Stille Seele (German Edition)
bestimmt erwiderte er: „Nicht allzu oft. Nur, wenn ich privat sowieso in die Stadt muss. Das spart Benzin!“
Mit einem leichten Nicken kritzelte Flynn etwas auf einen der Zettel, aber so sehr Jakob auch versuchte, einen Blick darauf zu erhaschen, es gelang ihm nicht.
„Sie arbeiten also nicht in diesem Betreib mit. Sagen wir mal au shilfsweise? Nur am Wochenende, oder was weiß ich?“
Jakob schüttelte den Kopf.
Er sah, wie William sich verzweifelt durch die Haare fuhr und dann einen Schritt auf Mr. Flynn zumachte. „Hören Sie, Mr. Flynn, Sie überprüfen diesen Betrieb, aber mein Schwiegersohn hat damit doch nichts zu tun. Es gibt keine Unregelmäßigkeiten. Sie können sich meine Unterlagen noch mal ansehen, wenn Sie wollen. Sie haben doch selbst gesagt, dass die Bücher gut geführt sind und dass damit alles in Ordnung sei!“
Er klang verzweifelt und genau dieser Umstand würde ihnen das Genick brechen. Es war ganz offensichtlich, dass William etwas zu verbergen versuchte. Das hätte sogar ein weniger aufmerksamer Mensch erkannt. Er versuchte zu verzweifelt, Mr. Flynn zu überze ugen. Jakob stöhnte innerlich auf, während er versuchte, dem Blick Flynns standzuhalten.
Flynn reagierte überhaupt nicht auf William und Jakob war sich s icher, dass er etwas ahnte. Er hatte eine Spur gewittert und sich verbissen.
„Dürfte ich mir Ihre Daten notieren?“ Mit einem überlegenen Gri nsen fügte er hinzu: „Nur eine Formalität, nichts Besonderes!“
„Ich wüsste nicht, wieso Sie meine Personalien brauchen? Ich arbeite hier nicht!“ Die Wiederholung von Williams Worten hatte bestimmt klingen sollen, aber stattdessen klang sie lahm und abg enutzt.
Mr. Flynn trat ganz dicht an Jakob heran. „Das kann ich Ihnen s agen, Mr. Atkins. Ich habe mir die Zahlen dieses kleinen Etablissements angesehen. Wirft gut etwas ab. So viel, dass die Arbeit hier niemals nur zu zweit mit einem Koch in der Küche zu schaffen wäre. Die ganzen übrigen Jahre hat Mr. Bleker immer Hilfskräfte hier beschäftigt, die auch angemeldet waren, aber seit knapp zwei Jahren – niemand mehr. Die Zahlen hingegen sind gleich geblieben. Und jetzt frage ich Sie als schlauen Menschen, der Sie mir zu sein scheinen: Was soll ich daraus für Schlüsse ziehen?“
Er blickte kurz zu William herüber, der sich schwer gegen einen der Barhocker lehnte.
„Wissen Sie, ich dachte mir, das schaust du dir mal an. Immerhin könnte es ja sein, dass der nette Mr. Bleker es seit fast zwei Jahren versäumt hat, Lohnsteuern für einen Angestellten abzuführen, und jetzt raten Sie mal, was mir erzählt wurde, als ich in diesem Nest angekommen bin?“
Mit einem lauten Knall ließ er die Papiere auf den Tresen sausen. „Sie werden wirklich in den höchsten Tönen gelobt, Mr. Atkins. Als Kinderanimateur, als Freund, als perfekter Schwiegersohn“, seine Stimme wurde lauter, „und als Barkeeper in dieser Bar, an jedem Tag der Woche! Sehen so Ihre Gefallen aus?“ Seine Stimme wurde jetzt gefährlich leise. „ Also, wenn ich jetzt Ihre Personalien haben dürfte?“
Verzweifelt überlegte Jakob, was er tun könnte, um die Katastrophe abzuwenden. Mit zitternden Fingern beförderte er seine Brieftasche hervor und legte den gefälschten Ausweis vor Mr. Flynn auf den Tresen. „Ich habe wirklich nur ein paar Mal ausgeholfen! Nicht mehr, und ich habe kein Geld dafür bekommen! Es war ein Gefallen!“
„Eine nette Geschichte, Mr. Atkins, aber wenn Sie erlauben, bleibe ich bei der Wahrheit, die mir die Fakten zeigen und nicht bei der, die Sie mir hier verkaufen wollen! Amerikaner? Dürfte ich dann auch Ihre Arbeitsgenehmigung sehen?“
„Ich … ja, ich habe sie zuhause!“ Jakob starrte betäubt auf den Boden und spürte, dass er verloren hatte.
Wie zur Bestätigung erklang die sonore Stimme Mr. Flynns. „M achen Sie sich keine Mühe. Ich werde Ihre Daten überprüfen. Dann werde ich sehen, ob Sie wenigstens dieses Mal die Wahrheit gesagt haben.“ Damit tippte er sich an die Stirn, reichte Jakob seine Papiere zurück und verließ die Bar.
„Jakob!“ Jakob hörte, dass William mit ihm sprach, aber außer einem verzerrten Brei an Worten nahm er nichts wahr. Er hatte sich vorneüber gebeugt, die Hände auf die Oberschenkel aufgestützt und atmete angestrengt ein und aus, um sich zu beruhigen. Das war also das Ende seines so perfekt geplanten Neuanfangs. Einer bekommt dich immer, der Tod oder die Steuer! Ein Grinsen legte sich auf J akobs Gesicht, bevor er
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