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Stimmen der Angst

Stimmen der Angst

Titel: Stimmen der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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war aber so vollgepumpt mit Speed, dass er mich nicht getroffen hat. Ich habe ihm beide Arme gebrochen, ihn in sein Auto verfrachtet und das Auto eine Böschung runtergekippt. Dann habe ich die Polizei gerufen, behauptet, ich wäre er, und um Hilfe geschrien. In dem Auto haben sie Geld aus seinen schmutzigen Geschäften und Drogen gefunden. Sie haben ihm die Arme wieder gerichtet und ihn dann für zehn Jahre in den Knast gesteckt.«
    »Und das alles wegen einer Katze?«, fragte Dusty leicht irritiert.
    »Mrs. Jingles war eine sehr nette Katze. Und außerdem hat sie meiner Mutter gehört.«
    »Ich habe das Gefühl, Valet ist in guten Händen«, sagte Martie.
    Ned lächelte. »Ich passe schon auf, dass eurem Hündchen nichts passiert.«
    *
    Nur noch ein paar Straßenzüge von Susans Haus auf der Halbinsel entfernt, befuhren sie den Balboa Boulevard, und Martie blätterte dabei durch einen der Haiku-Bände. Auf einmal sog sie scharf die Luft ein, ließ das Buch fallen und krümmte sich wie unter heftigen Schmerzen zusammen. »Fahr rechts ran. Fahr sofort rechts ran, schnell, beeil dich!«
    Keine Schmerzen, sondern Angst. Dass sie das Steuer herumreißen und den Wagen in den Gegenverkehr lenken würde. Der alte Die-Bestie-lauert-in-mir-Blues, den sie nun schon langsam kannte.
    Im Sommer, wenn es am Strand von Menschen wimmelte, hätte Dusty wahrscheinlich eine einstündige Panikattacke durchstehen müssen, um einen Parkplatz zu finden. Im Januar konnte man ohne Umstände an den Rand fahren und dort anhalten.
    Auf dem Bürgersteig fegten ein paar Teenies auf Inlineskates vorbei und hielten dabei wohl Ausschau nach älteren Mitbürgern, die sie ins Pflegeheim katapultieren konnten. Auf der linken Seite passierten den Wagen keuchende Radfahrer, die offensichtlich den Tod im Straßenverkehr suchten.
    Kein Mensch schien sich für Dusty und Martie zu interessieren. Das konnte sich allerdings schnell ändern, wenn sie wieder zu schreien begann.
    Dusty überlegte, wie er sie daran hindern sollte, ihren Kopf gegen das Armaturenbrett zu schlagen wie beim letzten derartigen Anfall. Egal, wie er es anstellte, es war immer riskant. Sie würde sich in ihrer Panik gegen seine Berührung sträuben, sie würde versuchen, sich loszureißen, und er würde ihr zwangsläufig wehtun.
    »Ich liebe dich«, sagte er hilflos.
    Dann begann er auf sie einzureden, einfach ganz ruhig zu reden, während sie den Oberkörper vor und zurück wiegte, nach Luft schnappte und stöhnte, als hätten die Wehen eingesetzt, mit denen ihre Panik sich ans Licht der Welt zwängen wollte. Er versuchte nicht, vernünftig mit ihr zu reden oder sie mit schmeichelnden Worten zu beschwichtigen, weil sie ohnehin wusste, wie irrational ihre Angst war. Stattdessen sprach er von ihrer ersten Verabredung.
    Es war die reinste Katastrophe gewesen. Er hatte ihr in höchsten Tönen von dem Restaurant vorgeschwärmt, aber in den sechs Wochen, seitdem er das letzte Mal dort gewesen war, hatte leider der Besitzer gewechselt. Der neue Küchenchef hatte seine Ausbildung offensichtlich im ländlich isländischen Institut für gehobene Kochkünste absolviert, denn das Essen war kalt, und sämtliche Speisen hatten einen zarten Beigeschmack nach Vulkanasche. Der Hilfskellner kippte Dusty ein Glas Wasser über, Dusty kippte Martie ein Glas Wasser über, und der Oberkellner begoss sich selbst mit einem Schälchen Sahnesoße. Das Feuer, das während ihres Nachtischs in der Küche ausbrach, war zwar so klein, dass es ohne Hilfe der Feuerwehr gelöscht werden konnte, aber doch groß genug, dass ein Hilfskellner, ein Kellner, der Oberkellner und der zweite Koch (ein imposanter samoanischer Gentleman) mit je einem Feuerlöscher gegen die Flammen ankämpfen mussten – obwohl vielleicht letztlich nur deshalb ein solches Meer von Löschschaum vonnöten war, weil sich die vier tapferen Herren häufiger gegenseitig damit trafen als den Brandherd. Nach diesem Restaurantbesuch waren sie völlig ausgehungert und nahmen in ihrer Verzweiflung ein Ersatzabendessen in einem Café ein. Dort brachen sie so hemmungslos in Lachen aus, dass sie sich für immer miteinander verbunden fühlten.
    Jetzt lachte keiner von beiden, aber ihre Verbundenheit war stärker denn je. Ob es an Dustys ruhigen Worten, an den Nachwirkungen des Valiums oder an Dr. Ahrimans Einfluss lag, jedenfalls wuchs sich Marties Anfall nicht zu einer vollen Panikattacke aus. Nach wenigen Minuten ließ ihre Angst bereits nach, und sie richtete

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