Stille Gefahr #2
lassen und daraufhin tagelang von ihm mit Schweigen gestraft worden war. Irgendwann hatte sie immer nur noch einen knappen Zentimeter abschneiden lassen, niemals mehr.
Dann, sie waren zu dem Zeitpunkt bereits einige Jahre verheiratet, hatte sie einfach so erwähnt, sie wolle gern einmal eine kürzere Frisur ausprobieren.
Eine spontan unbedacht nebenher gemachte Bemerkung … und er hatte so fest zugeschlagen, dass sie gegen die Wand geflogen war.
Mit den blauen Flecken hatte sie sich wochenlang nicht aus dem Haus getraut.
Damals hatte er sie zum ersten Mal geschlagen. Und sich danach entschuldigt. Er hatte gesagt, er habe einen schlechten Tag gehabt und nicht nachgedacht … aber er liebe ihr Haar einfach …
»Was abschneiden?«, fragte Lena leicht verwundert.
»Meine Haare.« Hope schluckte und sah zu ihrer Begleiterin. »Meine Haare – ich will sie abschneiden. Ganz.«
»Meinst du jetzt so Sinead-O’Connor-mäßig oder eher so wie Britney Spears, oder willst du einfach nur eine Sommerfrisur? Für mich macht das zwar keinen großen Unterschied, aber ich möchte hinterher keine Beschwerden hören. Auch wenn ich es nicht sehen konnte, klang die Sache bei Britney Spears ziemlich gruselig.«
Doch Hope schwieg und starrte in den Salon.
Lena ergriff ihre Hand. »Also gut, legen wir los, Britney«, sagte sie lächelnd. »Aber denk dran … ich kann dir hinterher nicht sagen, ob du dir lieber noch eine Papiertüte kaufen solltest oder nicht. Komm, Puck.«
Kurz darauf saß Hope in einem Friseurstuhl. Das Herz klopfte ihr immer noch bis zum Hals, und sie hatte keine Ahnung, was sie antworten sollte, als die Mitarbeiterin sie fragte: »Also, wie hätten Sie’s denn gern?«
»Hope, soll die Friseurin entscheiden, was dir stehen könnte?«
Überfordert wie sie war, nickte Hope einfach, ohne sich dessen bewusst zu sein, dass Lena das nicht sehen konnte.
»Sie will alles abhaben«, sagte Lena. »Aber bitte nicht so eine Britney-Spears-Nummer – das konnte ich nicht einmal sehen und trotzdem hat es mir Angst gemacht.«
Darüber musste die Friseurin lachen.
Hope schloss die Augen und zuckte zusammen, als die Schere das erste Mal zuschnappte.
Die Frau hielt inne. »Alles in Ordnung, Liebes?«
»Mach Platz«, murmelte Lena Puck zu. Dann beugte sie sich vor und nahm Hopes Hand. »Halt meine Hand, okay? Mach weiter, Beth, schneid sie ab. Am besten achtest du gar nicht auf Hope – ich glaube, sie muss das einfach hinter sich bringen.«
Danke, Lena, dachte Hope.
Dann hörte sie wieder das Schnippen der Schere und drückte Lenas Hand. Fester, und noch fester.
»Ich habe überlegt, ob ich nicht mal was Kürzeres ausprobiere, Joey …«
Eine Faust flog durch die Luft und traf sie hart und grausam. Der Schmerz – der Schock.
»Es tut mir so leid, Schatz. Ich … ich hatte einfach einen schlechten Tag … und du weißt doch, wie sehr ich deine Haare liebe. Das wird nicht wieder passieren, versprochen.«
Doch es wiederholte sich.
Wieder und wieder.
»Verflucht, Hope, entschuldige. Aber das Essen soll auf dem Tisch stehen, wenn ich nach Hause komme. Ich wollte das wirklich nicht, doch du weißt ja, wie müde ich nach der Arbeit immer bin.«
Schnipp.
Schnipp.
Schnipp.
»Was meinst du damit, du willst die Scheidung? Glaubst du vielleicht, dass es jemand anderes mit dir aushält?«
Schnipp.
Schnipp.
»Ich glaube, du solltest etwas gegen Depressionen nehmen, Schatz. Dieses dumme Geschwätz nimmt dir doch keiner ab – du hast wahrscheinlich einfach nur Langeweile …«
Schnipp …
Schnipp …
Tränen rannen ihr über die Wangen, als die Friseurin fertig war, und Dutzende hässlicher Erinnerungen schwirrten ihr durch den Kopf.
Doch am Ende kam es ihr vor, als wäre sie einen Zentner leichter.
Nein, eine Tonne.
Law saß auf einem breiten Polsterstuhl, in der Hand ein Bier, aber alle paar Sekunden schweifte sein Blick zu dem Laptop, der neben ihm auf dem Tisch stand.
Remy drehte seine Flasche Bier nervös zwischen den Handflächen und überlegte, wie er seine Frage formulieren sollte – und ob er besser damit wartete, bis Hope da war.
Schließlich nahm Law ihm die Entscheidung ab, indem er den Laptop zuklappte und Remy mit einem durchdringenden Blick ansah. »Also, sind Sie hergekommen, um sich ein Bier zu schnorren und mich noch weiter über Hope auszuquetschen, oder was?«
»Na ja.« Remy trank schnell einen Schluck. »Eigentlich …« Da er immer noch nicht wusste, wie er seine Frage formulieren
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