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Stimmen der Angst

Stimmen der Angst

Titel: Stimmen der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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herunterzugelangen. Der Boden rutschte ihm praktisch unter den Füßen weg. Er sank bis zu den Knöcheln im Sand ein und erreichte den oberen Rand der Böschung nur, indem er fast auf allen vieren kroch.
    Sein Anzug war nun endgültig hinüber.
    Leichtfüßig wie eine Gazelle lief die Keanuphobin weit vor ihm in Richtung Parkplatz, aber wenigstens war sie, bis auf einen hochhackigen Schuh in jeder Hand, unbewaffnet. Wenn er sie einholen konnte, hatte er eine gute Verwendung für die eine Kugel, die noch im Magazin seiner Millennium steckte, und wenn er sie aus irgendeinem Grund auch aus nächster Nähe verfehlen sollte, konnte er sich immer noch darauf verlassen, dass er sie aufgrund seiner überlegenen Größe und Kraft überwältigen würde. Und dann würde er ihr den Hals umdrehen.
    Nur war es gar nicht so einfach, sie einzuholen. Als sie den Parkplatz erreichte und festen Boden unter den Füßen hatte, legte sie an Geschwindigkeit zu, während er immer noch schwerfällig durch den weichen Sand stapfte. Der Abstand zwischen ihnen wurde größer, und Ahriman bedauerte jetzt, dass er einen dritten und auch einen vierten Schokoriegel gegessen hatte.
    Zum Meer hin geparkt stand der weiße Rolls-Royce da, wo die Zufahrtsstraße ihren höchsten Punkt erreichte und in den Parkplatz mündete. Die Frau erreichte ihn in dem Moment, in dem Ahrimans Ledersohlen auf Asphalt klatschten.
    Der Motor sprang mit sattem Röhren an.
    Er war noch mindestens fünfzig Meter von ihr entfernt.
    Plötzlich flammten die dunklen Scheinwerfer auf.
    Vierzig Meter.
    Sie legte den Rückwärtsgang ein und trat das Gaspedal bis zum Anschlag durch. Die Reifen fraßen sich kreischend in den Asphalt.
    Der Arzt blieb stehen, hob die Millennium mit beiden Händen und nahm eine perfekt ausbalancierte Schießhaltung ein: Kopf und Oberkörper direkt zu seinem Ziel hin gewandt, das rechte Bein wegen des festeren Standes leicht nach hinten ausgestellt, das linke Knie ein wenig gebeugt, in der Hüfte keinen Millimeter abgeknickt …
    Die Entfernung war zu groß. Der Rolls schoss rückwärts. Dann war er hinter dem Rand der Anhöhe in Richtung Pacific Coast Highway verschwunden. Sinnlos, jetzt noch zu schießen.
    Die Zeit ist von entscheidender Bedeutung, sagt Anonymus, der wahrscheinlich meistzitierte Dichter der Literaturgeschichte, und für Ahriman lag in seinen Worten in diesem Moment mehr Wahrheit, als sie je enthalten hatten. Kehr um, kehr um, o Zeit, in deinem Fluge, schrieb Elizabeth Akers Allen, und Ahriman wünschte sich sehnlichst, eine magische Uhr zu besitzen, die dieses Kunststück zuwege brachte, denn nie hatte Delmore Schwartz etwas Wahreres geschrieben als: Die Zeit ist das Feuer, in dem wir verbrennen , und Ahriman fürchtete sich davor zu verbrennen, obwohl der elektrische Stuhl nicht das in Kalifornien verwendete Instrument zur Vollstreckung der Todesstrafe war. Zeit, eine Wahnsinnige, die Staub verstreut, schrieb Tennyson, und der Arzt hatte Angst, dass auch sein Staub verstreut werden würde, wusste aber gleichzeitig, dass er besser daran tat, sich zu beruhigen und sich Edward Youngs Haltung zu Eigen zu machen, der geschrieben hatte: Trotze dem Zahn der Zeit. Sara Teasdale behauptet: Die Zeit ist eine gütige Freundin, aber sie hatte keine Ahnung, wovon sie sprach, und: Die erhabenen Dichter, deren ferne Schritte in den Fluren der Zeit widerhallen, schrieb Longfellow, was nicht den mindesten Bezug zur gegenwärtigen Situation hatte, aber der Arzt war ein Genie, verfügte über eine schon übertrieben exzellente Bildung und war verstört, was dazu führte, dass ihm alle diese Gedanken und noch zahllose andere wie Maschinengewehrfeuer durch den Kopf schossen, während er zu seinem El Camino rannte, den Motor anließ und vom Parkplatz auf die Zufahrtsstraße jagte.
    Als Ahriman den Pacific Coast Highway erreichte, war der Rolls Royce nicht mehr zu sehen.
    Die reiche Schnalle wohnte mit ihrem Langweiler von einem Gatten im benachbarten Newport Coast, aber möglicherweise fuhr sie nicht auf direktem Weg nach Hause. Sofern ihre Phobie weiter fortgeschritten war, als er gedacht hatte, und sie mittlerweile eine ausgewachsene Psychose entwickelt hatte, war es sogar möglich, dass sie Angst davor hatte, je wieder nach Hause zurückzukehren, weil sie befürchtete, dass Keanu oder einer seiner Helfershelfer – ihr schießwütiger Psychiater beispielsweise – dort auf sie lauern würde.
    Aber selbst wenn er angenommen hätte, dass sie nach Hause

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