Stilles Echo
unternehmen?« fragte sie höhnisch.
»Würden Sie nicht etwas unternehmen, wenn Sie wüßten, wer die Männer waren?« fragte er.
Das genügte. Sarah erzählte ihm alles, woran sie sich erinnern konnte, obwohl er ihr jede Einzelheit mühsam entlocken mußte. Im großen und ganzen, glaubte er, waren ihre Antworten ehrlich. Sie hatten allerdings wenig Nutzen für ihn, abgesehen davon, daß auch Sarah sich an den merkwürdigen Geruch erinnerte, an einen scharfen, alkoholischen Geruch, der sich von allem unterschied, was sie hätte benennen können.
Monk verabschiedete sich und ging weiter, in den Wind hinein, während er in Gedanken sortierte, was Sarah ihm erzählt hatte. Aber gegen seinen Willen beschäftigte ihn mehr und mehr die Frage, was er in der Vergangenheit getan haben mochte, um einen solchen Haß zu verdienen.
Am Abend beschloß er einem Impuls folgend, Hester aufzusuchen. Er suchte nicht nach einem Grund. Es gab keinen. Er hatte ihr nichts zu sagen, es gab nichts, worüber sie hätten reden können. Er wußte nur deshalb, wo sie war, weil Evan es ihm erzählt hatte. Evan hatte auch den Namen Duff und die Ebury Street erwähnt. Mit diesen Informationen war es nicht weiter schwierig für Monk, das richtige Haus zu finden.
Er erklärte dem Mädchen, das die Tür öffnete, daß er mit Miss Latterly bekannt sei und ob er sie vielleicht sprechen könne, falls sie ein paar Minuten erübrigen konnte. Die Antwort, die von Mrs. Sylvestra Duff kam, war überaus großzügig. Sie werde heute abend selbst zu Hause sein, und wenn Miss Latterly dies wünschte, könne sie den ganzen Abend freihaben. Sie habe in der letzten Zeit außerordentlich hart gearbeitet und sich ein wenig Erholung und einen Tapetenwechsel reichlich verdient.
Monk dankte ihr mit einem Gefühl, das der Bestürzung recht nahekam. Es schien, als hätte Mrs. Duff mehr in die Beziehung hineingedeutet, als die Tatsachen es rechtfertigten. Monk wollte nicht den ganzen Abend mit Hester verbringen. Er hatte ihr nichts zu sagen. Tatsächlich war er sich jetzt gar nicht mehr sicher, ob er Hester überhaupt sehen wollte. Andererseits konnte er das jetzt unmöglich sagen, ohne sich lächerlich zu machen oder als kompletter Feigling dazustehen. Man würde ein solches Benehmen auf verschiedenste Weise interpretieren können, und keine dieser Möglichkeiten würde ihm zum Vorteil gereichen.
Es schien eine Ewigkeit zu vergehen, bis Hester endlich kam. Vielleicht hatte auch sie nicht den Wunsch, ihn zu sehen? Warum nicht? Hatte sie irgend etwas gekränkt? Sie war in letzter Zeit tatsächlich ein wenig schroff gewesen. Er dachte an ihre gereizten Bemerkungen über sein Benehmen während des Verleumdungsfalles, vor allem, was seine Reise auf den Kontinent betraf. Es schien, als sei sie eifersüchtig auf Evelyn von Seidlitz gewesen, was idiotisch war. Seine vorübergehende Faszination für Evelyn hatte keinerlei Auswirkungen auf ihre Freundschaft, es sei denn, Hester führte sie herbei.
Während er wartete, ging er im Empfangssalon auf und ab, neun Schritte in die eine Richtung, neun Schritte zurück.
Aus der Halle kam ein leises Geräusch.
Er fuhr zur Tür herum, gerade in dem Augenblick, in dem sie eintrat. Hester trug ein dunkelgraues Kleid mit einem weißen Spitzenkragen. Sie sah sehr hübsch aus, sehr feminin, als habe sie sich eigens für diese Gelegenheit besondere Mühe gegeben. Er spürte, wie eine Welle der Panik ihn durchwogte. Dies war kein Gesellschaftsbesuch und hatte gewiß nichts mit Romantik zu tun! Was um alles in der Welt hatte Mrs. Duff ihr erzählt?
»Ich bin nur auf einen Sprung vorbeigekommen!« sagte er hastig. »Ich wollte Sie nicht bei der Arbeit stören! Wie geht es Ihnen?«
Die Röte glühte auf ihren Wangen.
»Recht gut, vielen Dank«, erwiderte sie sarkastisch. »Und Ihnen?«
»Müde. Ich verfolge zur Zeit einen erschöpfenden und ziemlich hoffnungslosen Fall«, antwortete er. »Es wird schwierig werden, die Schuldigen zu finden, und noch schwieriger, das Verbrechen zu beweisen. Und selbst wenn ich Erfolg haben sollte, bin ich nicht sehr zuversichtlich, daß das Gesetz zur Anklage schreiten wird. Störe ich Sie bei irgend etwas?«
Sie schloß die Tür und lehnte sich gegen die Klinke.
»Wenn es so wäre, wäre ich nicht heruntergekommen. Das Mädchen ist durchaus in der Lage, mir eine Nachricht zu überbringen.«
Hester mochte weniger nüchtern aussehen als gewöhnlich, aber sie besaß keinen Funken weiblichen Charme. Keine
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