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Stiefkinder der Sonne

Stiefkinder der Sonne

Titel: Stiefkinder der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Cooper
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Hieben gestorben. Die ‚Mönche’ waren zum größten Teil durch Wunden an Gesicht und Hals ums Leben gekommen. Hunde und Menschen schienen sich im Tod fast liebevoll zu umarmen – als bereuten sie nun die Exzesse, zu denen sie Angst, Blutgier, Schmerz und primitive Brutalität getrieben hatten.
    Der Mühlenturm war aus massiven Steinen gemauert, die Miss Worrall schon vor langer Zeit mit Pech bestrichen hatte. Die ‚Mönche’ – zumindest die Überlebenden – hatten eine so dauerhafte Oberfläche offensichtlich unwiderstehlich gefunden:
    Sie hatten noch weitere ausgesuchte Schlagworte darauf geschrieben.
    Nur Gott wäscht weißer als weiß … Die Stellen im Himmel werden knapp … und schließlich einfach: Transies go home …
    Weder Greville noch Liz kümmerten sich jedoch um diese Worte. Ihre Blicke wurden von den Flügeln der Windmühle angezogen, die sich in einer kaum merklichen Brise langsam und knarrend drehten.
    Die Segel waren als Behelfskreuz benutzt worden. Wo das Gerüst mit dem zentralen Angelpunkt der Mühle verbunden war, hing Miss Worrall. Sie war auf traditionelle Weise gekreuzigt worden.
    Liz versuchte sich zu übergeben, aber es wollte nichts kommen. Greville wollte etwas finden – irgend etwas – und es in Stücke schlagen.
    Sie hatten Glück, daß er sein Schrotgewehr bereitgehalten hatte, denn als sie auf diesen entsetzlichen Anblick starrten, hörten sie ein dumpfes Knurren. Ein überlebender Schäferhund schleppte sich, vor Blut triefend, wie in Zeitlupe aus der Mühle. Er nahm seine ganzen Kräfte für einen letzten Angriff zusammen. Zweifellos war er vor Schmerz halb verrückt und wußte nicht mehr, wer Freund und wer Feind war, und es kümmerte ihn auch nicht. Es war ihr Glück, daß die Reaktionen des Schäferhunds nicht mehr so schnell wie normal waren, denn bei Greville war es genauso. Es gelang ihm gerade noch, ihn mitten in der Luft zu erschießen. Durch die Nähe des Schusses aus der großen Schrotflinte wurde das Tier fast in zwei Stücke gerissen. Es war tot, bevor es den Boden berührte.
    Liz gab ihre Versuche auf, sich zu übergeben, und fing an zu weinen.
    „Sei still!“ sagte Greville. „Heb dir das für später auf. Jetzt ist nicht die Zeit dafür.“
    Liz sah ihn an und war ruhig. In der eintretenden Stille bemerkten sie beide ein anderes Geräusch. Es hörte sich an wie das leise Stöhnen eines Tieres, das sich in einen Hustenanfall auflöste.
    Einige Momente lang war es still. Dann kam es wieder. Dieses Mal hörte es sich menschlich an.
    „Einer von den Bastarden ist noch am Leben“, rief Greville frohlockend. „Vielleicht können wir noch etwas aus ihm herausbekommen.“
    Sie ließen alle Vorsicht fallen und rannten zu der offenen Eingangstür der Windmühle. Greville stolperte hastig die Holztreppe hinauf, während Liz ihm ängstlich folgte.
    Im ersten Stock fanden sie nichts als einen halben Sack Mehl, einige Säcke mit Korn und das alte Klavier von Miss Worrall. Greville rannte hinauf in das zweite Stockwerk mit dem Schlafzimmer von Miss Worrall und dem Nachtquartier ihrer beiden Lieblingshunde. Auch dort fanden sie nichts.
    Im dritten Stock stießen sie auf das Mahlwerk mit den Mühlsteinen, einen Stapel leerer Säcke – und die Quelle des Geräuschs, das Liz und Greville gehört hatten. Einer der ‚Mönche’ lag auf dem Stapel Säcke. Es war Blut in seinem Gesicht und – symbolischerweise – Blut an seinen Händen.
    Greville verspürte ein plötzliches Aufwallen von Befriedigung. Hier war zumindest jemand, den er für das ganze Leid, das sie vorgefunden hatten, leiden lassen konnte.
    Er hob das Schrotgewehr. Der Mann auf dem Stapel Säcke lächelte leicht.
    „Die Rache könnte sich vielleicht als etwas unbefriedigend erweisen“, sagte er in entschuldigendem Tonfall. „Ich glaube eigentlich, daß ich auch so schon sterbe.“
    Greville war von der Stimme ebenso überrascht wie von ihrem Eigentümer. Und von den Worten selbst war er nicht weniger überrascht.
    „Vielleicht können wir dich überreden, dieses glückliche Ereignis noch eine Weile zu verschieben“, fuhr Greville ihn an. „Also, wer zum Teufel bist du, und welchen Sinn soll das ganze Gemetzel da draußen gehabt haben? Und rede schnell und überleg dir, was du sagst, oder ich werde mir das Vergnügen gönnen, dir nacheinander die Hände und Füße wegzuschießen.“
    Der Mann auf den Säcken schien von dieser Drohung nicht besonders beeindruckt.
    „Ich möchte etwas Wasser“,

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