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Stille Nacht

Stille Nacht

Titel: Stille Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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Jimmy,
einen auf den Namen James Siddons ausgestellten Führerschein,
und er erinnerte sich dabei so lebhaft an diesen Augenblick, als
läge er erst einen Tag zurück. Er hatte keine andere Wahl
gehabt. Er wäre auf der Stelle verhaftet worden. So hatte er in
seine Brusttasche gegriffen, seine Kanone gezogen und gefeuert.
Noch bevor der Körper des Cops auf dem Boden aufschlug, war
Jimmy aus dem Wagen und auf der Straße und hatte sich in die
Menschenmenge an der Bushaltestelle gemischt. Er hatte auf das
Schild mit den Abfahrtszeiten gespäht und sich schnellstens eine
Fahrkarte für einen Bus geholt, der drei Minuten später losfuhr,
mit dem Ziel Detroit.
    Das war eine glückliche Wahl, dachte Jimmy. Schon am
ersten Abend traf er dort Paige, zog bei ihr ein, besorgte sich
dann einen falschen Ausweis und einen Job bei einer
unbedeutenden Sicherheitsfirma. Eine Zeitlang hatten er und
Paige sogar fast so etwas wie ein normales Leben geführt.
Ernsthaften Streit bekamen sie nur, wenn er sich darüber
aufregte, wie sie die Kerle ermunterte, die sie in dem StripteaseLokal anmachten. Aber sie behauptete, es wäre schließlich ihr
Job, sie dazu zu bringen, daß sie sie anmachen wollten. Zum
allerersten Mal lief tatsächlich alles wie am Schnürchen. Bis er
dann so blöd war, die Tankstelle zu überfallen, ohne sich genug
Zeit dafür zu nehmen, sie vorher richtig auszukundschaften.
    Er richtete seine Aufmerksamkeit nun wieder auf die
schneebedeckte Straße vor ihm. Er konnte aus der Straßenlage
des Wagens schließen, daß sich Glatteis zu bilden begann. Kurz
dachte er an das Ehepaar, dem der Wagen gehörte - was hatte
der Typ noch mal zu seiner Frau gesagt? Irgend so was, daß er’s
gar nicht erwarten könne, Bobbys Gesicht zu sehen? Ja, genau,
das war’s, dachte Jimmy mit einem Grinsen, als er sich ihre
Mienen ausmalte, wenn sie dann dort, wo ihr Auto gestanden
hatte, einen leeren Platz entdeckten oder, was wahrscheinlicher
war, statt dessen einen anderen Wagen auf ihrem Parkplatz.
    Er hatte das Radio angeschaltet, ließ es aber leise laufen. Es
war auf einen Regionalsender eingestellt, damit er den
aktuellsten Wetterbericht hören konnte, doch nun wurde der Ton
schwach, und atmosphärische Störungen drangen in den
Wellenbereich. Ungeduldig fummelte Jimmy an dem Knopf
herum, bis er auf einen reinen Nachrichtensender stieß, erstarrte
dann, als die gewichtige Stimme eines Sprechers verkündete:
»Die Polizei hat, wenn auch widerwillig, die Sensationsmeldung
von Radio WYME bestätigt, daß der siebenjährige Brian
Dornan, der seit fünf Uhr heute nachmittag vermißt ist, in die
Gewalt des mutmaßlichen Polizistenmö rders Jimmy Siddons
geraten ist, der, wie die Polizei annimmt, über die kanadische
Grenze fliehen will.«
    Mit einem wahren Schwall von Flüchen drehte Jimmy das
Radio ab. Cally. Sie mußte die Cops angerufen haben.
Wahrscheinlich wimmelt’s auf dem Thruway schon von ihnen,
und alle halten Ausschau nach mir - und nach dem Jungen,
schloß er voller Panik. Er warf einen Blick nach links auf den
Wagen, der ihn gerade überholte. Wahrscheinlich waren jede
Menge ziviler Einsatzfahrzeuge hier in der Gegend unterwegs,
dachte er.
    Ganz ruhig. Bleib ganz ruhig, sagte er sich. Sie wußten nicht,
was für einen Wagen er fuhr. Er würde nicht so blöd sein, zu
schnell zu fahren oder, schlimmer noch, so weit unterhalb der
Geschwindigkeitsbeschränkung dahinzukriechen, daß sie
Verdacht schöpften.
    Aber der Junge war ein Problem. Er mußte ihn sich umgehend
vom Hals schaffen. Rasch durchdachte er die Situation. Er
beschloß, die nächste Ausfahrt zu nehmen, sich um den Jungen
zu kümmern, ihn schleunigst zu beseitigen und dann auf die
Straße zurückzukehren. Er schaute auf den Jungen, der neben
ihm schlief. Wirklich schade, Kleiner, aber so sieht es nun mal
aus, sagte er sich.
Rechts entdeckte er ein Ausfahrtschild. Genau richtig, dachte
Jimmy, die nehme ich.
    Brian rührte sich, als sei er im Begriff, aufzuwachen, schlief
jedoch gleich wieder ein. Im Dämmerzustand sagte er sich noch,
er müsse wohl bloß geträumt haben, doch es war ihm so
vorgekommen, als hätte er seinen Namen gehört.
18
    Al Rhodes sah den gehetzten Ausdruck auf Catherine Dornans
Gesicht, als sie die Tragweite der Nachricht erkannte, daß Brian
in der Hand von Jimmy Siddons war. Er beobachtete, wie sie die
Augen schloß, und bereitete sich darauf vor, sie aufzufangen,
falls sie in

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