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Stille Seele (German Edition)

Stille Seele (German Edition)

Titel: Stille Seele (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Lastella
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alten Sagen - furchtlos und ohne Angst vor dem Tod. Er verschwendete einen wehmütigen Gedanken an seinen Vater, der ihm in seiner Kindheit häufig aus diesen Geschichten vorgelesen hatte und von dem er sich sicher war, dass er ihn gerne so sehen wollte. Jakob selbst hätte ihm gerne diesen Grund gegeben, stolz auf ihn zu sein. Das Problem war nur, dass Jakob nach seiner Grundausbildung zwar erstaunt erkannt hatte, dass er technisch sehr gut war in dem was er tat, aber dass das nichts an der ständig vorhandenen Furcht in seinem Inneren änderte. Er hatte Angst vor dem, was er unweigerlich jeden Tag zu sehen bekam. Vor dem, was sie den Menschen hier antaten, auch wenn sie theoretisch eine Legitimation für einen Großteil ihres Handelns hatten. Er hatte Angst vor dem Tod der anderen und vor allem vor seinem eigenen, und er konnte diese Furcht nicht einfach ignorieren. Sie lauerte immer in einem Teil von ihm. Bereit ihn anzufallen. Manchmal spürte er sie kommen, manchmal schlich sie sich an, um ihn hinterrücks zu überrumpeln, und erwischte ihn eiskalt. Zum Glück wartete sie immer ab, bis alles vorbei war, was ein verdammter Segen war und zu einem großen Teil der Grund, warum er bis jetzt unverletzt und am Leben war.
    Die Kolonne aus drei Fahrzeugen fuhr über die Straße am südöstl ichen Ende der Stadt und bog dann in eine schlecht asphaltierte Straße ein, die sie in einem Bogen nahe am Stadtzentrum vorbeiführen würde. Insgesamt würden sie fast drei Stunden brauchen, um ihre Patrouille zu fahren. Das lag weniger an der Gesamtlänge der Strecke, sondern vielmehr an den Straßenverhältnissen und dem dichten Verkehr, der sie spätestens ab dem Stadtkern behindern würde.
    Jakob erinnerte sich an das Briefing vor dieser Patrouille, in dem Mason sie alle angewiesen hatte, keinerlei Geschenke an die Kinder weiterzugeben. Seine Stimme hallte in Jakobs Kopf nach. „Bis auf weiteres wird den Kindern nichts mehr zugesteckt! Sie werden lan gsam zu aufdringlich. Massy hat mit seiner Einheit gestern fast zwei kleine Mädchen überfahren, weil sie in den Gefahrenbereich des Humvees gelaufen sind. Also reißt euch zusammen.“
    Was für eine Scheiße! Jakob verzog das Gesicht und kaute verbi ssen weiter. Er mochte den Geschmack des Kaugummis nicht, das spätestens nach zwei Minuten abgestanden schmeckte, aber es war nützlich, denn es half den nötigen Speichelfluss zu erzeugen, um den Staub der Straße zu binden und hinunterzuschlucken. Einer der ersten Tipps, die er sich hier in Kandahar hatte anhören müssen und den er wenig später selbst an die Frischlinge weitergab.
    Connor sah aus den Augenwinkeln zu ihm herüber, bevor er den Blick wieder auf die Umgebung konzentrierte. Leise und ohne den Funk zu benutzen, flüsterte er. „Hast du es schon gehört? Torres Frau hat ihr Baby bekommen. Wenn wir mit der Patrouille für heute durch sind, haben wir erst einmal frei und wollen einen mit ihm trinken. Wann gibt es hier schon mal was zu feiern.“ Er zuckte resigniert mit den Schultern und nahm einen tiefen Zug von seiner Zigarette.
    „Weiß er davon?“
    „Torres?“ Connor grinste. „Nein, du weißt doch, wie geizig der ist. Würde uns doch nie im Leben einladen. Ist unser Geschenk zur G eburt, dass wir das übernehmen!“
    Jakob grinste zurück und nickte. Seine Muskeln spannten sich u nwillkürlich an, als das erste Fahrzeug langsamer wurde und an der Kreuzung zum Stehen kam. Jakob blickte sich um und sah, dass der Humvee hinter ihnen ebenfalls abbremste.
    „Was ist denn los?“
    Torres versuchte es über Funk, aber außer einem gleichmäßigen Rauschen drang kein Geräusch durch den Äther. „Mal wieder Probleme mit dem Scheißfunk. Ich frage mich, wie wir hier Ordnung schaffen sollen, wenn nichts funktioniert.“ Er gab dem Funkgerät einen wütenden Schlag mit der Hand.
    Connor öffnete seufzend die Tür und sprang in den Staub der Str aße. „Ich geh schon!“ Er lief eilig zum Leitfahrzeug, wo er zu Captain Melton trat, während Jakob und die anderen aufmerksam die Umgebung beobachteten. Jakob hörte durch das halb geöffnete Fenster, wie Connor nach dem Grund für den Stopp fragte.
    Die dröhnende Stimme des Captains wehte zum Wagen hinüber. „Ich weiß es nicht. Wir haben die Mitteilung von der Luftaufklärung bekommen, dass unsere Route durch einen umgekippten Kleinlaster unbefahrbar ist. Das war, bevor die Technik schon wieder den Geist aufgegeben hat.“ Er schüttelte den Kopf und spuckte vor sich

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