Stille Gefahr #2
Freizeitklamotten und mit einem verletzten Bein.
»Das ist Ezra King«, stellte Remy den Mann seinem älteren Bruder vor.
»June Kings Enkel«, meinte Hank nickend. »Ich habe das von Junes altem Haus gehört. Es tut mir furchtbar leid. Wenn ich irgendwas für Sie tun kann …«
»Genau deswegen sind wir hier«, warf Remy ein und schaute damit zu Brody.
Der erstarrte.
Unter dem dünnen Stoff seines schwarzen T-Shirts versteifte er sichtlich die Schultern. Es sah aus, als würde er jeden Moment zerbrechen.
»Brody«, sprach Remy ihn mit ruhiger Stimme an.
Sein Neffe starrte auf den Tisch und presste die Zähne so zusammen, dass seine Kiefermuskeln zuckten.
»Sieh mich an, Junge«, forderte Remy ihn auf. Er konnte sich noch an Brody als Baby erinnern – als ein schreiendes, hilfloses Bündel. Er sah es noch regelrecht vor sich, wie er ihn auf dem Arm gehalten und ihm später bei seinen ersten Schritten zugesehen hatte … wie er ihn wiederum auf den Arm genommen hatte, nachdem er hingefallen war und weinen musste. Er dachte daran, wie der Junge geschluchzt hatte, als seine Mutter Sheryl gestorben war … und wie Remy ihn auch damals in den Arm genommen hatte.
»Brody.«
Langsam hob dieser den Kopf.
»Was zum Teufel geht hier vor sich, Remy?«, fuhr Hank jedoch dazwischen.
Beim Klang der Stimme seines Vaters zuckte Brody zusammen und zog sich von einer Sekunde auf die andere wieder in sich zurück.
Remy spürte förmlich, wie der Junge dichtmachte – sein Gesicht wirkte verschlossen und ein harter Ausdruck trat in seine Augen.
Seufzend öffnete Remy seine Aktentasche und holte das goldene Kreuz heraus.
Das reichte, um Brodys dünne Fassade von Tapferkeit zum Einstürzen zu bringen. Seine Miene spiegelte Angst wider, Angst, Erkenntnis … und plötzlich auch Erleichterung.
»Ich glaube, wir sollten uns unterhalten, mein Junge«, sagte Remy.
Hank starrte den Anhänger an und schaute erst zu Brody, dann zu Remy. »Was zum Teufel hat das zu bedeuten?«, fragte er kalt.
Zum ersten Mal seit Remys Ankunft sah Hank seinen Sohn richtig an.
Großer Gott, vielleicht war es sogar das erste Mal seit Jahren .
Fluchend riss Hank Remy die Kette aus den Händen. Nachdem er sie einen Moment lang angestarrt hatte, warf er sie auf den Tisch und machte einen Schritt auf seinen Sohn zu.
»Was zum Teufel hast du angestellt, Brody?«
Wenn sie Hank irgendwie hätten aufhalten können …
Ezra wurde Zeuge, wie die einigermaßen vielversprechende Situation innerhalb von Sekunden in ein totales Desaster umschlug.
Der Junge war fast so weit gewesen, sich seinem Onkel zu öffnen – Ezra hatte die Erleichterung in Brodys tränenerfülltem Blick gesehen.
Doch dann hatte dessen Vater den Mund aufmachen müssen.
Dennoch musste Ezra zugeben, dass er beeindruckt davon war, wie der Junge sich der Situation stellte.
»Es war ein Unfall. Na ja, jedenfalls größtenteils.« Der Junge schaute von seinem Vater zu Ezra, hielt seinem Blick stand und sagte stockend: »Es tut mir leid, Mr King. Ich war einfach nur angepisst. Gar nicht mal wegen Ihnen. Es war bloß … na ja, eben alles irgendwie. Und dann hat Onkel Remy mich auch noch wegen dieser Blumen genervt. Ich weiß, dass ich auch daran selbst schuld bin, aber ich habe nicht richtig nachgedacht, und … und … und … na ja. Tut mir leid.«
Ezra nickte und schaute zu Remy, der daraufhin in seine Aktentasche griff. Doch bevor er ein Wort sagen konnte, packte Hank den Jungen an einem seiner dünnen Arme und riss ihn vom Stuhl hoch. Ezra konnte sehen, wie Brodys Haut unter dem festen Griff weiß anlief.
Das würde blaue Flecke geben – so viel wusste er jetzt schon.
»Es tut dir leid? Was genau tut dir leid? Du sagst mir jetzt sofort, was du angestellt hast, verflucht. Ich habe keinen gottverdammten Nichtsnutz großgezogen.«
»Mensch, Hank, das reicht jetzt.« Remy klang kühl und beherrscht, womit er das ganze Gegenteil von seinem zornigen Bruder abgab.
Hank schaute zu seinem Bruder. »Halt du dich da raus. Das geht dich nichts an«, knurrte er.
»Ach, nein? Ich gehöre ja wohl immer noch zur Familie. Und falls es deinem kleinen Hirn entfallen sein sollte: Brandstiftung ist eine schwere Straftat – das sage ich dir als Anwalt.«
Hank sah wieder zu seinem Sohn. »Brandstiftung. Du warst es also wirklich. Verflucht, Junge! Gib es zu. Verdammt noch mal, sei ein Mann und gib zu, was du mit diesem Haus angestellt hast. Raus damit!«
Brody blinzelte die Tränen fort und
Weitere Kostenlose Bücher