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Stille Wasser

Stille Wasser

Titel: Stille Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Anne Gilman , Josepha Sherman
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mittelalterlicher Sitte ein wenig Feuer unterm Hintern machen.«
    Angel war klug genug, auf eine Antwort zu verzichten. Sie fluchte und schimpfte bereits den ganzen Abend und hatte sich mittlerweile in einen Zustand gerechten Zorns hineingesteigert, der allen verdächtigen Kreaturen, denen sie heute Nacht hier unten begegnen mochten, selbst wenn ihr Aggressionspotential gegen null tendierte, nichts Gutes verhieß.
    Seite an Seite folgten sie einer engen Biegung und spähten den Tunnel hinab. Angel stieß ein frustriertes Fauchen aus. Der Tunnel führte ein Stück weit geradeaus, nur um sich nach etwa zehn Metern in zwei gleichermaßen wenig einladend aussehende Gänge zu teilen. Er sah Buffy an, doch die zuckte nur mit den Schultern. Auf ihrem Weg durch die immer gleichen Kanäle bis hierher zu diesem Abzweig hatte die Eintönigkeit der Umgebung allmählich dazu geführt, dass ihre 102

    anfängliche Wachsamkeit einer gewissen Abgestumpftheit gewichen war.
    »Welchen nehmen wir?«, fragte Buffy. »Sollen wir eine Münze werfen? Ein Streichholz ziehen? Ach, was soll’s, nehmen wir einfach den linken.«
    »Irgendein besonderer Grund?«
    »Nein. Nur so eine Laune von mir. Hast du einen besseren Vorschlag?«
    Angel hielt prüfend die Nase in die stinkige Luft, dann schüttelte er den Kopf. »Nein. Für einen Moment dachte ich, ich hätte Salzwasser gerochen, doch es war nur der Geruch nach Metall, wohl von den neuen Rohrleitungen, die sie in der vergangenen Woche verlegt haben.«
    »Klasse. Scheint so ’ne Art Gesetz zu sein; wenn schon mal in Sunnydale so etwas wie Bürgerstolz erwacht, dann grundsätzlich zur falschen Zeit.«
    »Wir könnten Zeit sparen, wenn wir uns trennen. Du links, ich rechts«, schlug er nüchtern vor.
    »Könnten wir«, gab sie ihm Recht. Doch keiner von beiden traf Anstalten, den Gedanken in die Tat umzusetzen.
    Fünf Minuten später war Buffy nahe daran, den Vorschlag zu machen, umzukehren und doch den rechten Abzweig zu nehmen. Der schmale Tunnel wurde zunehmend enger und allmählich bekam sie echt Platzangst. Sie wagte sich kaum vorzustellen, wie Angel, der immerhin um einiges größerund breiter war als sie, sich fühlen mochte.
    »Hier ist gar nichts«, sagte er, bevor sie ihm ihren Vorschlag unterbreiten konnte. »Wirklich sonderbar.«
    »Stimmt.« Nun, da er es erwähnt hatte, fiel auch ihr die völlige Stille auf, die hier unten herrschte. »Nicht mal das Trippeln oder Fiepen einer Ratte. Nicht, dass ich mich beschweren möchte, wohlgemerkt.« Sie glitt in der knöcheltiefen Brühe aus und presste einige Flüche zwischen 103

    den Zähnen hervor, die ihre Mutter wahrscheinlich höchst unglücklich gemacht hätten.
    Angel blieb stehen und reichte ihr die Hand. Dann wurde sein Gesichtsausdruck plötzlich angespannt. Er hob witternd den Kopf und seine Augen blitzten in dem schwachen Dämmerlicht für einen Augenblick auf. Ohne einen Laut ging er weiter, während Buffy ihm vorsichtig folgte. Sie gelangten an eine Stelle, an der sich der Tunnel jäh zu einem größeren Durchgang öffnete, etwa drei Meter breit und annähernd zehn Meter lang. Das Gefühl von Enge legte sich zwar ein wenig, doch auch dieser Ort war für eine offene Konfrontation denkbar ungeeignet, was wohl auch der Grund für Angels erwachendes Misstrauen gewesen war.
    »Sieh nur.« Seine Stimme klang merkwürdig, nicht unbedingt alarmierend, aber auch nicht nach Entwarnung.
    Buffy stakste voran, den gezückten Pflock in der Hand. Eine am Boden liegende Gestalt versuchte sich zu bewegen, als Buffy sich ihr näherte, doch zu mehr als einem ausdruckslosen Starren schien sie nicht mehr fähig. »Vampire. Von der extrem übel zugerichteten Sorte. Na spitze, da hat mir doch glatt jemand den schönsten Teil meiner Arbeit abgenommen.«
    Vor ihnen lag etwa ein Dutzend regungslose Körper, fast völlig von dem Schlamm bedeckt, der sich in den Tunnel ergoss, und allesamt mit dem Gesicht nach unten. Riesige Batzen waren aus ihren Leibern herausgerissen.
    Als ob ein Schwarm Haifische über sie hergefallen wäre, dachte Buffy voller Unbehagen. Doch im Gegensatz zu den Jugendlichen, die man am Strand gefunden hatte, steckte in diesen Opfer noch ein Rest von Leben, ihre untoten Hüllen waren trotz der grauenhaften Verletzungen, die sie davongetragen hatten, nicht in der Lage, ihren Geist aufzugeben, sozusagen.
    Es war wie ein kaltes Büfett für Jägerinnen: jede Menge hingestreckte Vampire und nicht mal eine Warteschlange.

    104

    Doch

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