Stille mein Sehnen
Stress. Der Umzug und alles.“
„Sagtest du nicht gerade, du hast lediglich zwei Taschen?“
„Ich bin todmüde. Außerdem habe ich mich mit Bill gestritten. Ich befürchte, unsere Freundschaft ist dahin. Wahrscheinlich wird er jetzt gar nicht mit mir sprechen, wenn ich meine Sachen hole.“
„Lass mich dich wenigstens fahren.“
Faith schüttelte den Kopf. „Sollte er dich vorm Haus sehen, ist er erst recht beleidigt. Ist lieb gemeint, aber da muss ich allein durch. Wir sehen uns heute Abend.“
Sie drängte sich an Luca vorbei, winkte Aidan zum Abschied und verließ den Club. Während der Taxifahrt zu Bills Haus hing sie ihren Gedanken nach. Es war nicht der Streit mit Bill, der ihr zusetzte, auch wenn dieser sie nicht kalt ließ. Sie konnte das Bild von Rebeccas Lippen über Lucas Schwanz nicht aus dem Kopf bekommen, obwohl diese ihr versichert hatte, dass er unverrichteter Dinge gegangen war. Eifersucht war Faith bis zum heutigen Tag fremd gewesen. Als sie von den unzähligen Bordellbesuchen ihres Ex erfahren hatte, war für sie das verprasste Geld schlimmer gewesen als der Vertrauensbruch.
Warum stellte sie sich jetzt so an? Schließlich war sie es, die Luca auf Abstand hielt.
Sie war sich sicher, dass sie lediglich mit dem Finger zu schnippen brauchte und er würde alles mit ihr tun, was sie wollte. Und darin bestand die Gefahr.
Faith ließ das Taxi vor dem Haus warten. Lange würde sie nicht brauchen, wollte keine Zeit verlieren.
Die Stadtvilla fühlte sich einsam und verlassen an, als sie die Eingangshalle betrat. Sie wusste, dass Bill in seinem Zimmer war, doch die Tür war abgeschlossen, als sie versuchte zu ihm zu gehen.
Ihre restlichen Sachen waren schnell zusammengepackt. Ein letztes Mal sah sie sich im Zimmer um. Wehmut überkam sie. Tief in sich drin wusste sie, dass sie nie wieder hierher zurückkehren würde. An Bills Tür verweilte sie und klopfte zaghaft. „Bill?“
Schweigen – dieses unerträgliche Schweigen.
Es fühlte sich genauso an wie vor sechs Jahren, als sie die Villa verlassen hatte. Nur, dass sie diesmal nicht vor sich selbst floh.
Es dauerte keine halbe Stunde, sich in ihrer neuen Wohnung häuslich einzurichten. Nachdem sie die wenigen Sachen in dem gigantischen Kleiderschrank verstaut hatte, wusste sie nicht, was sie tun sollte. Kam sie zur Ruhe, würde sie über Luca und ihre Gefühle für ihn grübeln. Das tat ihr nicht gut. Alles würde sie tun, um das zu verhindern.
Faith schrieb eine Liste mit den Dingen, die sie noch brauchte, und ging in die Stadt. Aidan hatte ihr tausend Pfund Vorschuss gegeben. In den letzten Monaten war sie mit weit weniger ausgekommen und würde das beibehalten. Leben konnte sie von dem Trinkgeld, und das nicht schlecht. Sparte sie jeden Monat ein- bis zweitausend Pfund, könnte sie in einem Jahr eine eigene Bar eröffnen. Den Club würde sie vermissen, aber sie könnte als Gast hingehen. Faith lächelte zufrieden. Das waren schöne Zukunftsaussichten!
Sie saß in einem Café, trank einen Caffè Latte, aß ein Croissant und beobachtete die vorbeilaufenden Menschen. Plötzlich setzte sich ein Mann zu ihr an den Tisch und grinste verschlagen. Im ersten Moment erkannte sie ihn nicht. Dann kam die Erinnerung an die vergangene Nacht. Stundenlang hatte er an der Theke gesessen, sie unaufhörlich beobachtet und dieses fiese, unangenehme Grinsen im Gesicht gehabt, genau wie jetzt.
„Hallo Faith! Es freut mich außerordentlich, dass es dich in mein Café verschlagen hat.“
Faith ging nicht weiter auf ihn ein. Bereits am vergangenen Abend war er ihr extrem widerlich erschienen. Im Gegensatz zu gestern musste sie jetzt nicht freundlich sein.
„Nichts für ungut, ich hätte gern meine Ruhe“, sagte sie giftig, als er keine Anstalten machte zu gehen.
„Du erkennst mich wirklich nicht? Ich kann es dir nicht verübeln, schließlich war ich erst siebzehn. Ich erinnere mich an alles. Du warst meine erste Frau, und diese Nacht war eine Offenbarung.“
Er legte eine Hand auf ihren Arm. Gänsehaut der unangenehmen Sorte breitete sich auf ihrem Körper aus. Diesen Kerl hatte sie gestern zum ersten Mal gesehen. Seine Vertraulichkeiten widerten sie an. Sie zog ihren Arm zurück.
„Ich möchte, dass Sie gehen. Das ist kein Scherz.“
„Ich kenne deine Spielchen, weiß, wie du es willst. Mich täuschst du nicht mehr. Ich war in der Nacht dabei, als dein Herr dich brandmarkte.“
Als Faith begriff, von welcher Nacht er sprach, wurde ihr
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