Stille Gefahr #2
machte eine finstere Miene und seufzte schwer. »Kein Wort hast du gesagt.«
»Beulah …«
Sie schüttelte den Kopf und betrat nun das Büro. Ihre Pumps, im selben Farbton wie ihr Anzug und ihre Fingernägel, klackerten auf dem Fußboden. Sie hielt kurz inne, um die Tür hinter sich zuzuziehen, ehe sie sich auf einen Stuhl vor Remys Schreibtisch setzte. Ihr messerscharfer Blick war auf sein Gesicht gerichtet. »Raus mit der Sprache, Remy. Was ist los? Warum hast du mir diese Angelegenheit überlassen?«
»Ich hatte keine große Wahl«, sagte er leise. Bei jedem anderen hätte er vielleicht versucht, um den heißen Brei herumzureden, aber nicht bei Beulah, dafür kannte sie ihn einfach zu gut.
Sie zog eine ihrer schmalen schwarzen Augenbrauen hoch.
»Ach nein?«, war alles, was sie sagte. Doch ihr düsterer Blick sprach Bände. Dann schlug sie ein Bein über das andere, stützte einen Ellbogen auf die Armlehne und legte das Kinn in die Hand.
Anschließend wartete sie.
Remy schaute weg. Er konnte ihrem Blick einfach nicht standhalten, während er überlegte, wie er ihr das erklären könnte – wie sollte er ihr sagen, dass er den Fall abgegeben hatte, weil er sich zu einem der Opfer hingezogen fühlte? Zu einer Frau, die es anscheinend nicht einmal im selben Raum mit ihm aushielt?
Verdammt, eigentlich war es völlig unerheblich, was Hope empfand. Er war in sie verknallt und deswegen für den Fall nicht mehr zu gebrauchen.
Als er Papier rascheln hörte, schaute er auf. Beulah hatte eine dicke Mappe aus ihrer Aktentasche geholt. »Na, dann wollen wir doch mal sehen, wo der Hund begraben liegt«, murmelte sie und spitzte die Lippen.
Sie nahm einen einseitigen Bericht heraus und legte ihn auf dem Tisch. »Der ist es nicht«, sagte sie entschieden. »Auch wenn ich nicht begreife, warum du den nicht genauer unter die Lupe genommen hast.«
Remy schielte herüber und erkannte das Protokoll der Befragung von Law. »Er ist gar nicht in der Stadt gewesen.«
»Wurde das bestätigt?«
»Ja. Er war bei einer Beerdigung mit Hunderten von Trauergästen.« Mit hochgezogener Augenbraue fügte er hinzu: »Das steht auch im Bericht.«
»Hmmm. Trotzdem müssen wir ihn uns genauer anschauen.«
»Nein. Nicht wir . Ich bin raus aus dem Fall, Beulah. Ich kann einfach nicht.«
»Ja, ja.« Sie schürzte wieder die Lippen und blätterte die nächste Seite um.
Das war ein Obduktionsbericht – von Prather.
»Der ist es auch nicht.« Ihre Miene spiegelte Mitgefühl wider, als sie das Foto betrachtete. »Ich konnte den Mann nie leiden. Er war ein chauvinistischer Mistkerl, und meistens obendrein noch gemein. Hinterlistig wie eine Schlange. Trotzdem, er wurde abgeschlachtet wie ein Hausschwein – musste richtig leiden und ist einen langsamen, qualvollen Tod gestorben. Das hatte er nicht verdient.«
»Nein«, stimmte Remy ihr zu.
»Hmmm.« Beulah blätterte ein paar Seiten weiter und hielt dann inne.
Remy spürte, wie er schon rot anlief, bevor sie ihn überhaupt anschaute.
»So, so.« Beulah warf ihm einen kurzen Blick zu. »Ich muss schon sagen, Jennings, ich bin überrascht.«
»Worüber?«, fragte er steif.
»Sie ist süß. Aber ich hätte nie gedacht, dass du mal wegen einer Frau einen Fall abgeben würdest«, sagte Beulah und schnalzte mit der Zunge. »Was hat sie getan, dir mit ihren hübschen grünen Augen zugezwinkert oder was?«
Remy schnaubte. »Schön wär’s«, rutschte es ihm heraus.
Beulah zog die Augenbrauen hoch und grinste. »Aaaah. Ich verstehe. Wo liegt das Problem, Romeo? Sollte dir etwa ein Mädchen untergekommen sein, das deinem Zauber nicht sofort verfallen ist?«
»Sei bloß still, Beulah.«
Sie fing an zu lachen. »Ach, du lieber Gott. Tatsache. Aber verdammt noch mal, Junge, wegen einer Frau von einem Fall zurücktreten?«
Mit finsterem Blick und bemüht, nicht wie ein Highschooljunge herumzuzappeln, erwiderte Remy: »Das ist es nicht.« Seufzend wandte er den Blick ab und schaute aus dem Fenster.
Von seinem Stuhl aus konnte er das Gebäude sehen, in dem der Sheriff, die kleine städtische Polizeibehörde und außerdem ein paar Ämter der Stadt- und der Bezirksregierung ihre Büros hatten.
»Das ist es nicht … oder zumindest nicht das allein. Ich stecke da zu tief drin, Beulah. Viel zu tief. Und nicht etwa nur, weil sie mir schöne Augen gemacht hätte, was ohnehin nie passiert ist.«
»Warte mal, soll das heißen, sie macht dir keine schönen Augen?«, stichelte Beulah und kicherte.
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