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Stilles Echo

Stilles Echo

Titel: Stilles Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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furchtbar, daß es seinen Geist in Mitleidenschaft gezogen hat.«
    Arthurs Augen leuchteten auf. »Das heißt, er könnte die Sprache jederzeit wiederfinden?«
    Was sollte sie darauf antworten? Was war das beste für Rhys? Arthur beobachtete sie, und die Sorge umwölkte abermals sein Gesicht.
    »Wäre das möglich?« wiederholte er.
    »Es könnte sein«, sagte sie ausweichend. »Aber wir dürfen jetzt noch nicht damit rechnen. Es kann lange dauern.«
    »Es ist schrecklich!« Arthur schob die Hände tief in die Taschen. »Es war immer so lustig mit Rhys, wußten Sie das?« Er sah sie ernsthaft an, als wolle er sie zwingen zu verstehen.
    »Wir haben alles Mögliche miteinander unternommen, er und ich. Manchmal war Duke auch mit dabei. Rhys war so abenteuerlustig. Er konnte schrecklich tapfer sein und uns alle zum Lachen bringen.« Der Kummer in seinem Gesicht war unleugbar. »Können Sie sich etwas Schlimmeres vorstellen, als Hunderte von Dingen zu sagen zu haben und allein in einem Bett zu liegen und nichts über die Lippen zu bringen, gar nichts? Es fällt einem eine komische Bemerkung ein, und man kann sie mit niemandem teilen! Welchen Sinn hat ein Witz, wenn man ihn niemandem erzählen und sein Gesicht beobachten kann, wenn ihm plötzlich die Pointe aufgeht? Sie können nichts Schönes mit jemand anderem teilen, nichts Schreckliches, Sie können nicht einmal um Hilfe bitten oder sagen, daß Sie Hunger haben oder Todesängste ausstehen!« Er schüttelte abermals den Kopf. »Woher wissen Sie überhaupt, was er will? Sie könnten ihm Reispudding geben, wenn er eigentlich Brot und Butter haben möchte!«
    »So schlimm ist es nun auch wieder nicht«, antwortete sie sanft, obwohl er im wesentlichen recht hatte. Rhys konnte weder seinen Schmerz noch sein Entsetzen mitteilen. »Ich kann ihm Fragen stellen, und er kann mit einem Nicken oder einem Kopfschütteln antworten. Außerdem bin ich langsam recht gut, wenn es darum geht, seine Wünsche zu erraten.«
    »Aber das ist kaum dasselbe!« sagte er mit einem jähen Anflug von Bitterkeit. »Wird er jemals wieder ein Pferd reiten können oder gar ein Rennen bestreiten? Wird er tanzen oder Karten spielen können? Er hatte so eine gute Hand mit Karten. Er konnte sie schneller mischen als irgend jemand sonst. Duke hat sich furchtbar darüber geärgert, weil er nicht mithalten konnte. Können Sie denn gar nichts tun, um ihm zu helfen, Miss Latterly? Es ist schrecklich, daneben zu stehen und ihn einfach anzusehen. Ich fühle mich so… nutzlos!«
    »Sie sind nicht nutzlos«, versicherte sie ihm. »Ihre Besuche machen ihm viel Mut. Freundschaften helfen immer.«
    Sein Lächeln flackerte auf und erlosch sofort wieder. »Dann sollte ich wohl noch einmal zu ihm gehen und ein Weilchen mit ihm reden. Ich danke Ihnen.«
    Aber Arthur blieb nicht so lange wie bei seinen vorherigen Besuchen, und als Hester in Rhys’ Zimmer ging, nachdem die Kynaston-Brüder es verlassen hatten, starrte Rhys mit nachdenklichen Augen an die Decke. Auf seinem Gesicht lag jener Ausdruck in sich gekehrten Unglücklichseins, den sie mittlerweile so gut kannte. Hester konnte nur erraten, was seinen Kummer verursacht haben mochte. Sie wollte nicht fragen, weil sie fürchtete, es dadurch nur noch zu verschlimmern. Vielleicht hatte ihm die Begegnung mit Duke Kynaston, der weniger taktvoll war als sein Bruder, an die Vergangenheit erinnert. Als sie alle noch voller Kraft und ein wenig leichtsinnig gewesen waren und geglaubt hatten, zu allem fähig zu sein. Die beiden anderen waren es noch immer. Rhys hatte sie schweigend und in einem Bett liegend empfangen. Er konnte nicht einmal die kleinste Bemerkung machen.
    Oder war es die Erinnerung an ein grauenhaftes Geheimnis, das sie alle miteinander teilten?
    Rhys wandte sich langsam zu ihr um, und sein Blick war neugierig, aber auch kalt und abweisend.
    »Möchten Sie, daß Duke Kynaston Sie noch einmal besucht, wenn er das wünscht?« fragte Hester. »Wenn Sie ihn lieber nicht noch einmal sehen möchten, kann ich ihn abweisen lassen. Mir fällt schon ein Grund ein.«
    Er sah sie an, ohne irgendwie erkennen zu lassen, daß er sie verstanden hatte.
    »Sie scheinen ihn weniger zu mögen als Arthur.«
    Diesmal zeigte sein Gesicht verschiedene Regungen: Belustigung, Ärger, Ungeduld und schließlich Resignation. Er richtete sich ein oder zwei Zoll weit auf und holte tief Atem. Seine Lippen bewegten sich.
    Hester beugte sich vor, nur ein klein wenig, um ihn nicht in Verlegenheit

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