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Stimmen der Angst

Stimmen der Angst

Titel: Stimmen der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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sie ihn allein gelassen hatte, um mit ihren Freundinnen skilaufen zu gehen, und sie hatte sich in den Kopf gesetzt, ausgerechnet an diesem Nachmittag irgendein trautes Mutterund-Kind-Spiel mit ihm zu spielen. Was für ein miserables Timing.
    Er konnte sehen, dass seine Mutter sofort begriff, was am Thanksgiving-Tag mit dem Hündchen seiner Cousine Heather passiert war, und vielleicht ahnte sie auch unwillkürlich den wahren Grund für das Verschwinden des vierjährigen Sohnes ihres Gutsverwalters im Jahr zuvor. Seine Mutter war hauptsächlich mit sich selbst beschäftigt, die typische Schauspielerin in den Dreißigern, die ihre Titelfotos rahmte und die Wände ihres Schlafzimmers damit verschönerte, aber sie war nicht dumm.
    Selbst ein blitzschneller Denker, wie immer, hatte der junge Ahriman den Stöpsel aus der Chloroformflasche gerissen und ihr den Inhalt in das fotogene Gesicht geschüttet. Dadurch gewann er Zeit, die Katze zu befreien, die Plastikunterlage und das Chirurgenbesteck wegzuräumen, die Sicherheitsflammen am Küchenherd zu löschen, das Gas aufzudrehen, seine Mutter lichterloh anzuzünden, bevor sie das Bewusstsein wiedererlangte, sich die Katze zu schnappen und zu rennen, so schnell ihn die Füße trugen.
    Die Explosion ließ ganz Vail in seinen Grundfesten erzittern, und löste mit ihrer Druckwelle, die wie ein Donnergrollen durch das schneebedeckte Gebirge hallte, mehrere Lawinen aus, die aber zu klein waren, um echten Unterhaltungswert zu besitzen. Das zu Kleinholz zerlegte Zehn-Zimmer-Chalet aus Redwoodholz brannte wie Zunder.
    Als Feuerwehrleute dreißig Meter vom Haus entfernt den jungen Ahriman fanden, im Schnee sitzend, die Katze, die er vor den Flammen gerettet hatte, an die Brust gedrückt, war er in einem solchen Schockzustand, dass er anfangs nicht sprechen konnte und sogar zu benommen war, um zu weinen. »Ich habe die Katze gerettet«, erzählte er ihnen schließlich mit einem Schmerz in der Stimme, der die Feuerwehrmänner noch jahrelang in ihren Träumen verfolgte, »aber meine Mama konnte ich nicht retten. Ich konnte meine Mama nicht retten.«
    Später wurde seine Mutter durch Gebissvergleiche anhand ihrer zahnärztlichen Unterlagen identifiziert. Als ihre kümmerlichen sterblichen Überreste verbrannt waren, reichte die Asche nicht einmal, um die Urne zu füllen. (Ahriman wusste es genau, denn er hatte sich mit eigenen Augen überzeugt.) Der Beisetzung wohnte die Crème de la crème von Hollywood bei, während die bei Prominentenbegräbnissen übliche lärmende Ehrengarde der Medienhubschrauber ihre Kreise am Himmel drehte.
    Er bedauerte es, keine neuen Filme mit seiner Mutter in der Hauptrolle mehr sehen zu können, weil sie sehr wählerisch mit Drehbüchern gewesen war und im Allgemeinen nur in guten Filmen mitgespielt hatte, aber sie selbst fehlte ihm genauso wenig, wie er ihr gefehlt hätte, wenn das Schicksal die Rollen vertauscht hätte. Sie hatte Tiere geliebt und sich heldenhaft für alle ihre Belange eingesetzt; Kinder hatten in ihr einfach nicht die Gefühle ausgelöst, die sie für alles empfand, was vier Beine hatte. Auf der Kinoleinwand konnte sie die Herzen anrühren, sie mit Freude erfüllen oder in tiefe Verzweiflung stürzen; dieses Talent erstreckte sich aber nicht auf das wirkliche Leben.
    Zwei schreckliche Feuersbrünste im Abstand von fünfzehn Jahren hatten Ahriman zur Vollwaise gemacht (wenn man von den vergifteten Petits Fours absah): die erste ein bedauerlicher Unfall, für den der Hersteller des Gasherds tief in die Tasche greifen musste, die zweite im Lustrausch und in blinder Mordgier absichtlich herbeigeführt von dem betrunkenen Hausmeister Earl Ventnor, der mittlerweile bei einer Gefängnisschlägerei vor zwei Jahren von einem Mithäftling erstochen worden war.
    Während er jetzt das Rädchen des altmodischen Feuerzeugs mit Feuersteinzündung mit dem Daumen drehte und das Band aus dem Anrufbeantworter im Kamin anzündete, dachte er über die Tatsache nach, dass Feuer sowohl in seinem Leben als auch in dem von Martie, deren Vater der höchstdekorierte Feuerwehrmann in der Geschichte der Vereinigten Staaten gewesen war, eine so entscheidende Rolle gespielt hatte. Wieder etwas, das sie miteinander verband.
    Schade. Nach der neuesten Entwicklung der Dinge konnte er es wohl nicht zulassen, dass sich ihre Beziehung vertiefte. Der Gedanke, dass sie beide, er und diese schöne Frau, die Spiele liebte, eines Tages etwas ganz Besonderes füreinander empfinden

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