Stille mein Sehnen
Okay, wir spielten nicht ausschließlich miteinander, gingen auch ins Kino, ins Theater, zusammen essen und solche Dinge, zusammengelebt haben wir nie. Wir liebten uns nicht, und als ich Charles kennenlernte, war ich weg. Nein, wir waren kein Paar.“
„Kann es sein, dass Luca das anders sieht?“
„Nein! In Lucas Leben gibt es vier wichtige Menschen, das sind er, seine Schwester Grace und die Kinder, vor allem die Kinder.“
Bei diesen Worten traten Faith Tränen in die Augen. Wie schmerzhaft musste es für Luca gewesen sein, all diese Menschen zu verlieren! Behutsam schloss Maya sie in die Arme. Ihre nächsten Worte sagten deutlich, dass sie Faiths Tränen missverstand. „Nicht weinen, Süße. Vielleicht ist es bei dir anders. Das ist fünf, nein, sechs Jahre her.“
Verwundert löste sie sich aus der tröstlichen Umarmung und starrte die blonde Frau an. „Weißt du nicht, was passiert ist?“
„Was?“
„Paul und die Kinder sind tot, und Grace ist in der Psychiatrie. Sie hat den Verlust nicht verkraftet.“
Blankes Entsetzen stand in Mayas Augen. „Mein Gott! Nein, das wusste ich nicht. Das muss vor einem halben Jahr passiert sein.“
„Nein! Der Unfall war vor zwei Jahren. Vor einem halben Jahr musste Luca seine Schwester in ein Pflegeheim geben, weil er es nicht mehr schaffte, sich um sie und die Praxis zu kümmern.“
„Oh Gott, die Kinder … Wie ist das passiert?“
„Autounfall. Sag mal, hat Luca niemanden, an den er sich hätte wenden können? Hat er keine Freunde?“
„Aidan! Aidan hat es gewusst, oder?“
„Er wusste von dem Unfall, nicht, dass es Grace schlechter geht. Luca hat das alles mit sich allein ausgemacht.“ Traurigkeit und eine tiefe Zuneigung erfüllten ihr Herz. „Er ist genauso allein wie ich“, flüsterte Faith.
„Allein? Du bist nicht allein. Charles schwärmt in den höchsten Tönen von dir, und ich mag dich auch. Du kannst jederzeit zu uns kommen, wenn du Hilfe brauchst.“
Faith schmiegte sich in Mayas Umarmung. Tränen glitzerten in ihren Augen. „Danke!“
Ein Klopfen an der Tür ließ sie aufschrecken. Karla brachte den Kaffee und die Termine. Maya verhielt sich wie ausgewechselt.
„Das wird ein herrlicher Tag“, flötete sie. „Zuerst hast du eine Ganzkörpermassage bei Brandon. Seine Zauberhände werden dich verwöhnen, glaub mir. Anschließend nimmt sich Anthony deiner an – ein begnadeter Stylist. Und Susanne macht dir die Nägel. Wir gehen zum Lunch und danach Shoppen. Ein Tag nach meinem Geschmack.“
„Nicht böse sein, aber das alles kann ich mir nicht leisten.“
„Unsinn, du bist eingeladen. Glaubst du, meine Freundin muss in meinem Geschäft bezahlen?“
Freundin! Das fühlte sich gut an. Bisher gehörte eine Freundin nicht zu ihrem Leben. Ihr einziger Vertrauter war Bill, und in New York … Keiner der sogenannten Freunden hatte zu ihr gehalten, als sie in Schwierigkeiten steckte.
Maya stieß sie mit der Schulter an und lächelte aufmunternd. „Es gibt viele Menschen, die dich mögen. Wir sind eine eingeschworene Gemeinschaft. Dieselben Neigungen zu haben, schweißt zusammen. Kommt es hart auf hart, können wir uns aufeinander verlassen.“
„Und warum war Luca ganz allein mit seinem Verlust? Keiner war für ihn da.“
„Weil Luca ein Mensch ist, der sich nicht öffnet. Du sagtest, nicht einmal Aidan wusste von Graces Zustand, und die beiden sind seit Kindertagen befreundet. Wie soll man jemandem helfen, wenn man nicht weiß, dass er Hilfe braucht?“
„Die Veränderung, die muss euch doch aufgefallen sein?“
„Dass ist sie, allen im Club, aber er war nicht bereit, mit jemandem zu reden. Er zog sich mehr und mehr zurück. Seit du da bist, kommt langsam der alte Luca wieder zum Vorschein.“
Trotzdem wurde Faith das Gefühl nicht los, alle hätten Luca im Stich gelassen. Das würde sie nicht tun. Niemals! Sie seufzte. Beim besten Willen konnte sie sich nicht erklären, was gerade mit ihr geschah. So viel hatte sie noch nie für jemanden empfunden.
„Du liebst ihn, nicht wahr?“, fragte Maya.
„Liebe? Ich weiß nicht, was Liebe ist. Sobald ich dachte, ich wäre verliebt, ist in meinem Leben etwas Schlimmes passiert. Nein, ich will ihn nicht lieben. Ich möchte einfach bei ihm und für ihn da sein.“
„Und das ist Liebe!“
„Das macht mir Angst.“
„Ich weiß! Große Gefühle machen einem Angst. Es ist leichter, nicht zu lieben, jedoch nicht halb so aufregend.“
„Wie war das bei Charles und
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