Stimmen aus dem Nichts
außergewöhnliche Maßnahmen«, untermauerte Justus seinen Plan und fügte hinzu: »Wenn uns Mrs Holligan trotz allem eine zweite Abfuhr erteilt, lassen wir die Finger von diesem Fall. Das verspreche ich euch. Dann haben wir und sie eben Pech gehabt. Aber wir werden uns dieses Mal keinen Korb holen. Da bin ich mir sicher.«
»Und woher nimmst du diese Gewissheit?« Peter sah Justus fragend an.
»Im Gegensatz zur Mrs Holligan vertraue ich meiner inneren Stimme.«
»Einverstanden, Chef. Du kannst auf mich zählen!« Voller Tatendrang griff Bob nach seiner Jacke und warf Peter einen aufmunternden Blick zu. »Demokratisch ist die Sache geklärt. Ich schlage vor, wir machen uns gleich auf den Weg, um dieser undurchsichtigen Therapiegeschichte auf den Zahn zu fühlen. Sollten wir in diesem Fall tatsächlich vorankommen, spekuliere ich allen Ernstes auf einen Doktortitel in Psychotherapie!«
»Ich wäre dabei«, witzelte Peter. »Unser Firmenlogo könnten wir somit auch gleich übernehmen und mit einem großen Schild an unsere Praxis hängen. Denn was liegt schließlich näher, als das unerforschte Gebiet der ›Psychologie‹ mit drei Fragezeichen zu versehen?«
Mrs Holligans Haus schien an diesem sonnigen Vormittag längst nicht mehr so düster und Unheil verkündend wie am wolkenverhangenen Vortag. Justus keuchte und schwitzte. Peter und Bob hatten ihn – ebenfalls demokratisch – überstimmt, die weite Strecke von Rocky Beach nach Malibu mit den Fahrrädern zurückzulegen. Nun waren sie endlich am Ziel angelangt und ketteten ihre Bikes auf dem staubigen Vorplatz an den Zaun.
Wie am Tag zuvor betraten die drei Detektive die Veranda und Justus klopfte an die Fensterscheibe der Haustür. Einige Sekunden verstrichen. Dann vernahmen die drei die gewohnten Schritte, die sich der Tür näherten. Der Schlüssel wurde im Schloss herumgedreht und Mrs Holligan öffnete die Tür. Ein kurzer Blick in ihre Augen signalisierte dem Ersten Detektiv sofort, dass die alte Dame noch immer nicht bereit war die drei ??? willkommen zu heißen. Abweisend verschränkte sie ihre Arme und sah zu Boden.
Justus setzte sein optimistischstes Lächeln ein. »Mrs Holligan«, begann er, »ich weiß, dass Sie Ihre Ruhe haben wollen. Und uns liegt nichts ferner, als diesen Wunsch zu ignorieren. Aber ich habe gestern die halbe Nacht wach gelegen und mich mit einer Frage beschäftigt, die nur Sie mir beantworten können.«
»Und die wäre?« Nun blickte die alte Dame hoch und sah Justus neugierig an.
»Ich habe sämtliche Freunde gefragt und etliche Lexika studiert, bin dabei jedoch nicht fündig geworden. Das Wort, mit dem Sie uns gestern konfrontierten, ist mir absolut fremd und ich wüsste von Ihnen gerne die Bedeutung.« Innerlich war Justus gespannt wie ein Regenschirm.
»Von welchem Wort sprichst du?« Mrs Holligan rückte ihre Brille zurecht.
»Von der Salamitaktik. Wir drei wissen zwar Bescheid, wenn es darum geht, den Begriff ›Salami‹ festzumachen. Doch in welchem Sinne versteckt sich die Taktik hinter einer Wurst?«
Peter und Bob hatten Mühe ein Grinsen zu verkneifen. Ihnen kam Justus’ Frage ziemlich merkwürdig vor. Die alte Dame schien sich jedoch viel mehr darüber zu wundern, dass ihnen die Bezeichnung nicht geläufig war.
»Habt ihr drei schon mal was von ›Privatsphäre‹ gehört?« Mrs Holligan wartete die Antwort wie üblich gar nicht ab, sondern beantwortete ihre Frage selbst. »Vermutlich nicht, denn sonst wäre euch die Sache mit der Salamitaktik sicherlich geläufig.«
»Könnten Sie uns das vielleicht etwas genauer erklären?«, fragte Bob vorsichtig.
Für einen kurzen Moment huschte ein Lächeln über ihr Gesicht, während ihre Augen Justus’ füllige Statur musterten. »Stell dir vor, du hast dir vorgenommen abzunehmen. Du öffnest den Kühlschrank und greifst dir eine verlockend aussehende Salami. Natürlich bist du dir im Klaren darüber, dass du eigentlich nichts davon essen dürftest. Es stünde im Widerspruch zu deiner Diät. Du schneidest dir aber trotzdem eine dünne Scheibe ab, weil du denkst, einmal ist keinmal. Dieses Spielchen treibst du weiter, bis du die Salami schließlich vollständig weggeputzt hast, obwohl du ja eigentlich eiserne Disziplin wahren wolltest. Und genauso verhältst du dich mir gegenüber. Ich habe euch darum gebeten, mich in Ruhe zu lassen. Und trotzdem versucht ihr, Informationen aus mir herauszuholen, die ihr Scheibchen für Scheibchen von mir abschneidet, obwohl ich es
Weitere Kostenlose Bücher