die offene Tür von Schwarcks Karosse
     einen Blick auf Lecoq zu werfen. Aber es war zu dunkel, um etwas erkennen zu können.
    Die Kutsche des Justizministers bot Platz für die vier Männer. Als sie losfuhren, sah Lamartine, wie Schwarck mit dem Uniformierten
     das Haus der Baronin betrat. Lecoq schien in der Kutsche zu bleiben.
     
    Simons hatte dem Kutscher Anweisung gegeben, auf dem schnellsten Weg in den Tiergarten zu fahren. Der Mann trieb die Gäule
     an, seine Passagiere wurden kräftig durchgeschüttelt. Nachdem sie einige Minuten geschwiegen hatten, fand Lamartine, daß es
     an der Zeit war, etwas zu unternehmen. »Eine verflixte Situation«, begann er zögernd. Niemand reagierte. »Irgendwie auch lächerlich«,
     fuhr er fort. »Wenn man bedenkt: Vier gestandene Männer und nur eine Pistole.«
    Simons murmelte etwas, was Lamartine nicht verstand.
    »Stellen Sie sich bloß vor, wir treffen einander nicht, Herr Jstizminister. Die Pistole wird hin- und hergereicht, abwechselnd
     wird geschossen – aber die Sache findet kein Ende. Nicht gerade ein Balsam für unser Ehrgefühl, meinen Sie nicht auch?«
    Simons reagierte unwillig. »Verlassen Sie sich darauf: Ich werde mein Ziel beim ersten Mal treffen!«
    Lamartines Knie begannen zu zittern. »Wenn ich’s recht überlege«, seine Stimme hatte einen fremden, knisternden Ton. »Eigentlich
     hat die Baronin recht. Das Ganze ist doch eher ein Mißverständnis.«
    Der Justizminister und die beiden Sekundanten schwiegen. »Ich meine«, erklärte Lamartine etwas lauter, um das ängstliche Knistern
     aus seiner Stimme zu vertreiben. »Schließlich ist die Baronin ja auch eine Bordellchefin und keine Dame der Gesellschaft.
     Vielleicht habe ich etwas überreagiert und die Stellung der Baronin nicht bedacht.«
    »Sie sind eine Laus!« stieß Simons hervor und sah aus dem Fenster.
    Die Kutsche fuhr in den dunklen Tiergarten ein. Lamartines Herz schlug bis zum Hals. »Und wenn ich mich bei Ihnen entschuldigen
     würde?« fragte er zaghaft.
    »Reißen Sie sich zusammen!« fuhr Simons ihn an.
    Schon nach etwa hundert Metern nahm die Kutsche einen Seitenweg, sie wurde langsamer. Lamartine sah hinaus und bemerkte, daß
     sie eine schmale Brücke überquerten. Unter der Brücke schwammen im Mondlicht Seerosen. Es wurde heller, die Kutsche hielt.
    Simons zwängte sich aus der Kutsche. Die Sekundanten folgten ihm. Der Justizminister hielt die Tür auf. Lamartine blieb bewegungslos
     im Fond sitzen. Er starrte hinaus auf den vom weißgrauen Stein eines Denkmals erhellten Platz.
    Lamartine spürte die Nähe des Todes. Das Denkmal, der von den Spaziergängern plattgetretene Kies, die graublauen Sträucher,
     die

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