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Stiefkinder der Sonne

Stiefkinder der Sonne

Titel: Stiefkinder der Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmund Cooper
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dem Nebel wurde ein schwarzer Fluß, der ihn in sich einschloß.
     

24
     
    Da war ein Käfig. Er konnte nicht hinein, und Liz konnte nicht heraus. Sie saß nackt allein in dem Käfig. Um sie herum war ein Kreis von Männergesichtern. Gierige Gesichter, leere Gesichter – vor Lust und Vorfreude verzerrt.
    Francis stand neben Greville. Er war wie ein Zirkusdirektor angezogen. „Hereinspaziert! Hereinspaziert!“ rief er jovial. „Schauen Sie sich die größte kleine Schau der Welt an. Sehen Sie, wie die Dame von den größten Experten für Turmbau und Niederlegung, von Männern ohne Furcht, ohne Sattel geritten wird … Hereinspaziert! Hereinspaziert!“
    „Halt!“ schrie Greville, und seine Stimme war lautlos. „Das ist doch Liz! Das kannst du doch nicht zulassen, daß sie das Liz antun.“
    „Hereinspaziert! Hereinspaziert!“ sagte Francis, der sich nicht um ihn kümmerte.
    „Das müssen Sie gesehen haben! Die große Nummer in drei Dimensionen und natürlichen Farben.“
    Schlappohr war in dem Käfig. „Probieren wir sie doch mal aus“, bat er. „Wir haben doch sonst nichts zu tun.“
    Auch Nibs war da. „Auf jeden Fall“, sagte er großspurig, „vorausgesetzt, du bereust hinterher eine solch niedere Fleischeslust. Wir wollen hoffen, daß das für unseren armen Onkel hier eine Lehre sein wird. Ich fürchte, er hegt manchmal unreine Gedanken.“
    „Aufhören“, rief Greville lautlos. „Sie gehört mir. Liz gehört mir.“
    Francis zog seinen Zylinder und legte einen Talar an. „Meine Herren“, sagte er, „wir haben hier ein höchst interessantes Beispiel einer Paranoia. Der Patient leidet ganz erheblich unter Größenwahn. Beachten Sie seine einfache Wortwahl: Liz gehört mir. Meine Herren, der Patient scheint offensichtlich wirklich der Überzeugung zu sein, daß er imstande ist, einen anderen Menschen zu besitzen. Wenn ich das noch weiterführen darf, so glaube ich mit einiger Sicherheit sagen zu können, daß er auch noch an das Konzept der romantischen Liebe glaubt.“
    „Ich liebe sie“, sagte Greville mechanisch. „Sie gehört mir.“
    „Fick dich doch selber“, gab Grinser zurück.
    Aus Francis wurde Pater Jack. Er sah Greville gütig an. „Ego te absolvo, mein Sohn.“
    Liz winkte Greville freudig zu. „Ich bin nur gut zum Vögeln“, sagte sie.
    Pater Jack schoß ihr genau durch die Stirn.
    Und Greville wachte schreiend auf.
    „Nur ruhig, mein Junge! Ruhig! Du bist bei Freunden.“
    Das Zimmer wurde deutlich und mit ihm das Gesicht eines Mannes. Er war groß, rund und rot, hatte einen dichten, grauen Schnurrbart und darüber einen dünnen, nach hinten versetzten Haaransatz. Der Mund lächelte, aber die Augen waren kalt und weit weg. Der Kopf saß auf einem Körper. Der Körper trug ein kariertes Hemd und ein Tweed-Jackett.
    Greville hörte auf zu schreien. „Wo ist Liz?“ Die Worte waren nicht mehr als ein erschöpftes Flüstern.
    „Ah ja, die Frau.“ Die kalten Augen sahen ihn an. „Es hat keinen Sinn, um den heißen Brei herumzureden. Nimm es wie ein Mann, mein Bester. Das ist doch das beste, hab’ ich recht? Sie ist tot, weißt du.“
    „Tot?“ Greville fühlte sich wie betäubt.
    „Tot“, wiederholte Kaltauge. „Das war ja auch ein bißchen ungezogen, meine ich. Man kann eben nicht mit einem Auto über eine Mine fahren, ohne daß dabei das eine oder andere passiert, oder?“
    „Tot“, wiederholte Greville verständnislos. „Tot.“
    „Ein bißchen ungezogen“, sprach Kaltauge weiter. „Oder? Meine Leute haben dich sehr höflich zum Anhalten aufgefordert. Aber du, du fährst einfach weiter, und noch nicht einmal höflich fragen konntest du. Fährst einfach weiter wie ein Verrückter. Eigentlich ein Wunder, daß du nicht auch tot bist, mein Bester. Das Auto ist ziemlich hinüber.“ Er lachte herzlich. „Auf der anderen Seite, was soll’s. Über deinen Schadensfreiheitsrabatt brauchst du dir ja wohl keine Gedanken zu machen, was? Das wichtigste ist jetzt erst mal, daß du wieder auf die Beine kommst … Keine Knochen gebrochen. Kaum zu glauben! Der Teufel kümmert sich schon um die Seinen.“
    „Wer … wer bist du?“ fragte Greville.
    „Oldknow ist mein Name, mein Bester. Sir James Oldknow – aber das spielt ja heutzutage keine Rolle mehr … Meine Jungs scheinen mich gern Squire zu nennen.“
    „Wo bin ich eigentlich, zum Teufel?“
    „Ah, die klassische Frage“, sagte Kaltauge jovial. „Du bist im Hause Brabyns, mein Bester, in dem Dorf

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