Stille Seele (German Edition)
Bild, das er von Connor gehabt hatte, in dem er ihm so gefestigt vorgekommen war. Wahrscheinlich galt das nur, solange alles nach Plan verlief. Jetzt glich er einem verängstigten kleinen Jungen. Jakob griff ihn am Unterarm und übte kurz Druck aus. Er spürte, wie sich seine Lippen bewegten, aber die Stimme, die er hörte, kam ihm fremd vor.
„Connor, reiß dich zusammen. Überprüf deine Waffe und pass auf. Ich gucke nach Torres und Tyrel!“ Er wartete keine Antwort ab, so ndern kroch nach vorn zu Torres, der noch immer bewegungslos auf dem Fahrersitz saß. Jakobs Herz schlug schmerzhaft gegen seine Rippen. Er hatte Angst, aber noch funktionierte er.
„Torres, starte den verdammten Motor. Wir müssen hier weg!“
Keine Reaktion. Hinter sich hörte er das MG-Mündungsfeuer ihrer eigenen Leute, das den feindlichen Beschuss für den Moment deutlich reduzierte. Jakob kroch näher an ihn heran und zuckte unwillkürlich zurück. Ein Stück Blech steckte seitlich in Torres Kehle und feine Rinnsale roten Blutes liefen an seinem Hals hinab. Seine Augen ließen keinen Zweifel. Blind und leblos starrten sie durch die zerstörte Windschutzscheibe. Jakob spürte, wie das Blut sich in seiner Körpermitte zusammenzog und seine Gliedmaßen zu kribbeln begannen. Für einen kurzen Augenblick flimmerte es vor seinen Augen, bevor er sich wieder unter Kontrolle bekam. Sein Blick wanderte zu Tyrel. Er wirkte ebenfalls wächsern, bleich, tot. Mindestens drei Schüsse waren alle sauber unter oder über der Schutzweste platziert worden. Feine Blutspritzer bedeckten seine blonden Haare. Ein Würgen schüttelte Jakob und er schloss für einen Moment die Augen. Das hektische Schreien über den wieder funktionierenden Funkverkehr, das ihm in den verletzten Ohren dröhnte, brachte ihn dazu, sie wieder zu öffnen. Jakob hätte nicht sagen können, wer gerade sprach, aber der Befehl war klar und deutlich.
„Rückzug! Fahrzeug drei gibt Feuerschutz. Besatzung zwei birgt Verletzte und dann machen wir, dass wir hier wegkom…“ Wieder brach der Funk zusammen und schluckte den Rest des Satzes.
Jakob schob seine Trauer und seinen Ekel beiseite und hievte mit all seiner Kraft Torres toten Körper vom Fahrersitz. Das Gewicht schien seine Kräfte zu übersteigen. Er spürte Blut und hätte nicht sagen können, ob es sein eigenes oder das von Torres war, nur, dass er kurz davor war aufzugeben. Irgendwie schaffte er es, den Körper in den hinteren Teil des Wagens zu zerren und selbst auf den Fahrersitz zu gelangen. Hastig überprüfte er die Fahrtüchtigkeit des Humvees. Der Motor stotterte, sprang aber an. Ein erleichtertes Seufzen entfuhr Jakob, als ein unbeschreiblicher Schmerz durch seinen Körper zuckte. Wie der Biss einer giftigen Schlange schnellte er von seiner Schulter ausgehend durch seinen Körper und raubte Jakob die Kontrolle über seine Bewegungen. Er presste seine Hand gegen die Wunde, ließ sich auf den Boden fallen und schob sich dann rücklings bis zur Beifahrertür. Tyrels Füße behinderten ihn. Blut lief über dessen Schoss und die Beine hinab auf Jakobs Hände und sein Gesicht. Er schüttelte sich und kämpfte verzweifelt den Würgereflex hinunter. Blind bekam er den Türgriff hinter sich zu fassen. Die Tür öffnete sich und Jakob landete unsanft mit dem Rücken und Kopf voran auf dem aufgerissenen Asphalt. Ein Stein durchdrang unbarmherzig den Kragen seiner Uniform und die obersten Schichten seiner Haut. Jakob stöhnte auf und krümmte sich vor Schmerz zusammen. Er hörte sich selbst schreien: „Connor, komm endlich raus und hilf mir, verdammte Scheiße!“ Die seitliche Tür öffnete sich und Connor rutschte neben ihn. Heftig atmend presste er seine M4A1 an sich. Er zitterte am ganzen Körper und Jakob sah Tränen in seinen Augen.
„Du blutest!“ Seine Stimme, erst atemlos, wurde jetzt weinerlich. „Nicht du auch! Lass mich hier nicht alleine, Jakob, bitte!“
„‘nen Dreck werde ich. Ist nur ein Streifschuss, und jetzt hilf mir endlich! Du hast den Befehl gehört! Wir müssen hier weg!“
Eine weitere Explosion ließ eine Druckwelle über sie hinwegdonnern. Jakob spürte etwas Heißes an seinem Rücken, drehte sich um und sah, dass der Innenraum ihres Humvees in Flammen stand. Ungläubig starrte er in das Feuer. Es roch nach versengten Haaren und verbranntem Fleisch. Torres! Tyrel! Jakob streckte die Hand aus und zuckte zurück, als die Hitze der Flammen seine Finger erreichten. Wie betäubt drehte er sich
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