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Stiefkinder der Sonne

Stiefkinder der Sonne

Titel: Stiefkinder der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Cooper
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zu fliehen, trafen sie auf ihrer Fahrt durch London auf keine weiteren Transnormalen. Greville war angenehm überrascht. Er hegte über die anderen Transnormalen keine Illusionen, und er wußte, daß ein gutbeladenes Auto mit Vorräten, Gewehren und Munition von einer Menge Leute als ein Preis angesehen werden würde, der Risiken lohnte. Wenn er es verhindern konnte, dann würden sie ihn nicht mit einem Überraschungsangriff überwältigen. Er fuhr mit der Pistole in Griffweite und dem geladenen Schrotgewehr auf den Knien.
    Aber es war noch früh am Tag, und es gab außer Gedanken an Beute keinen Grund für einen Transnormalen, sich zu rühren. Später würde ohne Zweifel die immer kleiner werdende Einwohnerschaft Londons aufwachen und sich auf den Weg machen. Um diese Zeit jedoch würde er die Stadt hinter sich haben und auf der relativ unproblematischen Straße nach Cambridge fahren. Dort waren sie so gut wie in Sicherheit … glaubte er.
    Als er mit dem Auto ohne Schwierigkeiten durch Hackney, Stoke Newton und Tottenham kam, besserte sich Grevilles Laune. Es war ein schöner Sommermorgen, und er fühlte sich trotz seines alkoholischen Rendezvous auf der Chelsea-Brücke gut. Bald würde er wieder in Ambergreave sein und mit Liz – na ja, zumindest hätte er jemanden, mit dem er sich unterhalten konnte. Und bei Bedarf – um ihr eigenes Vokabular zu verwenden – jemanden zum Vögeln.
    Sex war jedoch ein Problem, das ihm seit einiger Zeit nicht wirklich zu schaffen gemacht hatte. Er fragte sich auf eine abgeklärte Weise, ob es überhaupt eine Rolle spielte.
    „Wie alt bist du?“ fragte Liz plötzlich. Sie bekam wieder Farbe und sah aus, als würde sie langsam wieder zum Leben erwachen.
    Greville mußte einen Augenblick überlegen. „Siebenunddreißig“, sagte er schließlich. „Warum?“
    Liz lächelte. „Ich habe mir nur Gedanken über das weiße Haar gemacht.“
    „Es ist über Nacht weiß geworden“, sagte Greville feierlich, „wegen der schockierenden Erkenntnis, daß ich die Pubertät erreicht hatte.“
    Sie lachten beide, und das Gelächter schien viel von der Spannung aufzulösen, die sich aufgebaut hatte.
    Der Hinterhalt kam erst, als sie die kleine Stadt Ware, dreißig Meilen nördlich von London, erreicht hatten.
    Er kam auf einer langweiligen, toten Vorstadtstraße, in der die Gärten und Privathecken der Reihenhäuser so verwachsen waren, daß die Häuser selbst kaum noch zu sehen waren.
    Er kam in der Gestalt eines alten Lastwagens, der plötzlich aus einer Seitenstraße geschossen kam und Grevilles Weg versperrte. Er bremste, schwenkte ab und versuchte, um ihn herum zu fahren. Die Leute aber, die den Hinterhalt gelegt hatten, hatten sich die Stelle gut ausgesucht.
    Die Straße war zu schmal.
    Um einen Zusammenstoß zu vermeiden, trat Greville heftig auf die Bremse und brachte seinen Lieferwagen so zum Stehen, daß er mit den vorderen Kotflügeln gerade noch die Stoßstange des Lastwagens berührte. Bevor er nach seinem Gewehr greifen konnte, teilten sich die Hecken auf beiden Seiten der Straße, und mindestens vier Gewehre oder Schrotgewehre zielten auf sie.
    Eine Gestalt trat aus der Hecke neben ihnen. Sie schwenkte einen alten Armeerevolver.
    „Benehmt euch jetzt nicht neurotisch“, piepste ihn eine dünne Stimme an, „wenn ihr nicht Lust habt, eure Gesichter auf der Windschutzscheibe zu verteilen.“
    Greville ließ seine Hände auf dem Lenkrad und seufzte hörbar. Dann sah er durch das offene Seitenfenster in den tödlich freundlichen Ausdruck auf dem Gesicht eines Jungen, der vielleicht sechzehn war.
     

7
     
    Die anderen, die an dem Überfall beteiligt waren, kamen hinter den Hecken hervor, die sie verborgen hatten, und standen vorsichtig um den Wagen herum. Der Fahrer des Lastwagens sprang herunter und ging zu ihnen. Jemand steckte sich eine Zigarette an, und jemand lachte. Sie schienen außerordentlich zufrieden mit sich selbst zu sein. Es waren insgesamt ungefähr sechs; keiner von ihnen sah aus, als sei er älter als achtzehn.
    Der Junge mit dem Revolver lachte nicht. Auf seinem Gesicht standen kleine Schweißperlen, und er schien nur mühsam eine versteckte starke Erregung zurückhalten zu können. Greville sah ihm in die Augen – blau, durchdringend und zur gleichen Zeit seltsam weit entfernt – und wußte, daß es die Augen eines Mörders waren.
    Der Revolver wurde lässig geschwenkt. „In Ordnung, Onkel“, sagte die dünne, hohe Stimme, „jetzt steigst du sehr langsam

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