Stille meine Sehnsucht
wir reiten.”
“Auf Pferden? Ich habe auch ein Pferd.”
“Verstehe.” Sie musste sich auf die Lippe beißen, um nicht zu lachen. Dani hielt diese Behauptungen für genauso glaubwürdig wie die Tatsache, dass der Vierjährige schon lesen konnte. “Gibt es vielleicht etwas, dass du …”
“Ich habe keine Zeit für Frauen.” Petey verputzte den Rest seines Eises und sah seinen Onkel erwartungsvoll an. “Fahren wir jetzt nach Hause?”
“Wieso hast du es auf einmal so eilig?” Jack hatte die Unterhaltung der beiden sehr genossen. “Entspann dich doch und …”
“Von mir aus können wir auch gehen.” Dani legte den Löffel weg. “Ich muss sowieso los.” Sie reichte Petey die Hand. “Es war schön, dich zu kennenzulernen.”
“Was?” Erst sah der Junge sie nur verwundert an, dann gab er ihr die Hand.
“Und was ist mit dir?” Sie sah zu Jack. “Man sagt, wer von Kindern und Hunden geliebt wird, kann kein schlechter Mensch sein. Vielleicht habe ich dich doch falsch eingeschätzt.”
“Das versuche ich die ganze Zeit, dir mitzuteilen”, sagte er zaghaft lächelnd. “Ich hätte mir denken können, dass du bei Petey schwach wirst.”
Sie sahen sich in die Augen, und Jack fühlte sich vom Blick ihrer hellbraunen Augen wie gebannt. Ganz leise hörte er, wie sie Luft holte.
“Hey, Jack!”
Dylan, Joe Bob und Miguel kamen in die Eisdiele und blieben vor dem kleinen runden Tisch stehen. Nur mühsam fand Jack wieder in die Wirklichkeit zurück.
“Sucht ihr mich?”, fragte er die Männer.
“Eigentlich nicht”, antwortete Dylan. “Im Grunde suchen wir sie.”
“Mich?” Dani blickte die Männer an.
“Suchen Sie noch Arbeiter?”, erkundigte Joe Bob sich.
“Ja. Immer.” Sofort stieg Hoffnung in ihr auf.
“Tja, hier sind wir”, verkündete Miguel. “Die besten Cowboys von ganz Texas. Stets zu Diensten, Ma’am.”
“Ist das Ihr Ernst?” Dani sprang auf. “Ich meine, wollen Sie für meine Schwestern und mich auf der Bar-K-Ranch arbeiten?”
“Ja, das wollen wir.” Dylan nickte bekräftigend. “Wenn Sie uns wollen, arbeiten wir für Sie.”
Natürlich wollte Dani. Jack versuchte, sich gegen die Eifersucht zu wehren, die er bei dem Gedanken empfand. Dani will sie nur als Arbeiter auf der Bar-K-Ranch, sagte er sich. Dennoch gefiel ihm der dankbare Blick nicht, mit dem sie die Männer bedachte.
Das habe ich nun davon, sagte er sich. Das ist der Lohn dafür, dass ich alles heimlich in die Wege geleitet habe.
Mit den drei neuen Cowboys machte die Arbeit auf der Bar-K-Ranch rasante Fortschritte. Danis größtes Problem war jetzt der Mangel an Tieren auf der Bar-K-Ranch. Ein paar Rinder konnte sie schon auf die Weide stellen, damit es mehr nach einer richtigen Ranch aussah, aber ihr fehlten mindestens sechs fügsame und ruhige Pferde für die Gäste. Woher sie das Geld dafür nehmen sollte, wusste sie nicht.
“Dani!”
Sie blickte von den Akten hoch und sah Toni auf sich zukommen.
“Ich habe wieder eine Botschaft gefunden.” Toni legte einen weiteren Zettel auf den Tisch.
“'Elsies Truhe hat es in sich'“, las Dani vor. “Was soll das nun wieder heißen?”
“Das ist doch egal! Diese unsinnigen Notizen machen mich noch verrückt, Dani. Warum hat er das getan? Das ist doch reine Bosheit!”
“Soweit ich gehört habe, war er auch kein netter Mensch.” Dani presste die Lippen aufeinander. “Andererseits haben wir uns so etwas schon denken können.”
“Nein, ich wusste es nicht.” Toni hob das Kinn. “Er muss doch ein paar gute Eigenschaften gehabt haben. Vergiss nicht, dass wir ihn nur aus Schilderungen von Granny kennen.”
“Das reicht mir schon. Will Keene kam nach Elk Tooth, brachte ein junges Mädchen dazu, ihm ihr Geld anzuvertrauen, und raubte ihr die Unschuld. Dann verschwand er mitsamt dem Geld.”
“Mom hätte ihn niemals verklagt”, sagte Toni nur.
“Ich an ihrer Stelle hätte es schon getan”, erwiderte Dani. “Und es hat lange genug gedauert, bis sie sich von ihm scheiden ließ. Anscheinend hat sie immer noch gehofft, dass er zu ihr zurückkehrt. Von mir aus können wir all diese Zettel nehmen und verbrennen.”
Es klopfte an der Haustür, und Toni lief zur Tür. Draußen stand ein Fremder.
“Habe ich die Ehre, mit zwei der Keene-Schwestern zu sprechen?”, erkundigte der Mann im teuren Anzug sich höflich.
“Die haben Sie”, antwortete Toni. “Ich bin Toni und das ist meine Schwester Dani.”
“Schön, Sie beide kennenzulernen.”
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