Stimmen aus dem Nichts
das Motiv lässt sich nur aus einer Sache ersehen. Womit ich schon zur eigentlichen Frage kommen würde.«
»Da bin ich aber mal gespannt.« Mrs Holligan stellte ihren Becher ab und setzte die Brille auf ihre Nase. Sie war unsagbar nervös, stand auf und lief nun unruhig im Wohnzimmer auf und ab. »Also, ich höre.«
Der Erste Detektiv kam ohne große Umschweife zur Sache. »Wir würden gerne Ihr Testament einsehen, in dem sicherlich festgehalten wurde, auf welchem Weg ihr gesamtes Vermögen der Tumorstiftung vermacht wird.«
»Wozu?«
»Weil mich der Verdacht beschleicht, dass da etwas nicht mit rechten Dingen zugeht.« Justus blickte der alten Dame direkt in die Augen. »Ich zerbreche mir schon seit Tagen den Kopf darüber, was der Unbekannte mit seinen Terroranschlägen überhaupt bewirken will. Der Schluss, zu dem wir gelangt sind, klingt recht unerfreulich.«
Mrs Holligan schwieg und zeigte keine äußerliche Regung.
»Sie sind nicht mehr die Jüngste, Madam, und Sie haben ein schwaches Herz.« Justus schluckte. »Wir alle wünschen Ihnen ein langes Leben. Doch ich glaube, dass es unserem Unbekannten genau darum geht, dem ein schnelles Ende zu bereiten. Und gerade hier liegt der Hund begraben. Da hat es jemand auf ihre Hinterlassenschaft abgesehen und deshalb den Spuk mit ihrer verstorbenen Schwester inszeniert. Alles wurde bis ins kleinste Detail vorbereitet. Derjenige, der dahinter steckt, muss sich seiner Sache hundertprozentig sicher sein.«
»Hundertprozentig sicher, ihr Vermögen kassieren zu können, sobald Sie unter der Erde liegen«, schloss sich Bob an.
»Das ist schlichtweg unmöglich!« Mrs Holligan rang nach Luft. »Die Firma, dieses Grundstück und mein gesamtes Sparguthaben ist ausschließlich für die Stiftung vorgesehen. Das kann ich euch schwarz auf weiß bestätigen!«
»Darum geht es eben, Madam.« Justus blieb hartnäckig. »Diese Klausel würden wir gerne lesen.«
»Also schön.« Die alte Dame willigte ein. »Doch nicht, ehe ihr mir die zwei anderen Verdächtigen genannt habt. Über Richard werde ich jedoch kein Wort mehr verlieren. Für ihn lege ich meine Hand ins Feuer!«
»Und wie sieht es mit Ihrem Sohn aus?«, fragte Peter unvermittelt.
Ein Zucken fuhr durch Mrs Holligans Gesicht. Dann herrschte für einige Sekunden Grabesstille. Nur das Ticken der alten Wanduhr war zu hören.
Mrs Holligan schlurfte zum Tisch, setzte sich auf ihren Stuhl und goss sich noch etwas Tee in den Becher. »Das war nicht fair, junger Mann«, gab sie leise von sich. »Und äußerst taktlos. Die Zeiten waren damals anders als heute.«
Die drei ??? waren peinlich berührt, diese private Angelegenheit zur Sprache gebracht zu haben. Doch wenn der Spuk endlich ein Ende haben sollte, mussten sie sich absolute Gewissheit verschaffen.
»Ein uneheliches Kind galt damals als große Schande«, erklärte die alte Dame. »Zumal der Vater sich kurz vor der Geburt aus dem Staub gemacht hat. Ich war 19 Jahre alt und schrecklich naiv. Ich bildete mir tatsächlich ein, dass der Mann mich heiraten und mit mir eine Familie gründen wollte. Doch der Traum zerplatzte wie eine Seifenblase und meine Eltern drängten mit Nachdruck darauf, mein Kind zur Adoption freizugeben. Nun ja. . . sie setzten sich schließlich auch durch. Das Ganze ist nun 54 Jahre her und seither ist in meinem Leben kein Tag vergangen, in dem ich diese Tat nicht bereut habe. Das schwöre ich.«
»Und seitdem haben Sie nie wieder etwas von ihrem Sohn gehört?«, erkundigte sich Bob.
»Nie wieder. Bis dieser Brief vorgestern eintraf.«
»Trotzdem ist und bleibt es eigenartig, dass sie nach 54 Jahren, genau zum Zeitpunkt der Terroranschläge ein Lebenszeichen von ihm bekommen.« Justus blickte sie an. »Macht Sie das nicht stutzig?«
»Ein Zufall«, kommentierte Mrs Holligan. »Einen direkten Zusammenhang sehe ich da nicht. Sagt mir lieber, wer der Dritte auf eurer Liste ist.«
»Dr. Franklin«, bemerkte Justus trocken und erntete sogleich Empörung.
»Ich kann euch wirklich nicht mehr ernst nehmen.« Die alte Dame schüttelte verständnislos den Kopf. »Wenn ich euch so reden höre, kann ich zu eurer Entschuldigung nur vorbringen, dass ihr noch recht jung und unerfahren seid. Ihr verdächtigt wirklich Dr. Franklin? Das ist doch lächerlich!«
»Und wieso?« Bob rückte seine Brille zurecht.
»Weil sich die Dame für weitaus wichtigere Dinge interessiert als Geld. Darum!«
»Woraus schließen Sie das?«
»Ein Mensch, der sich unentgeltlich
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