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Stimmen der Angst

Stimmen der Angst

Titel: Stimmen der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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nicht, sondern es stimmte einfach. Trevor hatte nicht auf ihre erotische Ausstrahlung angespielt. Was er meinte, war Schönheit jenseits aller sexuellen Begierden, Schönheit als Ideal, Schönheit, die so überwältigend war, dass sie die Seele anrührte. Frauen wie Männer, Kinder wie Greise fühlten sich zu Claudette hingezogen, wollten in ihrer Nähe sein; und wenn die Menschen sie ansahen, lag in ihren Augen etwas wie eine geheimnisvolle, unbegreifliche Hoffnung und Verzückung. Die Liebe, die ihr so viele entgegenbrachten, war nicht gerechtfertigt und beruhte auch nicht auf Gegenseitigkeit. Sie hatte graublaue Augen wie Dusty, aber der Blauanteil war geringer als bei ihm; in ihnen hatte er nie das gefunden, was jeder Sohn in den Augen seiner Mutter zu finden hofft, und er hatte auch nie einen Grund gesehen zu glauben, dass sie die Liebe haben wollte oder angenommen hätte, mit der er sie – auch heute noch, wenn auch als Kind mehr als jetzt – gern überschüttet hätte.
    »Sherwood«, sagte sie und bot ihm weder einen Kuss noch die Hand zur Begrüßung, »stehen heutzutage alle jungen Leute unangemeldet vor der Tür?«
    »Mutter, du weißt, dass ich nicht Sherwood heiße …«
    »Sherwood Penn Rhodes. So steht es in deiner Geburtsurkunde.«
    »Du weißt genau, dass ich meinen Namen habe ändern lassen …«
    »Ja, ich weiß, als du achtzehn, rebellisch und ein noch größerer Dummkopf warst als heute«, sagte sie.
    »Schon als Kind haben mich meine Freunde immer nur Dusty genannt.«
    »Deine Freunde waren immer die Klassendeppen, Sherwood. Du hast dich immer mit den Falschen zusammengetan, mit solcher Regelmäßigkeit, dass man es für Absicht halten könnte. Dustin Rhodes. Was hast du dir dabei nur gedacht? Wie hätten wir dich kultivierten Menschen mit ernster Miene als Dusty Rhodes vorstellen sollen?«
    »Genau das habe ich mir dabei gedacht.«
    »Hallo, Claudette«, sagte Martie, die von Claudette bislang noch nicht beachtet worden war.
    »Meine Liebe«, sagte Claudette, »mach bitte deinen guten Einfluss auf diesen Jungen geltend, damit er sich wieder einen erwachsenen Namen zulegt.«
    Martie lächelte. »Mir gefällt Dusty – der Name wie der Junge.«
    »Martine«, sagte Claudette. »Das ist wenigstens ein Name, den man ernst nehmen kann.«
    »Ich werde Martie genannt, und es gefällt mir.«
    »Ja, ich weiß. Schade drum. Du gibst Sherwood damit kein sonderlich gutes Beispiel.«
    »Dustin«, sagte Dusty beharrlich.
    »Nicht in meinem Haus«, sagte Claudette nüchtern.
    Jedes Mal, wenn Dusty hierher kam, gleichgültig, wie viel Zeit seit seinem letzten Besuch verstrichen war, begrüßte Claudette ihn in derselben distanzierten Weise. Es musste nicht unbedingt eine Diskussion um seinen Namen sein, manchmal erging sie sich auch in wortreichen Kommentaren zu seiner unstandesgemäßen Kleidung oder seiner nachlässigen Frisur, oder sie stellte ihm bohrende Fragen darüber, ob er endlich eine »richtige« Arbeit aufgenommen habe oder immer noch Häuser anstreiche. Einmal hatte sie ihn geschlagene fünf Minuten – die ihm allerdings mindestens wie eine Stunde vorgekommen waren – auf der Schwelle stehen lassen und in eine Diskussion über die politische Krise in China verwickelt. Irgendwann ließ sie ihn immer ins Haus, aber zuerst musste sie ihm das Gefühl geben, als dürfte er ihre Schwelle nicht so ohne weiteres überschreiten.
    Skeet war einmal in helle Aufregung geraten, als er einen Film gesehen hatte, in dem Nicolas Cage einen Engel spielte. In dieser Geschichte war es den Schutzengeln nicht erlaubt, sich zu verlieben oder andere starke Gefühle zu entwickeln; sie durften nur ihrer rationalen Vernunft folgen, damit sie der Menschheit dienen konnten, ohne sich emotional zu engagieren. Skeet sah darin eine Erklärung für das Wesen seiner Mutter, die so schön war, dass vielleicht sogar die Engel sie darum beneideten, die aber gleichzeitig kälter sein konnte als ein Krug eisgekühlter Limonade im Hochsommer.
    Der Himmel wusste, welchen Lustgewinn ihr die routinemäßige Verzögerung einbrachte, aber nachdem sie diesen Zoll eingefordert hatte, wich sie endlich einen Schritt zur Seite und bedeutete den Besuchern ohne Worte oder weitere Gesten dass sie nun eintreten durften. »Ein Sohn taucht kurz vor Mitternacht mit einem … Gast auf, der andere mit seiner Frau, und keiner hält es für nötig, vorher anzurufen. Ich weiß, dass beide einen Lehrer hatten, der ihnen Benimm und gute Sitten beigebracht

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