Stille Gefahr #2
Sie gern, Sie und Ihre ganze Familie – und zwar schon seit Generationen. Nach allem, was ich gehört habe, kommen Sie aus einer anständigen Familie. Es ist nicht so wie bei mir zu Hause, wo die Leute die Augen davor verschlossen haben, wie mies er seine Frau behandelt hat. Sie sind anständig – selbst Ihr Bruder, der nicht mit seinem Sohn zurechtkommt, ist im Grunde ein anständiger Kerl. Die Jennings sind gute Menschen. Diese ganze Stadt ist anders, hier kümmern sich die Leute umeinander.
Zu Hause … Na ja, ein paar von den Carsons sind in Ordnung, aber andere, so wie Joey und sein Vater … Es gibt zu viele schwarze Schafe in der Familie, doch einigen Leuten ist das schlichtweg egal. Und der Rest hat zu viel Angst oder unternimmt aus reiner Gewohnheit nichts dagegen.«
Law verstummte, setzte die Flasche an und leerte sie zur Hälfte. »Ich gehöre auch dazu.«
»Was meinen Sie damit?«
Law sah ihn aus halb geschlossenen Augen an. »Es gab Gerüchte darüber, dass Joey Hope damals in der Highschool betrogen habe – manches davon hätte einen wirklich nachdenklich machen sollen – und was er dem anderen Mädchen angeblich angetan hatte. Es gab keinerlei Beweise für irgendetwas. Ich habe es Hope gegenüber nie erwähnt, aber das hätte ich tun sollen. Denn dann …«
»Zu Highschoolzeiten.« Remy seufzte und fuhr sich mit einer Hand durchs Haar. »Da waren Sie ja fast noch Kinder, mehr nicht. Und es waren bloß Gerüchte – wer weiß, ob sie Ihnen geglaubt hätte. Ohne den geringsten Beweis? Hätten Sie sie da überhaupt überzeugen können?«
»Ich weiß es nicht.« Law schaute zu Boden. »Aber ich habe jetzt den Rest meines Lebens Zeit, darüber nachzudenken, was er ihr angetan hat und ob ich es irgendwie hätte verhindern können.«
»Solche Gedanken werden Sie innerlich auffressen.« Remy verzog das Gesicht. Doch dann erklang ein Motorengeräusch und er hob den Kopf. Von seinem Platz aus konnte er aus dem Fenster schauen, aber er musste sich unglaublich beherrschen, um nicht aufzuspringen, als das kleine schwarze Cabrio die Einfahrt hinaufkam.
Das Verdeck war offen.
Doch das lange, glänzende braune Haar wehte nicht im Wind.
Trotzdem war es Hope.
Ohne jeden Zweifel … Wahrscheinlich hätte er sie selbst in einem Raum mit fünfhundert anderen Frauen sofort entdeckt.
Als das Auto anhielt, bekam er Herzklopfen.
Er hörte Law am anderen Ende des Raums lachen. »Mensch, vergessen Sie das Atmen nicht, Sie kippen ja gleich um.«
Scheiße. Atmen? Remy war sich nicht sicher, ob er noch wusste, wie das ging. Doch er unternahm einen Versuch und es gelang ihm. Er schaffte es sogar, Law wütend anzufunkeln. »Halten Sie bloß die Backen«, zischte er.
Dann trank er noch einen Schluck Bier und stand auf.
Als Hope aus dem Wagen stieg, hätte er sich beinahe verschluckt.
Ihr Haar …
Sie hatte sich die Haare abgeschnitten.
Hope wurde merkwürdig aufgeregt, als sie den schnittigen silberfarbenen Jaguar vor dem Haus stehen sah.
Remy.
Sie befeuchtete die Lippen und fummelte an ihrer Frisur herum, bis sie sich selbst dabei unterbrach. Sie wusste nicht, warum er hier war, aber es spielte auch keine Rolle. Sie hatte zu tun, musste Bücher einpacken und Papiere abheften. Und sie musste sich zusammen mit Law überlegen, was sie mit seinem Büro anstellen sollten, bis sie wieder darin arbeiten konnten.
Bis – lieber Gott, wem wollte sie eigentlich etwas vormachen?
Frühestens nach der nächsten Eiszeit würde Hope es wagen, wieder einen Fuß in dieses Zimmer zu setzen.
Eventuell.
Sie holte einmal tief Luft und ging auf das Haus zu.
Was auch immer Remy hier wollte, es hatte nichts mit ihr zu tun.
Rein gar nichts.
Sie würde nur kurz den Kopf durch die Tür stecken, um sich zu vergewissern, dass Law sie nicht brauchte, und sich dann in ihr Zimmer verziehen. Im Flur stand schon ein Karton mit Unterlagen. Sie konnte problemlos in ihrem Schlafzimmer arbeiten. Solange Remy da war, würde sie dort noch am ehesten ihre Ruhe haben.
Doch als sie das Haus betrat, schlug ihr das Herz plötzlich fast bis zum Hals. Remy saß nicht im Wohnzimmer, um in aller Seelenruhe mit Law zu reden, und er trug auch keinen seiner schicken Anwaltsanzüge.
Er stand im Türbogen zwischen Wohnzimmer und Flur, eine Bierflasche lässig in der Hand, als wäre er sich dessen gar nicht mehr bewusst.
Er trug ein blaues Polohemd, das seine unglaublich blauen Augen noch intensiver leuchten ließ. Seine abgewetzten Bluejeans waren so
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