Stille Seele (German Edition)
unterrichtest?“
„Ich unterrichte sie nicht, ich leiste Julie nur Gesellschaft, und falls es dir entgangen ist, renne ich gemeinsam mit Julie um den See!“
„Sie sagt, du bist gut auf der Gitarre, und für die Sache mit Julie und dem Sport meine Hochachtung, aber darum geht es ja gar nicht. Du versteckst dich und ich weiß beim besten Willen nicht, wovor. Du bist jung, gutaussehend und hast etwas im Kopf. Wovor hast du Angst?“
„Ich habe keine Angst!“
William lächelte siegessicher. „Dann kannst du ja auch morgen mitgehen!“
„Du bist genauso hartnäckig wie deine Tochter!“
„Geworden und das aus gutem Grund. Ich wünschte, das wäre ich schon immer gewesen, aber jetzt bin ich es und ich werde dich nicht in Ruhe lassen!“ Er grinste traurig, klopfte sich dann auf die Oberschenkel und legte wieder seinen vertrauten, unbekümmerten Gesichtsausdruck auf. „Ich weiß, dass ich nicht dein Vater bin oder so etwas, aber vielleicht könntest du auf mich hören. Es würde dir gut tun!“
Ergeben schüttelte Jakob den Kopf und warf dann das Handtuch auf den Tresen. „In Ordnung! Ihr zwei seid echt ‘ne Plage!“
5. Juli 2006, Geburtstagsfeier von Mason und Anna im Saal des Gemeindezentrums, Marble Hills
„Also Leute, das ist Jakob. Ihr kennt ihn ja aus der Bar.“ Julie präsentierte ihn wie einen Stargast und Jakob wäre am liebsten im Erdboden versunken. Stattdessen hob er tapfer seine Hand und murmelte: „Hi, zusammen. Wie geht’s?“
Ein undefinierbares Gebrummel derjenigen, die in Hörweite saßen, setzte ein, aus dem Jakob jedoch keine brauchbaren Informationen über Sympathien oder Antipathien gewinnen konnte. Mit einem merkwürdigen Gefühl in der Magengegend folgte er Julie zur provis orisch aufgestellten Bar.
„‘ne Cola?“
Jakob nickte angespannt und bedankte sich, indem er Julie die Hand auf die Schulter legte und kurz Druck ausübte. Vielleicht hielt er sich damit auch nur für einen Augenblick an seinem einzigen Bezugspunkt fest. Es fiel ihm unerwartet schwer, sich hier unter den jungen Menschen, die mehr von ihm wollten als nur ein Getränk oder eine andersartig gestaltete Bestellung, zurechtzufinden. Warum nur war er mitgekommen? Seit Connors Tod hatte er nur mit einer Handvoll Menschen mehr als belanglose Worte gewechselt. Weggegangen, sich amüsiert, das hatte er seit seinem Tod nicht mehr getan, außer wenn er mit Julie allein war, und das war irgendwie etwas anderes. Das hier fühlte sich so an, als hätte er es verlernt. Er fühlte sich fehl am Platz.
„Was machen die da drüben?“ Jakob deutete auf eine kleine Runde, die auf den Sofas in der Ecke des Partyraums saß und schon ziemlich angeheitert war.
„Sie spielen Ich wette, dass …!“
„Ich wette, dass …?“
Julie beugte sich näher zu ihm herüber, damit sie nicht so sehr gegen die Musik anschreien musste. „Der Reihe nach behauptest du etwas, von dem du glaubst, nur du hättest es getan, und wenn kein anderer aufsteht, hast du recht und darfst dich wieder setzen. Falls nicht, musst du einen trinken oder eine Pflichtübung machen.“ Sie sah ihn grinsend an. „Na los, wir machen mit!“ Schon hatte sie ihn am Arm gepackt und zerrte ihn durch den Raum.
„Nein!“ Jakob machte sich los und blieb stehen, was ihm einen ve rständnislosen Blick von Julie einbrachte.
„Warum nicht?“
„Hast du es schon vergessen? Ich trinke nicht!“
Ihr Grinsen wurde breiter. „Umso besser. Die Pflichtübungen macht nie jemand, und die sind immer am witzigsten!“
„Julie, ehrlich!“ Sein Protest klang wenig überzeugend und hielt Julie keine Sekunde auf.
Sie zwinkerte Jakob zu und zog ihn weiter durch das Zimmer. Wi eso, konnte Jakob nicht genau sagen, aber er gab sich geschlagen und folgte ihr.
„Hi, ihr, dürfen wir mitmachen?“
Ein schmaler Junge, der wesentlich jünger aussah als Julie, nickte und zeigte auf zwei freie Plätze in der Ecke des Sofas. „Das ist gut. Mike und Casper streiten sich gerade, wer dran ist. Dann fängt der Neue an. Das ist super.“ Der Junge nickte eifrig und trank einen Schluck.
Jakob entging nicht die Schadenfreude, die dabei über sein Gesicht huschte. Er spürte, wie alle ihn ansahen und stand auf. Mit fester Stimme sagt er: „Ich wette, dass noch keiner außer mir von Montana mit dem Wagen bis nach Südtexas gefahren ist, und zwar ohne
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