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Stimmen der Angst

Stimmen der Angst

Titel: Stimmen der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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lehnen und tat dabei so, als würde er den Aufdruck auf einer Dose Eintopf studieren.
    Wenn andere Kunden ihn in diesem Moment sahen, ließen sie sich vermutlich täuschen. Martie konnte er nichts vormachen. Sie trat dicht neben ihn, legte ihm eine Hand auf den Nacken, beugte sich mit ihm über die Dose und flüsterte ihm ins Ohr: »Ich liebe dich so sehr, mein Engel.«
    Zurück im Hotelzimmer, wählte er die kostenlose Nummer einer Fluggesellschaft und erkundigte sich nach dem frühestmöglichen Flug. Es waren noch Plätze frei, und er reservierte sie über eine Kreditkartennummer, bat die Firmenangestellte aber, die Tickets nicht über die Kreditkarte abzubuchen. »Ich möchte lieber bar bezahlen, wenn ich sie morgen früh abhole.«
    Danach nahmen sie eine ausgiebige heiße Dusche, so ausgiebig, dass sich die kleinen Hotelseifenstücke in Nichts aufgelöst hatten, bis sie fertig geduscht waren.
    Dusty entdeckte eine Abschürfung hinter seinem rechten Ohr. Sie war blutverkrustet. Vielleicht war er mit dem Kopf irgendwo aufgeprallt, als sich der Wagen überschlagen hatte. Er hatte es bis zu diesem Augenblick nicht einmal gemerkt.
    Im Bett sitzend, ein Badetuch als Tischdecke vor sich ausgebreitet, belegten sie Weißbrotscheiben mit Käse. Die Bierdosen hatten sie in einem schneegefüllten Papierkorb aus Plastik kalt gestellt.
    Die Sandwiches und Nachos schmeckten weder gut noch schlecht. Es war etwas Essbares. Treibstoff, der ihren Motor in Gang hielt. Das Bier war dazu da, sie schläfrig zu machen, sofern überhaupt an Schlaf zu denken war.
    Während der Fahrt von Santa Fe nach Albuquerque hatte keiner von beiden viel gesagt, und auch jetzt redeten sie nicht viel. In den Jahren, die vor ihnen lagen, sofern es Jahre waren und nicht nur Stunden oder Tage, würden sie vermutlich nicht oft und nicht allzu viel über das reden, was sich in den indianischen Ruinen abgespielt hatte. Das Leben war so kurz, dass man sich lieber mit seinen Träumen als mit Albträumen beschäftigte.
    Zu erschöpft, um zu reden, sahen sie fern, während sie aßen. In den Nachrichten wurden Aufnahmen von Kampfflugzeugen gezeigt. Nächtliche Detonationen irgendwo in einem anderen Teil der Welt.
    Auf Anraten der Experten für internationale Beziehungen versuchte das mächtigste Staatenbündnis der Welt wieder einmal, zwei verfeindete militärische Parteien an den Verhandlungstisch zu zwingen, indem es mit seinen Bomben die zivile Infrastruktur in Schutt und Asche legte. Brücken, Krankenhäuser, Kraftwerke, Videoverleihe, Wasserwerke, Kirchen, Imbisslokale. Den Nachrichten nach zu urteilen, gab es im gesamten Spektrum der Politik und der Medien, in den oberen Regionen der Gesellschaft überhaupt, keine einzige Stimme, die moralische Bedenken gegen den Einsatz erhoben hätte. Die Debatten der Experten kreisten vielmehr um die Frage, wie viele Tonnen Sprengstoff in welchen Hightech-Raketen abgeschossen werden mussten, damit sich die zivile Bevölkerung gegen die angegriffene Regierung erhob und der Ausbruch eines regelrechten Kriegs verhindert werden konnte.
    »Für die Menschen, die in dem Imbisslokal waren«, sagte Martie, »ist es schon ein Krieg.«
    Dusty schaltete den Fernseher aus.
    Nachdem sie gegessen hatten und jeder zwei Bier getrunken hatte, schlüpften sie unter die Decke und lagen dann Hand in Hand in der Dunkelheit.
    In der Nacht zuvor war Sex eine Bejahung, ein Ja zum Leben gewesen. Jetzt hätten sie es als Blasphemie empfunden. Was sie in diesem Augenblick brauchten, war nichts als das Gefühl der Nähe.
    »Ob es wohl einen Ausweg für uns gibt?«, sagte Martie nach einer Weile.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Dusty aufrichtig.
    »Diese Leute im Institut … was immer sie da tun mögen, sie hatten nicht das Geringste mit uns am Hut, bevor wir hierher gekommen sind. Sie waren nur hinter uns her, um Ahriman zu schützen.«
    »Aber jetzt gibt es die Sache mit Zachary und Kevin.«
    »Sie sehen das vermutlich ganz pragmatisch. Das heißt, sie werden es als normalen Geschäftsverlust abhaken. Wir haben nichts gegen sie in der Hand. Wir sind keine wirkliche Gefahr für sie.«
    »Das heißt?«
    »Das heißt, wenn Ahriman tot wäre … würden sie uns dann nicht in Ruhe lassen?«
    »Vielleicht.«
    Eine Weile lang schwiegen beide wieder.
    Es war so still, dass Dusty fast zu hören glaubte, wie draußen der Schnee auf die Erde fiel.
    »Könntest du ihn töten?«, fragte er schließlich.
    Sie zögerte lange, bevor sie antwortete. »Ich

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