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Stilles Echo

Stilles Echo

Titel: Stilles Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Schönheit dort gesehen. Ich wüßte gern mehr darüber. Die Menschen dort sind in vieler Hinsicht großzügig, und ihre Kultur ist von großer Raffinesse und Vielschichtigkeit.« Auch Hester war manchmal von einer Grausamkeit, die sich ihrem eigenen Verständnis entzog, aber das war im Augenblick unerheblich.
    Duke schien wie vor den Kopf gestoßen. Das war nicht die Antwort, die er erwartet hatte, aber er fand seine Fassung rasch wieder.
    »Gibt es in Istanbul so großen Bedarf an Hausangestellten? Ich hätte gedacht, die meisten Leute dort würden Einheimische einstellen, vor allem für Botendienste.«
    »Ich denke, das tun sie auch«, antwortete sie ihm, ohne Arthur anzusehen. »Ich hatte zu viel zu tun, um über solche Dinge nachzudenken. Ich hatte meine eigene Kammerzofe in London zurückgelassen, weil es mir nicht der richtige Ort für sie zu sein schien, und es wäre auch unfair gewesen, sie zu bitten, mich zu begleiten.« Sie lächelte Duke an. »Ich war immer der Meinung, daß Rücksichtnahme auf die eigenen Dienstboten das Kennzeichen des Gentleman ist… oder der Lady, je nachdem. Finden Sie nicht auch?«
    »Sie hatten eine Kammerzofe?« fragte er ungläubig. »Wozu denn das?«
    »Wenn Sie Ihre Mutter fragen, Mr. Kynaston, wird sie Sie sicher über die Pflichten einer Kammerzofe ins Bild setzen«, erwiderte Hester, während sie sich das Buch unter den Arm klemmte. »Sie sind zahlreich und mannigfach, und ich bin mir sicher, daß Sie Mr. Duff deswegen nicht warten lassen wollen.« Und bevor ihm auf diese Bemerkung eine Antwort einfiel, schenkte Hester Arthur ein bezauberndes Lächeln und ging vor ihnen die Treppe hinauf.
    Eine Stunde später klopfte er an ihrer Tür, und als sie öffnete, stand Arthur Kynaston auf der Schwelle.
    »Es tut mir leid«, entschuldigte er sich. »Er kann furchtbar rüde sein. Es gibt keine Entschuldigung für sein Benehmen. Dürfte ich wohl hereinkommen und mit Ihnen sprechen?«
    »Natürlich.« Sie hätte ihm seine Bitte ohnehin nicht abschlagen können, und wie sehr es ihr auch widerstrebte, Monk hatte recht. Sie würde nach der Wahrheit suchen und bei jedem Schritt hoffen, daß Rhys sich als unschuldig erweisen würde.
    Aber sie mußte es wissen. »Bitte, kommen Sie doch herein.«
    »Vielen Dank.« Er sah sich neugierig um und errötete dann.
    »Ich wollte Sie fragen, ob Rhys’ Zustand sich wirklich bessert und ob…« Seine Stirn furchte sich, und seine Augen wurden dunkler. »Ob er irgendwann wieder sprechen können wird. Wird er es wieder lernen, Miss Latterly?«
    Augenblicklich durchzuckte sie der Gedanke, ob es wohl Furcht sein mochte, die sie in seinen Zügen las. Was würde Rhys erzählen, wenn er sprechen könnte? War das der Grund, warum Duke Kynaston hierhergekommen war – um festzustellen, ob Rhys eine Gefahr für ihn bedeutete? Um vielleicht dafür zu sorgen, daß er auch weiterhin schwieg? Durfte sie die beiden Brüder mit ihm allein lassen? Er konnte nicht einmal um Hilfe schreien! Er war ihnen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert.
    Nein, das war ein schrecklicher Gedanke! Und töricht. Wenn ihm irgend etwas zustieß, während die beiden Kynastons bei ihm waren, würde die Brüder die Schuld dafür treffen. Sie konnten etwas Derartiges weder erklären noch den Konsequenzen entrinnen. Das mußten sie genausogut wissen, wie Hester selbst es wußte! War Duke jetzt allein mit ihm? Instinktiv machte sie einen Schritt auf die Verbindungstür zu.
    »Was ist denn?« fragte Arthur hastig.
    »Oh.« Sie drehte sich wieder zu ihm um und zwang sich zu einem Lächeln. »Ich wünschte, ich könnte Ihnen mehr Hoffnung machen, Mr. Kynaston…« Sie mußte Rhys schützen. »Aber dafür gibt es nicht die geringsten Anzeichen. Es tut mir so leid.«
    Er sah erschüttert aus, als hätte sie tatsächlich eine Hoffnung zerstört.
    »Was ist ihm zugestoßen?« fragte er mit einem leichten Kopfschütteln. »Was für Verletzungen hat er davongetragen, daß er nicht mehr sprechen kann? Warum kann Dr. Wade denn nichts für ihn tun? Ist irgend etwas gebrochen? Dann müßte es doch eigentlich heilen, oder?«
    Arthur sah sie an, als nähme er tiefen Anteil an Rhys’ Geschick. Es war ihr beinahe unmöglich zu glauben, daß sein verzweifelter Blick vielleicht nur Schuldgefühle verbarg.
    »Es ist nichts Körperliches«, antwortete sie wahrheitsgemäß, bevor sie sich überlegt hatte, ob das wirklich klug war. Jetzt konnte sie nicht mehr zurück. »Was er in jener Nacht erlebt hat, war so

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