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Stilles Echo

Stilles Echo

Titel: Stilles Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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andere Frau hätte so mit ihm gesprochen.
    »Freundlichkeit ist wirklich und wahrhaftig ein Fremdwort für Sie, nicht wahr?« fragte er mit unverhohlener Kritik.
    Ihre Augen weiteten sich. »Sind Sie deshalb hierhergekommen? Damit jemand freundlich zu Ihnen ist?«
    »Dann hätte ich mich kaum an Sie gewandt, oder?«
    Hester ignorierte das. »Was hätten Sie denn gern von mir gehört? Daß ich festes Vertrauen darauf habe, daß Sie wissen, was Sie tun, und daß Ihre Fähigkeiten am Ende triumphieren werden? Daß der Kampf um eine gerechte Sache immer ein guter ist, ob man ihn nun gewinnt oder verliert?« Sie zog die Augenbrauen hoch. »Die Ehre liegt in der Schlacht, nicht im Sieg? Ich bin kein Soldat. Ich habe zu viele Opfer schlecht geplanter Schlachten gesehen, und ich kenne den Preis einer Niederlage.«
    »Ja, wir alle wissen, daß Sie den Krieg besser geführt hätten als Lord Raglan«, fuhr er sie an. »Wenn das Kriegsministerium nur die Vernunft besessen hätte, Sie statt seiner mit dem Kommando zu betrauen!«
    »Wenn sie willkürlich jemanden von der Straße geholt hätten, hätten sie einen besseren Mann für diesen Posten gehabt«, gab sie zurück. Dann wurde ihr Gesicht ein wenig weicher. »Was ist das für eine Schlacht, die Sie führen?«
    »Das würde ich Ihnen lieber an einem etwas behaglicheren Ort erzählen, wo wir ein wenig ungestörter wären«, erwiderte er.
    »Hätten Sie Lust, mit mir zu Abend zu essen?«
    Wenn seine Einladung eine Überraschung für sie war, verbarg sie es sehr gut. Allzugut! Vielleicht hatte sie genau das erwartet. Gewiß war es nicht das, was er zu sagen beabsichtigt hatte! Aber wenn er jetzt einen Rückzieher machte, würde es die Dinge nur verschlimmern. Monk konnte nicht einmal vorgeben, er glaube, sie sei zu beschäftigt, denn Mrs. Duff hatte ihr für den Abend freigegeben.
    »Danke, gern«, sagte sie mit einem Selbstbewußtsein, das er nicht erwartet hatte. Eine Einladung schien sie nicht im mindesten aus dem Gleichgewicht zu bringen. Sie drehte sich um und öffnete die Tür, um in den Flur voranzugehen. Dort bat sie den Lakaien um ihren Mantel, dann traten sie und Monk in den bitterkalten Abend heraus. Wieder lag dichter Nebel in der Luft, und die Straßenlaternen waren verschwommene Monde, die von eisigem Nieselregen umringt waren wie von einem Heiligenschein.
    Sie brauchten knapp zehn Minuten, um einen Hansom zu finden. Monk erklärte dem Kutscher den Weg zu einem Gasthaus, das er recht gut kannte. Er wollte Hester nicht in ein teures Lokal ausführen, falls sie seine Absichten mißverstand, aber wenn er sie in eine billige Schenke einlud, würde sie denken, er könne sich nichts Besseres leisten und sich möglicherweise erbieten, selbst zu zahlen.
    »Also, was ist Ihre Schlacht?« wiederholte sie, als sie Seite an Seite in der Kälte saßen und die Droschke sich mit einem Ruck in Bewegung setzte.
    »Am Anfang ging es einfach nur um einige Frauen in Seven Dials, die um ihren Lohn betrogen wurden«, antwortete er.
    »Zuerst war es nicht mehr als eine Prostituierte, deren Dienste in Anspruch genommen wurden, ohne daß der Betreffende hinterher zahlte.«
    »Haben sie keine Zuhälter und Bordellwirtinnen, die ihnen helfen, so etwas zu verhindern?« erkundigte sie sich.
    Monk zuckte leicht zusammen, aber andererseits hätte er wohl damit rechnen müssen, daß Hester von solchen Dingen wußte. Es gab viele Wahrheiten, vor denen sie kaum abgeschirmt worden war.
    »Diese Frauen waren nicht organisiert«, erklärte er. »Es sind überwiegend Fabrikarbeiterinnen betroffen, die tagsüber ihrer Arbeit nachgehen und ab und zu ein klein wenig mehr Geld brauchen.«
    »Ich verstehe.«
    »Dann wurden sie vergewaltigt. Mittlerweile ist die Sache ausgeufert, und sie werden geschlagen. Mit zunehmender Brutalität.«
    Hester sagte nichts.
    Monk sah sie von der Seite an. Als sie dicht an einer anderen Kutsche vorbeikamen, fiel das Licht der Droschkenlampen auf Hesters Gesicht. Er sah das Mitleid und den Zorn darin, und plötzlich löste seine Einsamkeit sich auf. All die Stunden des Grolls, des Ärgers und der bitteren Selbstbehauptung schoben sich ineinander, verschmolzen zu den Kämpfen, die sie miteinander geteilt hatten, bis sie schließlich verschwanden und nichts als Verständnis zurückließen. Er fuhr fort, Hester von seinen Bemühungen zu erzählen, Tatsachen über diese Männer zusammenzutragen. Er berichtete von seinen Gesprächen mit Droschkenfahrern und Straßenhändlern, um

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