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Stimmen der Angst

Stimmen der Angst

Titel: Stimmen der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Eriador durch die Territorien von Rohan und Gondor in das dunkle Reich Mordor zu führen – sofern ihr das Leben je wieder Gelegenheit gab, in die Normalität der Tolkienschen Anderwelt zurückzukehren.
    An das Telefon war ein Anrufbeantworter angeschlossen, den sie schon benutzte, seit sie mit dem College fertig war. Im Zeitalter der allgegenwärtigen Elektronikgeräte war er schon nicht mehr als alt, sondern eher als museumsreif zu bezeichnen. Der Anzeige zufolge waren fünf Anrufe auf Band gespeichert.
    Martie blieb in sicherer Entfernung vom Schreibtisch an der Tür stehen, als könnte der räumliche Abstand die seelische Erschütterung dämpfen, die Susans Stimme unweigerlich bei ihr auslösen musste.
    Auch in diesem Raum hatte Valet ein Lammfellkissen, aber er blieb an Marties Seite, als wusste er instinktiv, dass sie Trost brauchen würde.
    Dusty drückte auf Wiedergabe . Das Band spulte zurück, dann wurde der gespeicherte Text abgespielt.
    Die erste Nachricht war die, die Dusty am Abend zuvor vom Parkplatz des New Life aus auf Band gesprochen hatte.
    »Scarlett, ich bin’s, Rhett. Ich wollte dir nur sagen, dass du mir keineswegs gleichgültig bist …«
    Als Zweites war ein Anruf von Susan gespeichert, der gekommen sein musste, nachdem Martie unter der Wirkung ihrer Erschöpfung und des Whiskys zum ersten Mal eingeschlafen war, aber noch bevor sie aus einem Albtraum erwacht war und die Schlaftabletten aus dem Arzneischrank geholt hatte.
    »Was ist los? Alles in Ordnung bei dir? Glaubst du, dass ich verrückt bin? Wenn ja, macht mir das nichts aus. Ruf mich an!«
    Martie war, wie von der Stimme ihrer toten Freundin getrieben, zwei Schritte in den Flur zurückgewichen. Ihr Gesicht war wachsbleich, aber die Hände, die sie vor die Augen geschlagen hatte, waren noch weißer.
    Valet sah mit aufmerksam zuckenden Ohren und schief gelegtem Kopf zu ihr hoch, als könnte ein treuer Hundeblick jeden Kummer vertreiben.
    Auch die dritte Nachricht war von Susan, empfangen morgens um drei Uhr zwanzig; der Anruf musste gekommen sein, als Dusty sich im Badezimmer die Hände gewaschen und Martie nach der Einnahme der Schlaftabletten wie ein Stein geschlafen hatte.
    »Martie, ich bin’s. Bist du da?«
    Dann folgte eine kurze Pause, in der Susan wohl darauf gewartet hatte, dass jemand den Hörer abnahm. Martie stöhnte auf und sagte in reuevollem, verbittertem Ton: »Ja.« Die ganze Bedeutung trat in diesem einen Wort zutage: Ja, ich war da; ja, ich hätte dir vielleicht helfen können; ja, ich habe dich im Stich gelassen.
    »Hör zu, wenn du da bist, geh um Gottes willen dran!«
    In der Pause, die darauf folgte, ließ Martie die Hände vom Gesicht sinken und starrte den Anrufbeantworter angstvoll an.
    Dusty wusste, was sie zu hören erwartete, denn er war auf dasselbe gefasst. Die verzweifelten Worte eines zum Selbstmord entschlossenen Menschen. Einen Hilfeschrei, eine Bitte um den Rat einer Freundin, ein Flehen um Trost.
    »Es ist nicht Eric, Martie. Es ist Ahriman. Es ist Ahriman. Ich hab das Schwein auf Video. Dieser Schweinehund – nach dem tollen Geschäft, das er mit seinem Haus gemacht hat. Martie, bitte, bitte, ruf mich an! Ich brauche dich.«
    Bevor das Band bis zur nächsten Nachricht weiterlaufen konnte, drückte Dusty auf die Stopptaste.
    Das Haus schien in seinen Grundfesten erschüttert zu sein, als wären tief in der kalifornischen Erde zwei Kontinentalplatten aufeinander gestoßen, obwohl das Beben doch ausschließlich in ihren Köpfen stattfand.
    Dusty sah Martie lange an.
    Diese Augen, ihre Augen. Von den Druckwellen des Bebens war selbst die harte Schale der Trauer zersprungen, unter der das Blau ihrer Augen noch intensiver gewirkt hatte. Jetzt war in ihrem Blick etwas, was er noch nie in den Augen eines Menschen gesehen hatte und deshalb nicht benennen konnte.
    Er hörte sich selbst sagen: »Sie muss am Ende völlig durchgedreht haben. Was soll das denn für einen Sinn ergeben? Was für ein Video? Dr. Ahriman ist …«
    »… ein hervorragender Psychiater. Er ist …«
    »… sehr um das Wohl …«
    »… seiner Patienten besorgt.«
    Die leisen elektronischen Klänge erfüllten auf unheimliche Weise und ohne erkennbare Melodie den Konzertsaal unter Dustys Schädeldecke: nicht wie Musik, sondern wie ein unangenehmer Dauerpfeifton in den Ohren, nur eben diesmal von der Psyche gesteuert, ein Tinnitus des Bewusstseins. Die Ursache war das, was Psychologen mit einem Hundert-DollarStundenhonorar als kognitive

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