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Stilles Echo

Stilles Echo

Titel: Stilles Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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rekrutiert. Wenn sie kein Land haben, können sie nicht Geschworener sein! Es sind alles Männer. Können Sie sich vorstellen, daß irgendein Schwurgericht des Landes einen Mann aus den eigenen Reihen dafür verurteilt, daß er einige Prostituierte aus Seven Dials vergewaltigt hat? Sie würden die Frauen einem schrecklichen Martyrium aussetzen – für nichts und wieder nichts.« Monk antwortete nicht.
    »Finden Sie heraus, wer die Männer sind, wenn Sie das können. Unbedingt«, fuhr Runcorn fort. »Und sagen Sie es Ihrer Klientin. Aber wenn sie die Männer aus dem Bezirk dazu aufwiegelt, die Verantwortlichen anzugreifen oder sogar zu töten, dann werden wir einschreiten. Mord ist eine andere Sache. Wir werden Nachforschungen anstellen, bis wir die Schuldigen gefunden haben. Ist es das, was Sie wollen?«
    Runcorn hatte recht. Er erstickte beinahe an der Notwendigkeit, das zugeben zu müssen.
    »Ich werde herausfinden, wer diese Männer sind«, sagte Monk beinahe unhörbar. »Und ich werde es beweisen. Aber nicht Vida Hopgood und auch nicht Ihnen! Ich werde es Ihrer eigenen verfluchten Gesellschaft beweisen! Ich werde Sie ruinieren!« Und mit diesen Worten drehte er sich auf dem Absatz um und ging zur Tür hinaus.
    Es war dunkel draußen, und es schneite, aber er bemerkte es kaum. Sein Zorn loderte zu heiß, als daß bloßer Eiswind ihn hätte mäßigen können.

7
    Rhys machte nur sehr langsam Fortschritte. Dr. Wade zeigte sich jedoch zufrieden damit, wie seine äußeren Wunden verheilten. Als er auf Rhys’ Zimmer kam, sah er ernst aus, schien aber nicht besorgter zu sein als beim Eintritt ins Krankenzimmer. Wie immer hatte er es vorgezogen, Rhys allein zu untersuchen, eingedenk der natürlichen Scham des jungen Mannes. Hester war für Rhys als Krankenschwester nicht so unpersönlich, wie sie es für die Männer in den Hospitälern auf der Krim gewesen war. Dort hatte es so viele von ihnen gegeben, daß sie keine Zeit gehabt hatte, sich mit einem einzelnen anzufreunden, es sei denn in kurzen Augenblicken extremer Situationen. Für Rhys war sie weit mehr als einfach irgend jemand, der sich um seine körperlichen Bedürfnisse kümmerte. Sie verbrachten viele Stunden miteinander, sie redete mit ihm, las ihm vor, manchmal lachten sie miteinander. Hester kannte seine Familie und seine Freunde, wie Arthur Kynaston und jetzt auch dessen Bruder Duke, einen jungen Mann, den sie weniger sympathisch fand, auch wenn sie ihn nur von ferne gesehen hatte.
    »Zufriedenstellend, Miss Latterly«, sagte Wade mit dem Anflug eines Lächelns. »Er scheint gut auf meine Behandlung anzusprechen, obwohl ich keine falschen Hoffnungen wecken möchte. Von Genesung kann gewiß noch keine Rede sein. Sie müssen immer noch all Ihre Fähigkeiten einsetzen, um ihn zu pflegen.«
    Wade zog die Brauen zusammen und sah Hester forschend an.
    »Ich kann gar nicht genug betonen, wie wichtig es ist, daß er nicht aufgeregt wird, daß man ihm keinen Grund zu Nervosität, Angst oder anderen Beunruhigungen gibt. Sie dürfen diesem jungen Polizisten und auch keinem anderen erlauben, Rhys zu dem Versuch zu zwingen, sich an die Nacht seiner Verletzung zu erinnern. Ich hoffe, Sie verstehen das? Ich denke schon. Ich habe das Gefühl, daß Sie sich seiner furchtbaren Lage voll bewußt sind und alles tun würden, um ihn zu schützen, sogar wenn Sie sich selbst damit in Gefahr brächten.« Er wirkte plötzlich ein klein wenig verlegen, und eine leichte Röte stahl sich in seine Wangen. »Ich habe eine sehr hohe Meinung von Ihnen, Miss Latterly.«
    Ein Gefühl der Wärme stieg in ihr auf. Das einfache Kompliment von einem Kollegen, vor dem sie größten Respekt hatte, war weit wertvoller als die überschwenglichsten Lobreden eines Menschen, der gar nicht genau wußte, was das eigentlich bedeutete.
    »Ich danke Ihnen, Dr. Wade«, sagte sie ruhig. »Ich werde mich bemühen, Ihnen keinen Grund zu geben, jemals anders von mir zu denken.«
    Er lächelte, als hätte er einen Augenblick lang den Schmerz und das Unglück vergessen, die sie zusammengeführt hatten.
    »Ich habe nicht den geringsten Zweifel an Ihnen«, erwiderte er, bevor er sich mit einer angedeuteten Verbeugung von ihr verabschiedete und an ihr vorbei die Treppe hinunterging, wo Sylvestra ihn wahrscheinlich im Salon erwartete.
    Am frühen Nachmittag wollte Hester kleine häusliche Arbeiten erledigen, Flecken aus Rhys’ Nachthemd herauswaschen, wo einer seiner Verbände verrutscht war und Blut aus der noch

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