Stille meine Sehnsucht
“Habe ich dir wehgetan?”
“Nein.” Der kleine Junge nahm die Schultern zurück und schob den Oberkörper vor. “Ich bin stark.”
“Na, ein Glück. Ich fürchte, ich habe nicht aufgepasst, wo ich hingehe.”
“Schon gut. Sie sind ja … ein Mädchen.”
Der abfällige Ton bei einem so kleinen Jungen verwunderte sie. “Es ist gar nicht so schlimm, ein Mädchen zu sein”, widersprach sie. “Ich bin das schon mein ganzes Leben lang und …”
“Petey!”
Der Junge zuckte zusammen und sah sich über die Schulter um, als wolle er jeden Moment weglaufen. Bevor er flüchten konnte, hielt Dani ihn an der Schulter fest.
“Immer mit der Ruhe”, sagte sie leise. “Jemand sucht dich.”
Es war Jack, der beim Anblick von Dani und Petey erstarrte. “Petey, wieso läufst du immer weg, sobald ich dir den Rücken zuwende?”
“Weil es mir Spaß macht, wenn du mich jagst!”
Dani ließ Jack los und sah verblüfft, wie der Kleine sich an Jacks Bein klammerte. Wer war dieses Kind? Jacks Sohn?
“Hallo, Dani”, begrüßte Jack sie lächelnd. “Ich hätte nicht gedacht, dich heute zu sehen.”
“Das merkt man.” Es regte sie auf, dass er ihr etwas so Wichtiges wie ein eigenes Kind verheimlichte. “Wenn du mich entschuldigst, ich muss meine Nägel bezahlen.”
“Wozu die Eile? Willst du nicht Petey kennenlernen?”
“Das habe ich schon.” Sie biss die Zähne zusammen und wandte sich ab.
“Aber …”
“Onkel Jack, wieso ist die Lady denn böse?”
Dani erstarrte. Onkel Jack! Wie wundervoll das klang! Mit einem Lächeln drehte sie sich wieder um.
“Aha!” Jacks Augen funkelten. “Du dachtest, Petey sei mein Kind. Gib es zu.”
“Ich bin doch dein Kind, Onkel Jack.” Petey lachte ihn an. “Kann ich etwas Geld haben?”
“Na klar.” Jack suchte in seiner Hosentasche, ohne Dani aus den Augen zu lassen. “Hier bitte.” Er legte ihm ein paar Geldstücke in die ausgestreckte Hand.
“Danke!” Petey rannte zum Kaugummi-Automaten.
Lächelnd sah Dani ihm nach. “Er ist niedlich.”
“Ja. Auch sehr anstrengend, aber wechsle nicht das Thema. Du dachtest, dass es mein Kind ist, nicht wahr?”
“Ich … ich habe es für möglich gehalten.”
“Ich habe keine Kinder, Dani.”
“Da du nicht verheiratet bist, passt das ja sehr gut.” Sie wollte sich nicht eingestehen, wie sehr sie das erleichterte. “Aber jetzt muss ich diese Nägel haben.”
“Okay.” Er zögerte einen Moment. “Vielleicht magst du anschließend mit Petey und mir in die Eisdiele gehen.”
“Aber gern. Geht schon voraus, ich komme dann nach.”
Als sie die Nägel bezahlte, lächelte sie. Sie mochte Kinder, und dass Jack einen Neffen hatte, störte sie nicht im Geringsten. Im Gegenteil.
Petey biss so herzhaft in sein Eis, dass die Schokoglasur absprang und auf den Boden fiel. Aufstöhnend griff Jack nach den Servietten.
“Petey, wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du …”
“Ich mach das schon”, bot Dani an. “Sorg du dafür, dass der Junge neue Schokolade bekommt.”
“Ja”, wiederholte Petey. “Mehr Schokolade, Onkel Jack!” Anklagend streckte er Jack das Eis hin.
Als Jack mit dem frisch glasierten Eis wieder zum Tisch kam, hatte Dani die alte Glasur weggewischt und lachte mit Petey zusammen. Der Anblick ließ Jacks Herz schneller schlagen.
Als sie sich mit der Zungenspitze Erdbeereis von den Lippen leckte, durchströmte es Jack heiß. “Petey hat mir erzählt, dass er bei dir lebt.”
“Das stimmt.”
Dani runzelte die Stirn. “Aber du wohnst doch jetzt auf der Bar-K-Ranch.”
“Mein Großvater und die Haushälterin kümmern sich um den Kleinen”, erklärte Jack. “Nächstes Jahr wird es einfacher, wenn Petey in die Vorschule kommt.”
“Ich bin klug”, verkündete Petey. “Ich kann schon lesen und so.”
“Wirklich?” Aus großen Augen sah sie Petey an und warf dann einen schnellen Blick zu Jack, der nur die Augen verdrehte und mit dem Kopf schüttelte. Lächelnd wandte sie sich wieder dem Jungen zu. “Ich habe gleich gemerkt, wie klug du bist. Irgendwann musst du mir mal was vorlesen.”
“Das kann ich”, erklärte Petey selbstsicher.
“Ich glaube es ja. Weißt du, Petey, du musst mal mit deinem Onkel zu Besuch zu mir kommen. Hättest du Lust dazu?”
“Weiß nicht. Wieso denn?” Er sah sie fragend an.
“Weil ich dich gern habe, darum. Wir können den Swimmingpool mit Wasser füllen und schwimmen.”
“Ich habe auch einen Pool”, unterbrach er sie.
“Oder
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