Stimmen der Angst

Titel: Stimmen der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz

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ganze Städte zu beherbergen. Wenn Geisterschiffe, bemannt mit verirrten Seelen, auf diesem verborgenen See kreuzten, so würden die beiden Neuankömmlinge das ewige Leben vielleicht als Ruderer auf einer Galeere fristen oder als Matrosen die verrottenden Segel einer fauligen Galeone warten, welche von Phantomwinden unter einem Himmel aus Stein in die unbekannten Häfen unter Albuquerque, Portales, Alamogordo und Las Cruces getragen wurde.
    Unter der Erde lag ein ganzer Ozean, aber an ihrer Oberfläche konnten Martie und Dusty keinen Tropfen Wasser finden, um sich das Blut von den Händen zu waschen. Sie scharrten Schnee zusammen und rieben sich die Hände damit ab. Und noch mehr Schnee und noch mehr Reiben, bis die steifgefrorenen Finger wehtaten und die Haut gerötet war, und weiter, bis die Haut weiß vor Kälte war, und noch mehr Schnee und noch kräftigeres Reiben, fester, fester, denn sie hatten nicht nur den Drang, sich zu säubern, sondern sich reinzuwaschen.
    Plötzlich hatte Dusty das Gefühl, dass ihnen bei ihrem Tun der Wahnsinn im Nacken saß, und als er von seinen halb wundgescheuerten Händen aufblickte, sah er Martie, wie sie da vornüber gebeugt im Schnee kniete, das Gesicht vor Ekel verzerrt, die schwarzen Haare fast vollständig bedeckt von einer Mantille aus weißer Spitze. Sie scheuerte sich die Hände mit gepresstem Schnee, der fast schon zu hartem Eis gefroren war, scheuerte sie so wütend, dass sie bald blutig sein würden.
    Er packte sie an den Handgelenken, zwang sie mit sanfter Gewalt, die eisverkrusteten Schneebrocken fallen zu lassen, und sagte: »Genug.«
    Sie nickte, und ihre Stimme zitterte vor Entsetzen, aber auch vor Dankbarkeit. »Ich würde die ganze Nacht weiter scheuern, wenn ich die letzte Stunde damit wegscheuern könnte.«
    »Ich weiß«, sagte er. »Ich weiß.«
    *
    In einer Zeit von fünfzig Minuten – oder fast zwei Hörfunkfolgen der Phil-Harris-und-Alice-Faye-Show, wenn man es nach der Uhr des Klassiksenders maß – trabte Jennifer nach Hause in den warmen heimischen Stall.
    Ihre schüchternen Verfolger, Skeet und der Mann mit den geröteten Wangen, folgten dichtauf. Sie scheuten sich nicht, in den zum Wohnhaus gehörenden Parkplatz einzubiegen, von wo aus sie zusahen, wie Jennifer in dem Gebäude verschwand.
    Von seinem dunklen Standort unter den ausladenden Zweigen des Korallenbaums aus beobachtete Ahriman die Beobachter, nicht ohne heimlichen Stolz auf seine nahezu übermenschliche Geduld. Ein guter Sportsmann musste wissen, wann er am Zug war und wann es besser war abzuwarten, obwohl das Warten ihn manchmal fast um den Verstand brachte.
    Offensichtlich war Skeet von Dusty und Martie bedenkenlos der Obhut des Dicken anvertraut worden. Seine Geduld würde also mit zwei Toten und damit der Siegestrophäe belohnt werden.
    Inzwischen kannte er die beiden Detektive gut genug, um voraussagen zu können, dass es selbst ihnen zu langweilig und frustrierend sein würde, ihre Beschattung fortzusetzen, und dass sie sich nun endlich ihre Schlappe eingestehen würden. Außerdem waren die Jungs jetzt, nachdem sie sich die Bäuche mit Rhabarbergulasch und Süßkartoffelgumbo vollgeschlagen hatten, müde und schlaff und sehnten sich nach allen Behaglichkeiten ihres Heims: speckige Fernsehsessel mit automatisch ausklappbaren Fußstützen, dazu die schwachsinnigsten Sitcoms, die ihnen die mächtige, lärmende, hektische, aufpeitschende, thermonukleare amerikanische Unterhaltungsindustrie zu bieten hatte.
    Und dann, in der relativen Abgeschiedenheit ihres Heims, wenn sie sich sicher und geborgen fühlten, würde er zuschlagen. Er hoffte nur, dass Martie und Dusty noch lange genug am Leben blieben, um die sterblichen Überreste der beiden zu identifizieren und zu betrauern.
    Zu Ahrimans leisem Erstaunen stieg der Mann mit der Flaschenbodenbrille aus, ging um den Pickup herum und lockte dann einen Hund aus dem Campingabteil. Das war eine unerwartete Komplikation, die möglicherweise eine Änderung seiner Strategie erforderlich machen würde.
    Der Mann führte den Hund zu einem Rasenstück innerhalb der Wohnanlage. Nach langem Geschnüffel und etlichen zaghaften Versuchen erledigte der Hund schließlich sein Geschäft.
    Ahriman hatte den Hund erkannt. Es war der sanftmütige, scheue Retriever der Rhodes’. Wie war doch gleich sein Name? Volley? Willy? Velvet? Valet.
    Eine Änderung seiner Strategie würde nicht nötig sein. Oder doch, eine kleine Änderung. Er musste eine Kugel für den