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Stille Seele (German Edition)

Stille Seele (German Edition)

Titel: Stille Seele (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Lastella
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steckte ihm einen Zettel mit ihrer Telefonnummer zu und nickte bekräftigend. „Egal, was für ein Problem du hast, du kannst mich immer anrufen. Manchmal ist es leichter, nicht mit seinen Eltern zu sprechen, sondern mit jemandem, der etwas mehr Distanz hat. Aber versuch nie zu vergessen, wie sehr sie dich lieben.“ Sie zwinkerte ihm leicht zu. „Und wehe, du meldest dich erst in zehn Jahren wieder. Das würde ich dann persönlich nehmen, verstanden!“
    Jakob nickte und verstaute den Zettel umständlich in seiner Jeanst asche. Dann gab er seiner Großmutter einen Kuss auf die Wange, strich Fietje, dem Mischlingsrüden, über den zotteligen Kopf und ging. Schon auf der Straße drehte er sich noch einmal um und winkte der zierlichen Person hinter dem wuchtigen Gartentor zu, bevor er mit einem ernsten Ausdruck auf dem Gesicht zurück zum Bahnhof lief.
     

16. November [ii] 2003, Kandahar Airfield, Afghanistan
     
    Jakob starrte sein Spiegelbild an, das blass wirkte in dem kalten Neonlicht der Waschräume. Seit zwei Wochen waren sie jetzt wieder hier und Jakob hätte niemals erwartet, dass er sich hier normaler fühlen würde als in Montana bei seiner Familie. Die Basis fühlte sich irgendwie nach einer ungemütlichen Form von Zuhause an. Er hasste seine Aufgabe und dennoch fühlte er sich hier weniger als Fremder als dort. Er spritzte sich etwas kaltes Wasser ins Gesicht und starrte weiter auf das Bild eines Mannes im Spiegel, der ihm fremd vorkam. „Was machst du da, Alter?“ Connor trat aus einer der Toiletten, rückte seine Uniform zurecht und fing an, sich die Hände zu waschen. „Alles okay bei dir?“
    Jakob nickte und senkte dann den Blick. Seine Kiefermuskulatur arbeitete angespannt.
    „Du kannst es mir sagen. Ich meine, ich bin nicht blind. Was ist los?“
    Jakob drehte sich langsam zu Connor um und rieb sich seufzend über die Schläfen. „Glaubst du wirklich, dass das, was wir hier tun, gut und richtig ist?“
    „Warum wäre ich sonst hier?“ Connor grinste irritiert. „Wohl kaum wegen des einzigartigen Nachtlebens!“ Er verzog das Gesicht.
    „Hast du nie das Gefühl, dass es irgendwie falsch ist? Dass herz ukommen ein Fehler war?“
    „Vielleicht solltest du mal mit unserem Geistlichen für alle Fälle sprechen!“ Eine von Connors Augenbrauen schnellte skeptisch nach oben. „Ich meine nur, dass du echt aufpassen solltest, was du hier zu wem sagst.“ Er blickte sich in dem Waschraum um und fuhr dann fort. „Halt dich einfach zurück, okay?“
    Jakob nickte zwar, fuhr aber unbeirrt fort. „Weißt du, es ist egal, ob die Jungs hier laut sind oder eher still. Wer ein echter Spaßvogel oder eben nur ein völlig durchschnittlicher Typ ist. Mit der Zeit haben sie alle etwas gemeinsam!“ Jakob drehte sich von Connor weg und starrte in den Spiegel.
    „Und das wäre?“ Connors Stimme klang noch immer skeptisch.
    „Ist dir nie dieser Ausdruck in ihren Augen aufgefallen? Sie haben alle so eine Stille in ihren Augen. Eine Ruhe, die irgendwie unheimlich ist. Als wäre etwas in ihnen gestorben! Als hätten ihre Augen zu viel gesehen!“
    „Alter, du solltest definitiv mit Pastor Jacobs sprechen.“ Mit einer energischen Handbewegung drehte er Jakob zu sich herum. „Sehe ich für dich vielleicht so aus, als wäre ich innerlich gestorben?“
    Jakob schloss für einen Augenblick seine Augen. „Nein, aber du bist auch noch nicht so lange hier wie die anderen.“ Er öffnete sie wieder und musterte Connor. „Ich wünschte manchmal, ich wäre nicht hierhergekommen. Ich weiß, dass das schrecklich ist und die falsche Einstellung. Ich sollte das nicht denken, aber so ist es nun mal.“ Er lachte unsicher auf. „Ich habe einfach Angst, dass ich irgendwann in den Spiegel gucke und nur noch Stille sehe!“
    „Mal ehrlich, Jay ...“ Connor klang bemüht ernst, während sich ein Grinsen auf seinem Gesicht ausbreitete. „Ein wenig Stille könnte dir nicht schaden, so viel Quatsch wie du manchmal zusammenredest!“ Er klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter. „Deine Freundin hat Schluss gemacht. Das ist scheiße, deine Familie war auch nicht gerade der Bringer, aber das wird wieder. Und jetzt hör auf, Trübsal zu bl asen, und komm mit zu den anderen. Sie fangen gleich ‘ne neue Runde Poker an. Torres hat uns was von unserem versifften Basis Burger King geholt und Wheathers und Tyrel streiten sich darüber, wer am lautesten rülpsen kann.“ Erneut übte er Druck auf Jakobs Schulter aus. „Komm!

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