Stille Kuesse sind tief
Angetraute anschaute, und die Umschreibung gefallen war eine maßlose Untertreibung. Er liebte seine Frau von ganzem Herzen. Wenn Nevada in seiner Nähe war, existierte der Rest der Welt für ihn gar nicht. Und so sollte es auch sein, dachte sie ein wenig neidisch.
„Da wir gerade von Ehemännern sprechen“, meinte Heidi und hob die Augenbrauen. „Ratet mal, wer gestern auf der Ranch vorbeigeschaut hat.“
Neugierig sahen die beiden anderen Frauen sie an.
Heidi wandte sich an Annabelle. „Lewis.“
Stöhnend erklärte Annabelle: „Mein Exmann. Er war ein paar Tage in der Stadt, weil es Probleme mit unserer Scheidung gab.“ Sie holte tief Luft. „Aber was er auf der Ranch gewollt hat, ist mir schleierhaft.“
„Ich weiß, dass er kurz mit Shane gesprochen hat, bevor er wieder verschwunden ist.“
Das gefiel Annabelle gar nicht. Weder die Tatsache, dass Lewis und Shane miteinander gesprochen hatten, noch, dass sie jetzt herausfinden musste, worüber sie geredet hatten.
Ein paar ältere Damen kamen herein. Nevada winkte ihnen zu und lehnte sich dann auf ihrem Stuhl zurück. „Findet ihr es nicht auch seltsam, dass es in einer Stadt wie Fool ʼ s Gold kein nettes Café gibt? Nicht, dass ich was gegen Starbucks hätte, aber meint ihr nicht auch, dass es schön wäre, in ein richtig gemütliches Café gehen zu können?“
„Stimmt“, fand auch Heidi. „Vielleicht ein Café mit angeschlossener Galerie.“
Lachend meinte Annabelle: „Man könnte dort auch Lesungen veranstalten, zum Beispiel Gedichte vortragen lassen.“
„Richtig schlechte Gedichte“, fügte Nevada hinzu.
„Na klar, das sind doch die besten. Oder wir laden Performance-Künstler ein. Eine Frau, die eine Stunde lang ihr Haar bürstet, oder jemand, der eine Pflanze aufstellt, der wir dann beim Wachsen zuschauen können.“
Die drei Frauen lachten.
„Erwähn das bloß nicht gegenüber unserer Bürgermeisterin“, riet Nevada den anderen. „Glaubt mir, sobald sie von der Idee Wind bekommt, bist du genau die Richtige, um den Job zu übernehmen. Sie wird dich so lange bearbeiten, bis du nachgibst.“
„Stimmt, sie ist wirklich unerbittlich“, erwiderte Annabelle. „Shane hatte nicht die Absicht, den kleinen Mädchen Reitunterricht zu geben, und jetzt hat er Pferde für sie und gibt regelmäßig Reitstunden. Es ist schon lustig.“
„Sie hat mehr Macht, als wir uns vorstellen können“, erklärte Nevada. „Dafür muss man ihr Respekt zollen.“
Heidi und Nevada unterhielten sich noch weiter angeregt über die Bürgermeisterin, doch Annabelles Gedanken schweiften ab zu Shane. Er hatte sich gegen den Reitunterricht gesträubt, aber letztlich hatte er sich dem Unvermeidlichen gefügt. Ironischerweise konnte er ausgezeichnet mit den Mädchen umgehen. Geduldig und mitfühlend ging er auf die schüchternen Mädchen ein. Trotz all seiner Machoallüren ließ er sich von den Mädchen um den kleinen Finger wickeln, undAnnabelle fand das äußerst anziehend.
Nun, da ihre Scheidung wirklich rechtskräftig und Lewis wieder verschwunden war, konnten sie und Shane vielleicht ein paar ruhige Stunden zusammen verbringen. Das wäre eine gute Gelegenheit, sich besser kennenzulernen. Vorzugsweise in einem Zimmer mit einem großen Bett und einer abschließbaren Tür, dachte sie lächelnd.
Er war etwas Besonderes, kein Mann, den man so einfach aufgab. Sie wusste, dass er sie anziehend fand. Und, was noch wichtiger war, er mochte sie. Jetzt musste sie nur noch sicherstellen, dass es keine weiteren unangenehmen Überraschungen mehr gab.
14. KAPITEL
„Entspann dich“, sagte Shane geduldig.
Annabelle versuchte, den Sattelknauf nicht ganz so fest zu umklammern. Immerhin schaffte sie es inzwischen schon, sich nur mit einer statt mit beiden Händen festzuhalten. Das war auf jeden Fall ein Fortschritt.
Der Tanz, den Shane für Khatar choreografiert hatte, machte ihr Spaß. Im Grunde waren es einfache Schritte – seit- und auch rückwärts – sowie ein paar Pirouetten. Es war das große Finale, wenn der Hengst sich auf die Hinterbeine stellte, das sie noch immer ins Schwitzen brachte. Wenn er wenigstens nicht so riesig wäre. Dieses Kunststück auf Reno zu vollbringen wäre längst nicht so Furcht einflößend.
„Okay“, sagte sie und holte tief Luft. „Lass es uns versuchen.“
Shane stieß einen Pfiff aus. Sobald sie ihn hörte, brachte Annabelle den Hengst in Position. Khatar wusste genau, was jetzt kam, und arbeitete sich mühelos durch
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