Stille Gefahr #2
Stadtrand entdeckte, setzte Hope den Blinker und tat so, als würde sie abbremsen, um in die Ausfahrt zu biegen. Während sie die Spur wechselte und die blaue Limousine zu einem Überholmanöver ansetzte, beschleunigte sie jedoch und warf einen Blick zur Seite.
Der Fahrer schaute im selben Moment zu ihr herüber, und sie starrte in Joe Carsons kalte Augen. Er war es also tatsächlich. Ihr krampfte sich der Magen zusammen. Vor Entsetzen drohte sie keinen klaren Gedanken fassen zu können. Aber sie riss sich zusammen, obwohl er sie angrinste.
Dieses Grinsen … Dieses provokante Du-weißt-dass-ich-machen-kann-was-ich will- Grinsen löste sowohl Angst als auch Zorn in ihr aus. Und zu ihrer eigenen Überraschung war die Wut stärker als die Furcht. Vollkommen unerwartet zeigte sie Joe den Stinkefinger und hielt, ohne ihn noch eines weiteren Blickes zu würdigen, auf dem Parkplatz der Tankstelle. Gespannt fragte sie sich, ob er ihr folgen würde.
Doch das tat er nicht. Hopes Knie wollten gar nicht mehr aufhören zu zittern. Ungefähr zehn Minuten lang saß sie einfach nur da, hielt das Lenkrad umklammert, starrte geradeaus und versuchte sich zu sammeln, um entweder aussteigen oder vom Parkplatz herunterfahren zu können.
Die Motorradgang kam neben ihr zum Stehen, und durch den Spalt der heruntergelassenen Scheibe hörte sie die Biker rufen, lachen und scherzen. Allein ihre Anwesenheit beruhigte sie und gab ihr Sicherheit.
Als jedoch plötzlich jemand gegen das Fenster klopfte, schrie sie vor Angst auf.
Sie hielt sich den Mund zu und schaute auf. Es war Sheriff Dwight Nielson, der sie mit gerunzelter Stirn musterte.
Erleichterung durchflutete sie so urplötzlich und heftig, dass ihr fast schwindelig wurde.
»Oh Mann«, murmelte sie. Mit zittrigen Fingern drehte sie den Schlüssel im Zündschloss und ließ das Fenster ganz herunter. »Hi, Sheriff.«
»Hope.« Er stützte sich im Fensterrahmen ab. »Geht es Ihnen gut?«
»Alles in Ordnung«, log sie. Nein, es ging ihr ganz und gar nicht gut. Sie fühlte sich vor Schreck wie gelähmt und war kurz davor, sich übergeben zu müssen.
»Sind Sie sicher? Sie sitzen hier schon eine ganze Weile und starren auf die Hecke, als würde sie Sie gleich anfallen.«
Hope schauderte, als ihr aufging, dass der Sheriff sie beobachtet haben musste. Wer mochte sie wohl noch beschatten …? War er zurückgekommen? Wie lange war er schon hier?
»Mir geht’s gut«, wiederholte sie mechanisch. Doch dann hielt sie inne und schüttelte den Kopf. Sie durfte – sollte – das jetzt nicht vertuschen. »Gott. Nein, eigentlich geht es mir gar nicht gut. Mein Exmann hat mich gerade auf dem Highway verfolgt, Sheriff. Und ich weiß nicht, was ich dagegen tun kann.«
Für einen langen Augenblick herrschte Schweigen. Dann nickte Nielson. »Okay. Sind Sie sicher, dass er es war?«
»Ja.« Sie schloss die Augen. »Ja, ich bin mir sicher.« Diesmal gab es keinen Zweifel mehr.
»Also gut.« Er stieß einen Seufzer aus. »Wollen Sie Anzeige erstatten? Eine einstweilige Verfügung gegen ihn erwirken?«
Sie lachte bitter. »Das wird nicht viel bringen«, antwortete sie leise. »Niemand traut ihm etwas Übles zu. Die würden das nie im Leben für nötig halten.«
»Da irren Sie sich«, widersprach Nielson ihr ruhig. »Ich traue ihm alles zu, und ich halte es durchaus für nötig. Aber ich kann Sie nicht zwingen und das auch nicht für Sie erledigen. Das müssen Sie selbst entscheiden. Sie ganz allein.«
Etwas Unbändiges, eine große Entschlossenheit keimte in ihr auf. Jemand glaubte ihr … nicht bloß Remy oder Law, auch wenn selbst das schon erstaunlich war. Jemand glaubte ihr … ihr .
Jemand glaubte ihr mehr als Joe. Jemand glaubte an sie. Vertraute ihr.
Wenn ihr nicht noch immer der Schreck in den Gliedern gesessen hätte, wäre sie womöglich in Jubelgeschrei ausgebrochen. Doch so rang sie sich lediglich ein mattes Lächeln ab. »Das ist doch nur ein Stück Papier, Sheriff. Wir wissen beide, wie wenig so etwas manchmal bewirkt. Wenn er sich nicht daran halten will, dann wird er mich auch nicht in Ruhe lassen.«
Plötzlich hatte sie Joeys Stimme im Ohr, eine hässliche Farce auf ein Versprechen vor Augen: »Bis dass der Tod uns scheidet, Hope … du gehörst mir.«
Nein, das ist nicht wahr.
»Stimmt, es ist nur ein Blatt Papier«, erwiderte Nielson sanft. »Und manchmal bewirkt so etwas nicht viel. Aber das hier ist nicht seine Stadt, Hope.« Er beugte sich tiefer zu ihr herunter. »Das
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