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Stimmen der Angst

Stimmen der Angst

Titel: Stimmen der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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nach den alten Zeiten sehnte. Unverbesserlich sentimentaler Mensch, der er war.
    Beim Gedanken daran, sich mitten hineinstürzen zu dürfen in den blutigen, schmutzigen Sumpf der Gewalt, fühlte er sich wieder wie ein Kind.
    Diese eine Nacht also. Einmal wieder über die Stränge schlagen. Um der alten Zeiten willen. Und danach wieder zwanzig Jahre unbeugsamer Selbstkasteiung.
    Vor ihm bog der Pickup, ohne den Blinker zu setzen, vom Highway nach rechts in eine Stichstraße ein, die über ein unbebautes Küstengrundstück zum Parkplatz eines öffentlichen Strandes führte.
    Diese Wendung der Ereignisse traf Ahriman unvorbereitet. Er fuhr auf den Randstreifen, hielt an und schaltete die Scheinwerfer aus.
    Der Pickup war hinter der Hügelkuppe verschwunden.
    Zu dieser Stunde, zumal an einem kalten Winterabend, würden Skeet und der Dicke mit ziemlicher Sicherheit die einzigen Besucher am Strand sein. Wenn Ahriman ihnen unmittelbar folgte, würden selbst dieses beiden unterbelichteten Trottel auf die Idee kommen, dass sie beschattet wurden.
    Er würde zehn Minuten warten. Wenn sie bis dahin nicht wieder auftauchten, musste er ihnen notgedrungen folgen.
    Ein einsamer Strand war vielleicht genau der richtige Ort, um ihnen ein paar Kugeln zu verpassen.

70. Kapitel
    Bei Tag hatte über Santa Fe noch ein angenehmer Zauber gelegen. In dieser verschneiten Nacht hatten die Straßen, durch die sie nun fuhren, aber etwas Düsteres, Bedrohliches.
    Martie war sich der Höhenlage der Stadt jetzt viel deutlicher bewusst als noch am Morgen. Die Luft war zu gehaltlos, um sie zu stärken. Ein hohles Gefühl in der Brust ließ sie den Rücken krümmen, es war, als würde sich ihr der Brustkorb zusammenziehen, als könnte sich die eingefallene Lunge in der dünnen Atmosphäre nicht mehr mit Luft füllen. Sie fühlte sich so unangenehm leicht und schwerelos, als ließe in dieser Höhe die Schwerkraft nach, sodass sie den sicheren Kontakt zur Erde zu verlieren drohte.
    Alle diese Gefühle waren jedoch rein gegenständlicher Art, und der wahre Grund, warum sie von Santa Fe weg wollte, war weder die unerträglich dünne Luft noch die Angst, die Verbindung zur Erde zu verlieren. In Wahrheit wollte sie weg, weil sie hier Züge an sich entdeckt hatte, die sie lieber nie kennen gelernt hätte. Je weiter sie sich von Santa Fe entfernte, umso leichter würde es vielleicht für sie sein, sich mit den neu entdeckten Facetten ihres Wesens abzufinden.
    Außerdem war es zu gefährlich, in der Stadt zu bleiben, und wenn es nur für eine Nacht war, bis sie den ersten Flug am Morgen nehmen konnten. Möglicherweise würde man Kevin und Zachary noch stundenlang nicht vermissen. Aber es war eher anzunehmen, dass sie irgendjemandem im Institut Bericht erstatten sollten, sobald sie ihren Auftrag erledigt hatten, was mittlerweile der Fall hätte sein müssen. Vielleicht würde man schon bald damit anfangen, nach ihnen zu suchen, nach ihrem Wagen … und dann nach Martie und Dusty.
    »Wie wär’s mit Albuquerque?«, sagte Dusty.
    »Wie weit ist das?«
    »Ungefähr hundert Kilometer.«
    »Schaffen wir das bei diesem Wetter?«
    Es hatte sich nun doch noch ein strenger Wind erhoben, der züchtigend seine Peitsche schwang, bis aus dem stillen Schneien ein Schneesturm geworden war. Gespensterweiße Truppen bliesen in fest geschlossenen Reihen zum Luftangriff auf die Hochebene.
    »Vielleicht lässt der Schnee nach, wenn wir ein Stückchen tiefer sind.«
    »Ist Albuquerque größer als Santa Fe?«
    »Sechs- oder siebenmal so groß. Wir können uns dort jedenfalls leichter bis morgen früh verstecken.«
    »Gibt es da auch einen Flughafen?«, fragte sie.
    »Einen ziemlich großen sogar.«
    »Dann mal zu.«
    Die Scheibenwischer fegten den Schnee von der Windschutzscheibe, und schließlich verschwand auch Santa Fe aus ihrem Blickfeld.
    *
    Ahriman saß noch wartend am Rand des Pacific Coast Highway in seinem Wagen, als eine plötzlich einsetzende, steife auflandige Brise durch das hohe Gras der Küstenwiese pfiff und den El Camino nachhaltiger erschütterte als der Fahrtwind vorbeifahrender Autos und Lastwagen. Ein kräftiger Wind würde die Schüsse übertönen oder zumindest so verwehen, dass es für einen zufälligen Ohrenzeugen schwer sein würde, die Richtung zu orten, aus der sie kamen.
    Der Arzt zerbrach sich den Kopf darüber, was sich am Strand wohl abspielen mochte. Was trieben die beiden Spinner dort unten mitten in der Nacht und auch noch bei dieser

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