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Stiefkinder der Sonne

Stiefkinder der Sonne

Titel: Stiefkinder der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Cooper
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wie Swan and Edgars in Stücke geschossen. Der Haupteingang zur U-Bahn-Station Picadilly war nur noch ein Trümmerhaufen; große Schuttbrocken lagen zwischen den Knochen und den Autowracks, die den Eingang zu Picadilly und Shaftesbury Avenue blockierten.
    „Zufrieden?“ fragte Greville rauh.
    Liz nickte, das Gesicht totenblaß.
    „In Ordnung. Jetzt können wir sehen, daß wir hier rauskommen und zu einem Platz fahren, wo es sich noch relativ angenehm leben läßt.“
    „Bitte“, sagte sie. „Nur eines möchte ich noch gern sehen … Das – das bedeutet mir sehr viel. Ich will noch zum Britischen Museum. Das hängt alles damit zusammen, daß ich mich dort in einer normalen Welt sicher und behütet gefühlt habe … Mein Vater ist dort früher oft hingegangen. Ein- oder zweimal hat er mich mitgenommen, als ich ungefähr neun war … Meinst du, wir könnten da noch schnell vorbeischauen?“
    „Wenn wir unterwegs nicht in einen Hinterhalt geraten“, gab Greville grimmig zurück. „Das ist aber dann das letzte Mal, daß wir anhalten. Danach geht’s auf nach Norfolk.“
    „Ja“, seufzte Liz. „Das ist das letzte Mal.“
    Greville fuhr mit dem Auto durch die Coventry Street. Er fuhr langsam, denn mitten auf der Straße waren kleine Löcher, die wie winzige Bombenkrater aussahen, und sie wirbelten mit dem Lieferwagen eine Staubwolke hinter sich auf, die sich aus dem Schutt erhob.
     
     

6
     
    Bisher hatten sie noch keine Menschen getroffen – wenn man die Schüsse am Trafalgar Square nicht zählte –, aber es war noch ziemlich früh am Morgen, und der ‚normale’ Transnormale neigte dazu, den Ratten und Katzen und den anderen nächtlichen Jägern viel Zeit zu lassen, damit sie sich verkriechen konnten, bevor er sich herauswagte. Als das Auto jedoch in die Charing Cross Road einbog, sahen Liz und Greville ihren ersten Transie dieses Tages – einen alten Mann, der, schwer gebeugt unter der Last eines offensichtlich vollgestopften Sacks auf seiner Schulter, über die Straße schlurfte.
    Er warf nur einen Blick auf das Auto, ließ den Sack fallen und rannte wie ein verschrecktes Kaninchen weg. Aus Neugier hielt Greville bei dem Sack an und untersuchte seinen Inhalt.
    „Was ist drinnen?“ fragte Liz.
    „Konservendosen.“ Greville sah die Straße hinunter, aber der Alte war nirgends zu sehen. Vielleicht lauerte er noch irgendwo in einer Tür, oder er hatte sich entschlossen, lieber seine Beute zurückzulassen, statt das Risiko eines Schusses einzugehen. Das konnte man nicht wissen.
    Greville machte die Hintertür des Lieferwagens auf und hob den Sack an. „Es wäre doch schade, wenn man den Kram hier liegenlassen würde, oder?“
    „Was ist, wenn er zurückkommt?“ fragte Liz.
    „Was ist, wenn er nicht zurückkommt?“
    Schließlich schlossen sie einen Kompromiß und nahmen die Hälfte der Büchsen mit – zum größten Teil Fruchtsaft, aber auch eine Dose Bohnen mit Würstchen – und ließen den Rest in dem Sack auf der Straße liegen.
    „Es überrascht mich, daß die Ratten nicht die Schilder abgefressen haben“, sagte Greville. „Der Alte muß irgendwo einen rattensicheren Keller gefunden haben.“
    „Oder vielleicht“, sagte Liz, „haben sie nur in einem alten Kühlschrank gestanden.“
    Sie verstauten das grobe Dutzend von Büchsen in ihrem Auto und machten sich wieder auf den Weg zum Britischen Museum. St. Giles Circus war im Gegensatz zu Picadilly und Trafalgar Square kaum beschädigt, und sie überquerten die Oxford Street ohne Schwierigkeiten. Selbst in der Great Russell Street störte sie nichts in ihrem Vorwärtskommen als ein paar vereinzelte Skelette ohne auch nur einen Fetzen Kleidung in ihrer Nähe. Als Greville an den kümmerlichen Überresten vorbeifuhr, dachte er, daß dies gut eine Gruppe von verrückten Nudisten gewesen sein könnte, als sie noch lebten. Wahrscheinlicher jedoch war, daß man den Leichen die Kleider ausgezogen hatte, weil sie von den Lebenden gebraucht wurden.
    Das Britische Museum sah von außen völlig unverändert aus – als hätte es noch immer vor, ewig zu halten. Innen war das massive Gebäude jedoch eine Ruine.
    In der Bibliothek waren die Werke von Shakespeare, Dostojewski, Jung und Einstein – zusammen mit obskuren mittelalterlichen Chroniken, Lehrbüchern aus dem zwanzigsten Jahrhundert über Kernphysik, mit Werken über Hexerei und politische Philosophien – in eine gigantische Metropole von Ungeziefernestern verwandelt worden. Glücklicherweise

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