Stimmen aus dem Nichts
fest, dass Wohnsitz und Kanzlei identisch waren. Er markierte die Daten, warf den Drucker an und sah seine Freunde prüfend an. »Mrs Holligan hat uns vorhin erzählt, dass der Notar zu ihr ins Haus gekommen ist, um das Testament mit ihr gemeinsam aufzusetzen. Außerdem erwähnte sie, dass sie keine Freunde mehr hat und nur noch äußerst selten Besuch empfängt, richtig?« Wieder machte Justus eine theatralische Pause. »Was sagt uns das?«
»Mir zumindest nicht viel«, musste Peter offen gestehen.
»Aber mir! Natürlich!« Bobs Augen begannen zu leuchten. »Nach der peniblen Ordnung, die Mrs Holligan in ihrem Haus hält, hätte es die alte Dame bestimmt sofort bemerkt, wenn ein Fremder während ihrer Abwesenheit, nach der Kopie gesucht hätte. Es sei denn. . .«
»Es sei denn«, ergänzte Justus, »der Unbekannte wusste, wo er zu suchen hatte. Und dieser Jemand kann nur der Notar gewesen sein, der sich, nachdem er das Testament beglaubigt und besiegelt hat, bestimmt noch einen Tee von Mrs Holligan servieren ließ und genau beobachten konnte, an welcher Stelle in ihrem Schreibtisch sie das Schriftstück verwahrt hat.«
»Oder er hat einen Komplizen damit beauftragt«, überlegte Bob.
»Das mag schon sein.« Der Erste Detektiv rutschte mit der Mouse auf dem Pad hin und her und klickte den Buchstaben ›F‹ an. »Auf jeden Fall können wir mit Gewissheit davon ausgehen, dass die Terroranschläge und der Diebstahl des Testaments auf ein und dasselbe Konto gehen. Einen zweiten Sicherheitsschlüssel herstellen zu lassen ist zwar für einen Außenstehenden nicht unmöglich, aber mit gehörigem Aufwand verbunden. Ich frage mich nur, wann derjenige die Gelegenheit dazu hatte, Mrs Holligan den Schlüssel unbemerkt zu entwenden und –« Justus brach ab und wurde bleich im Gesicht, während sein Herz vor Aufregung zu pochen begann.
»Was ist los, Erster?«, fragte Peter. »Warum sprichst du nicht weiter?«
Mit offenem Mund starrte Justus auf den Bildschirm und traute seinen Augen nicht. Aus reiner Neugierde hatte er die Daten von ›Dr. Clarissa Franklin‹ aufgerufen, die neben ihrem Praxis-Eintrag auch mit ihrer Privatadresse vermerkt war. »Kollegen, seht ihr auch, was ich sehe?«
»Also doch«, gab Peter betroffen von sich. »Mrs Holligans engste Vertraute in Sachen ›Seelenangelegenheiten‹ wohnt mit unserem Verdächtigen Nummer vier, Jack Cliffwater, unter einem Dach. Blomingdale Road – Hausnummer eins. Ich will ja nicht indiskret sein, aber ich glaube, man könnte es noch genauer ausrücken: Jack Cliffwater und Clarissa Franklin stecken unter einer Decke!«
»Du hast es erfasst, Peter.« Justus markierte die Daten und ließ sie ebenfalls ausdrucken. Als er nach wenigen Sekunden die beiden Zettel in seiner Hand hielt, reichte er einen davon an Bob und griff zielstrebig nach dem Telefon. »Jetzt bin ich doch mal gespannt, wer sich unter dem Telefonanschluss in der Blomingdale Road Nr. 1 meldet.« Er schaltete den Verstärker ein und wählte die Nummer, die bei beiden Personen identisch angegeben war. Zuerst tutete es. Dann war ein Knacken zu hören und der Anrufbeantworter sprang an. Die männliche Stimme klang monoton. »Hier ist der automatische Anrufbeantworter der Kanzlei Cliffwater«, drang es dumpf aus dem Lautsprecher. »Ich bin zur Zeit außer Haus und komme erst Freitag Abend wieder. Seien Sie so freundlich und hinterlassen Sie mir nach dem Signalton Ihre Nachricht oder probieren Sie es einfach später noch mal.« Noch bevor der Signalton ertönte, legte Justus wieder auf.
»Was machen wir denn jetzt?«, fragte Bob verunsichert und dachte mit mulmigen Gefühlen an sein Gespräch mit Dr. Franklin. »Glaubt ihr wirklich, dass die beiden hinter diesen Aktionen stecken?«
»Das wird sich übermorgen zeigen. Spätestens dann haben wir Gewissheit«, gab Justus im Brustton der Überzeugung von sich.
»Übermorgen?«, fragte Bob. »Wieso gerade übermorgen?«
»Falls du es schon vergessen haben solltest: Du hast in zwei Tagen eine Hypnosesitzung bei deiner Gesprächstherapeutin, die du bitte für mindestens eine Stunde mit deinen Problemen ablenken wirst.«
Bob stand auf der Leitung. »Ablenken? Aber wovon?«
»Mann, Bob – wach doch auf! Deine Hypnose ist erst übermorgen!« Selbst Peter ahnte, worauf der Erste Detektiv hinauswollte. »Während du dich bei Dr. Franklin auf die Couch packst, machen sich Just und ich, mit einem Dietrich bestückt, auf den Weg in die Blomingdale Road. Einen
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