Stille Kuesse sind tief
und das letzte ganz schwarz. Sie waren noch winzig, vermutlich erst wenige Tage alt.
Priscilla ging hinüber zum Baum, senkte den Kopf und strich vorsichtig mit dem Rüssel über die Katze. Die schloss die Augen und schien einzuschlafen.
Shane wusste, dass auf der Ranch immer eine Reihe von Katzen auftauchte, wenn die Ziegen gemolken wurden, doch diese gehörte nicht dazu. Sie sah wilder aus als die täglichen Besucher der Ziegen. Ihm war außerdem bewusst, dass Priscilla zwar einen beeindruckenden Schutz bieten konnte und dass es genügend Wasser im Gehege gab, der Elefant sich aber rein vegetarisch ernährte. Und das bedeutete, dass die Katze sich all das, was sie an Essen brauchte, selbst fangen musste.
Er starrte die Elefantendame an. „Als bräuchte ich noch mehr von euch.“
Ihre Augen schienen vor Vergnügen zu funkeln.
Seufzend ging Shane ins Haus, holte ein wenig Hähnchenfleisch aus dem Kühlschrank, schnitt es klein und schrieb dann Katzenfutter auf den Einkaufszettel, den seine Mutter immer griffbereit liegen hatte. Nachdem er den Teller zum Gehege gebracht hatte, schob er ihn, so weit es ging, unter dem Zaun durch, während Priscilla ihn misstrauisch beobachtete und ihre neue Familie beschützte.
Kopfschüttelnd kehrte er wieder um.
Kaum war er ein paar Schritte gegangen, als zwei SUVs auf die Auffahrt fuhren und vor der Scheune parkten. Es kam Shane so vor, als kämen zwanzig Mädchen aus dem Wagen geschossen, doch in Wirklichkeit waren es wohl nur fünf oder sechs, die ihn plötzlich umschwärmten.
„Bist du ein echter Cowboy?“
„Beißen Pferde?“
„Kann ich wirklich Reiten lernen?“
„Können wir die Pferdeschwänze flechten?“
„Hat eins von den Pferden blaue Augen?“
„Was stinkt hier so?“
Die Fahrerinnen stiegen aus den Autos aus. Es waren zwei Frauen, die er vermutlich schon einmal in der Stadt gesehen hatte, vielleicht aber auch nicht. Nichts an dieser Situation hätte eigentlich bedrohlich wirken sollen, doch Shane konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass sein Leben gerade dabei war, äußerst kompliziert zu werden.
„Meine Damen“, sagte er und tippte an den Rand seines Hutes. „Wie kann ich Ihnen helfen?“
„Wir sind wegen der Reitstunden hier.“
Shane wartete bereits, als Annabelle auf der Ranch ankam. Er sah grimmig und auf eine raue Art unheimlich sexy aus. Aber diesmal würde sie sich nicht von seinem umwerfenden Lächeln ablenken lassen. Dem Mann musste mal jemand ordentlich Bescheid sagen.
Sie stieg aus, aber noch ehe sie sich beschweren konnte, sagte er: „Wir müssen reden.“
„Gut, genau das wollte ich auch vorschlagen. Ich habe Anrufe bekommen. Anrufevon Müttern mit Töchtern, die am Boden zerstört sind, weil du ihnen keinen Reitunterricht geben willst. Was ist daran so schlimm? Du hast Pferde, eine Ranch. Ich weiß, dass du es kannst. Ich hab dich doch mit diesem Jungen gesehen. Er hat fürs Rodeo trainiert, und du hast ihm geholfen. Diese Frauen sind zahlende Kundinnen, und dies ist dein Geschäft. Warum stellst du dich so an?“
Shane nahm seinen Hut ab, legte ihn auf ihr Autodach und fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. „Ich brauche einen Drink.“
„Es ist drei Uhr nachmittags.“
„Es war ein furchtbarer Tag.“
Er kam näher, legte ihr die Hände auf die Schultern und drehte sie dann so herum, dass sie die Weiden sehen konnte.
„Das sind meine Pferde“, sagte er.
„Das weiß ich.“
„Was glaubst du eigentlich, was ich hier mache?“
Sie verstand seine Frage nicht. „Irgendwas mit Pferden“, erklärte sie das Offensichtliche. „Du, äh, ziehst Pferde groß und trainierst sie. Und du trainierst Leute. Du baust dir eine Ranch, wo du vermutlich noch mehr Pferde haben wirst. Oh!“ Sie drehte sich um und lächelte ihn an. „Du hast trächtige Stuten, also züchtest du auch Pferde.“
„Einen doppelten Drink“, murmelte er und ließ ihre Schultern los.
Annabelle hätte am liebsten protestiert. Seine Berührungen waren angenehm. Mehr als nur angenehm. Seine Hände waren warm, seine Finger kräftig. Er war ein geduldiger Mann, und war das nicht eine der besten Qualitäten, die ein potenzieller Liebhaber haben sollte?
„Ich habe beim Rodeo angefangen. Als ich achtzehn war, bin ich von zu Hause weg und habe gejobbt, wo immer ich Arbeit finden konnte. Dabei habe ich immer mehr dazugelernt. Ich habe mich ganz gut geschlagen, aber schon früh gemerkt, dass ich niemals ein Rodeo-Champion werden würde. Also habe
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