Stille Seele (German Edition)
Regal und gab ihr ein neues. Tief in Gedanken begann sie mechanisch, es abzutrocknen.
„Ich habe zugehört, aber bis jetzt hast du nicht gesagt, was du von mir willst. Du verstrickst dich in kryptischen Andeutungen!“
„Wir treffen uns morgen“, ihr Blick wanderte zur Uhr und ein Gri nsen erschein auf ihrem Gesicht, „genauer gesagt heute Abend bei Anna und feiern ihren und Masons Geburtstag. Ich möchte kein Zwilling sein, da kann man nie alleine feiern!“ Kurz umwölkte sich ihr Gesicht, bevor sie ihm wieder entspannt zulächelte. „Sie wollen dich unbedingt kennenlernen!“
„Mich?“
„Na ja, wie viele neu Zugewanderte gibt es schon in Marble Hills, die noch keinen Herzschrittmacher brauchen?“
„Ich bin schon länger hier. Warum ausgerechnet jetzt?“ Jakob sah sie herausfordernd an und entlockte ihr ein nur wenig schuldbewusstes Lächeln.
„Ich habe ihnen gesagt, dass du ein Arsch bist.“
„Und deswegen wollen sie mich kennenlernen?“
Julie schlug ihm mit gespieltem Ernst gegen die Schulter. „Früher doch, du Idiot.“ Mit einem resignierten Grinsen verdrehte sie die Augen und stieß die Luft aus. „Jetzt habe ich ihnen gesagt, dass du für manche Dinge doch ganz brauchbar bist.“ Sie kicherte schelmisch.
„Ach ja, und wofür?“ Jakob konnte nicht anders und ihm entwisc hte ebenfalls ein kleines Lächeln. Sie waren sich nähergekommen in den letzten Monaten. Vielleicht war es zu früh, um es eine Freundschaft nennen zu können, aber es war auch keine Feindschaft mehr. Manchmal fühlte es sich ein wenig so an, als wären sie Geschwister, die eine gewisse Hassliebe verbindet. Manchmal war es eindeutig mehr und an anderen Tagen sehr viel weniger. Jakob spürte, wie wenig ihm der Gedanke einer geschwisterlichen Beziehung behagte. Genau genommen sah er, obwohl er sich um ihrer Freundschaft Willen zurückhielt, das genaue Gegenteil einer Schwester in ihr. Er hatte sich verliebt. Wahrscheinlich schon am ersten Tag.
Tatsache war, dass ihn bisher noch nie ein Mädchen so tief berührt hatte, ohne dass zwischen ihnen auch nur jemals mehr als freun dschaftliches Geplänkel passiert war. Vielleicht kam es ihm nur so vor, weil er besonders sensibel war für jegliche Form von Zuneigung, aber er spürte mit jeder Faser seines Körpers, dass er sie liebte. Das Problem war nur, dass genauso viele Gründe und noch mehr dagegen sprachen, diesen Gefühlen nachzugeben. Also beschränkte er sich darauf, nur so viel zuzulassen, wie für sie beide gut sein würde. Julies lächelnd hervorgebrachte Antwort schreckte ihn aus seinen Gedanken hoch.
„Du glaubst doch nicht im Ernst, das würde ich dir sagen, nur damit du dann deine Nase zehn Zentimeter höher tragen kannst!“
„Nein, wie konnte ich das auch nur annehmen?“
„Sie wollen eben den Mann kennenlernen, der es geschafft hat, mich zu etwas Sportlichem zu überreden.“
„Ich habe dich nicht überredet!“ widersprach Jakob.
Julie zuckte mit den Schultern, steckte sich eine Pistazie in den Mund und kaute andächtig.
Jakob seufzte und fuhr zusammen, als William ihm von hinten väterlich die Hand in den Nacken legte.
„Na, was treibt ihr beide hier?“
„Nichts!“ Julie schmunzelte. Ein berechnender Ausdruck erschien auf ihrem Gesicht. „Ich versuche nur gerade, Jay zu überreden, mit mir morgen zu Annas und Masons Geburtstag zu kommen, aber er will wohl nicht!“ Sie zuckte scheinbar ehrlich bekümmert mit den Schultern und sprang vom Tresen. Als sie mit Jakob auf Augenhöhe war, warf sie ihm einen listigen Blick zu und verschwand dann in der Küche, um das tägliche morgendliche Essen vorzubereiten.
„Warum willst du nicht mit ihr da hin?“
Jakob hob abwehrend die Hände. „Ich habe gar nicht gesagt, dass ich nicht hingehe.“
„Also begleitest du sie?“
Jakob schüttelte den Kopf. „Das habe ich auch nicht gesagt.“
„Was denn nun?“
„Ich überlege noch.“
„Ich will mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, aber wenn ich dir mal einen ganz väterlichen Rat geben darf. Geh hin! Die sind alle in deinem Alter. Eine bessere Chance, endlich ein paar Freunde hier zu finden, wird es nicht geben. Du hast jetzt fast neun Monate g ebraucht, um dich einzuleben. Es ist an der Zeit, sich mal zu amüsieren.“ Er nickte Jakob aufmunternd zu.
„Ich amüsiere mich.“
„Indem du allein am See sitzt, irgendwelche Bücher liest, kilometerweise durch den Wald rennst und einmal die Woche mit Julie die Kinder
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