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Stilles Echo

Stilles Echo

Titel: Stilles Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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nicht entschließen.
    »Vielen Dank«, sagte Hester mit sanfter Stimme, in der eine Gewißheit schwang, die sie keineswegs empfand.
    Um neun Uhr saß sie in Rathbones Büro. Sie wartete, bis er den ersten Klienten dieses Tages verabschiedet hatte, dann wurde sie in sein Büro geführt, und sein Gehilfe bekam Anweisung, den nächsten Klienten zu bewirten und davon in Kenntnis zu setzen, daß Sir Oliver bedauernswerterweise durch einen Notfall aufgehalten werde, was zumindest die halbe Wahrheit war.
    Hester verschwendete seine Zeit nicht mit Vorreden. Sie war sich der Tatsache bewußt, daß er sie ohne Termin empfangen hatte und daß sie seine Wertschätzung für sie ausnutzte, um einen Gefallen zu erbitten. Es war ihr verhaßt, das zu tun, vor allem im Hinblick auf ihre letzte Begegnung und die Art und Weise, wie sie seine Gefühle für sie deutete. Hätte nicht Rhys’ Leben davon abgehangen, wäre sie nicht gekommen. Sylvestras Anwalt hätte einen Strafverteidiger seiner Wahl selbst über die Tatsachen ins Bild setzen können.
    »Sie haben Rhys wegen des Mordes an seinem Vater verhaftet«, sagte sie rundheraus. »Sie haben ihn natürlich nicht ins Gefängnis gebracht, weil sein Zustand das nicht zuläßt, aber sie werden ihn vor Gericht stellen. Seine Mutter ist am Ende ihrer Weisheit und weder in der Position noch in der Verfassung, den besten Anwalt für seine Verteidigung zu suchen.« Hester hielt inne und war sich dabei nur allzusehr des Blickes seiner dunklen Augen und seiner besorgten Miene bewußt.
    »Sie nehmen wohl besser Platz und geben mir die Fakten des Falles, soweit sie Ihnen bekannt sind.« Er deutete auf den Stuhl seinem Schreibtisch gegenüber und trat selbst auf die andere Seite, um sich gleichfalls hinzusetzen. Rathbone griff jedoch nicht nach der Feder, um sich Notizen zu machen.
    Hester versuchte, ihre Gedanken zu sammeln, damit sie ihm einen vernünftigen Bericht geben und sich verständlich ausdrücken konnte, ohne ihre Darstellungen allzusehr mit Gefühlen zu belasten.
    »Rhys Duff und sein Vater, Leighton Duff, wurden in der Water Lane gefunden, einer Gasse in St. Giles«, begann sie ihre Erklärung. »Leighton Duff wurde zu Tode geprügelt. Rhys wurde auf ähnliche Weise schwer verletzt, überlebte das Unglück jedoch, obwohl er außerstande ist zu sprechen und seine Hände böse Brüche davongetragen haben, so daß er auch keine Feder halten kann. Das ist wichtig, denn es bedeutet, daß er sich nicht mitteilen kann, es sei denn durch ein Nicken oder ein Kopf schütteln.«
    »Das ist eine zusätzliche Komplikation«, gab er ihr mit ernster Stimme recht. »Ich habe etwas über den Fall gelesen. Es ist unmöglich, eine Zeitung aufzuschlagen und die Sache nicht zumindest zur Kenntnis zu nehmen. Welche Beweise hat die Polizei für die Vermutung, daß Rhys seinen Vater getötet hat? Viel naheliegender wäre es doch, davon auszugehen, daß sie beide von Dieben oder anderem Gesindel aus dieser Gegend überfallen und wahrscheinlich ausgeraubt wurden? Können Sie mir diese Frage beantworten?«
    »Ja. Monk hat Beweise gefunden, die sie mit den Vergewaltigungsfällen in Seven Dials in Verbindung bringen…«
    »Einen Augenblick!« unterbrach er und hob die Hand. »Sie sprachen im Plural – mit wem konnte er die Vergewaltigungsfälle in Zusammenhang bringen? Und was hat das Ganze mit Vergewaltigungen in Seven Dials zu tun? Wird Rhys Duff auch der Vergewaltigung angeklagt?«
    Sie mußte ihm einen vernünftigen, zusammenhängenden Überblick über die Ereignisse geben und begann noch einmal von neuem.
    »Eine Frau aus Seven Dials hat Monk engagiert, herauszufinden, wer eine Reihe von Gelegenheitsprostituierten aus Seven Dials zuerst um ihren Lohn betrogen und sie dann mit zunehmender Gewalttätigkeit vergewaltigt und verprügelt hat.« Hester hielt inne.
    Er runzelte die Stirn. Galt seine Mißbilligung Monk oder den Frauen? Oder fürchtete er, der Zusammenhang mit den Vergewaltigungen könne Rhys’ Aussichten vor Gericht noch verschlechtern?
    »Woran denken Sie?« Die Worte waren heraus, bevor sie es eigentlich gewollt hatte.
    »Das ist ein sehr häßliches Verbrechen«, entgegnete er ruhig.
    »Aber es ist auch eins, das die Gerichte nicht verfolgen. Aus einem Dutzend verschiedener Gründe, sowohl gesellschaftlicher …«, er zog die Nase kraus, eine kaum merkliche Regung, die nichtsdestoweniger tiefsten Abscheu zum Ausdruck brachte , »sowohl gesellschaftlicher als auch gesetzlicher

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