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Stimmen der Angst

Stimmen der Angst

Titel: Stimmen der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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misstrauisch geworden, hatten gelernt, wie schmal in der modernen Welt der Grat zwischen Wirklichkeit und Fantasie war, und würden ihm daher kaum Gelegenheit zu einer solchen Neuprogrammierung geben, auch wenn er es noch so klug anstellte.
    Er würde mit dem Rätsel leben müssen.
    Im Augenblick war es wichtiger, zu verhindern, dass sie noch mehr Schaden anrichteten, als die Wahrheit über ihre wundersame Befreiung herauszufinden.
    Er hielt ohnehin keine großen Stücke auf die Wahrheit. Die Wahrheit war ein amorphes Ding, eine Amöbe, die vor unseren Augen die Gestalt wechselt. Sein ganzes Leben lang hatte Ahriman die Wahrheit so beliebig geformt wie ein Töpfer, der aus einem Tonklumpen ein Gefäß von jeder gewünschten Form machte.
    Jeden Tag konnte man beobachten, dass die Macht über die Wahrheit triumphierte. Er konnte diese beiden nicht mit der Wahrheit töten, aber wenn er seine Macht klug einsetzte, konnte er sie zerquetschen und für alle Zeiten vom Spielbrett fegen.
    Er holte den blauen Beutel aus der Ledermappe hervor. Er legte ihn in die Mitte seines Schreibtischs und betrachtete ihn nachdenklich.
    Das Ende des Spiels konnte in den nächsten paar Stunden herbeigeführt werden. Er wusste, wohin Martie und Dusty von seiner Praxis aus fahren würden. Alle Hauptfiguren würden an einem Ort versammelt und damit für einen so geschickten Strategen, wie Ahriman es war, bequem erreichbar sein.
    Wir werden herausfinden, was Sie gegen Derek Lampion haben. Und wenn wir Ihre Motive kennen, wird das ein weiterer Nagel zu Ihrem Sarg sein.
    Wie hoffnungslos naiv sie doch waren. Nach allem, was sie durchgemacht hatten, glaubten sie immer noch an eine Welt, in der die Dinge so klar geordnet waren wie in einem Kriminalroman. Hinweise, Indizien, Beweise, die Wahrheit – das alles würde ihnen nicht viel nützen. Dieses Spiel wurde von elementareren Kräften bestimmt.
    In der Hoffnung, dass die Keanuphobin nicht ausgerechnet während seiner kurzen Abwesenheit anrufen würde, steckte er die Beretta in das Holster zurück, fuhr mit dem Aufzug ins Erdgeschoss, verließ das Gebäude, überquerte den Newport Center Drive und ging zu einem der Restaurants in der benachbarten Einkaufspassage, wo er von einem öffentlichen Telefon aus dieselbe Nummer anrief, die er bereits am Mittwochabend gewählt hatte, als es darum ging, eine Brandstiftung zu arrangieren.
    Die Nummer war besetzt. Er musste es viermal versuchen, bis er das Freizeichen hörte.
    »Hallo?«
    »Ed Mavole«, sagte der Arzt.
    »Ich höre.«
    Nachdem er mit seinem Gesprächspartner dessen persönliches Haiku durchgegangen war, forderte er: »Sag mir, ob du allein bist oder nicht.«
    »Ich bin allein.«
    »Geh aus dem Haus. Nimm genügend Kleingeld mit. Fahr ohne Umweg zu einem Münzfernsprecher, an dem du einigermaßen ungestört reden kannst. In genau fünfzehn Minuten rufst du dann die folgende Nummer an.« Er nannte die Durchwahlnummer des Apparats in seinem Sprechzimmer, sodass der Anruf nicht über Jennifers Zentrale zu ihm weitergeleitet werden musste. »Sag mir, ob du mich verstanden hast.«
    »Ich habe verstanden.«
    Ahriman zählte bis zehn, um seinen Gesprächspartner aus der inneren Kapelle zu vollem Bewusstsein zurückzuführen, dann sagte er: »Verzeihung, ich habe mich verwählt« und legte den Hörer auf.
    Anschließend kehrte er zu seiner Praxis zurück, wo er zuerst einen vorsichtigen Blick ins Wartezimmer warf für den Fall, dass die Keanuphobin dort mit einem spitzhackigen Pump in jeder Hand auf ihn wartete.
    Jennifer blickte von ihrem Schreibtisch hinter der Scheibe der Rezeption auf und winkte ihm munter zu.
    Er winkte zurück, eilte aber in sein Sprechzimmer weiter, bevor sie ihm einen begeisterten Vortrag darüber halten konnte, wie ungeheuer gesund es sei, täglich 150 Milliliter Pinienrindenextrakt zu sich zu nehmen.
    In seinem Sprechzimmer nahm er die Beretta aus dem Schulterholster und legte sie auf den Schreibtisch zurück.
    Dann holte er eine neue Flasche Kirschlimonade aus dem Praxiskühlschrank und spülte einen weiteren Keks damit herunter. Er brauchte jetzt einen Zuckerstoß.
    Er war wieder in voller Aktion. Es hatte zwar ein paar Momente der Erschütterung gegeben, aber er war aus der Krise gestärkt hervorgegangen. Stets optimistisch, wie es seinem Wesen entsprach, wusste er, dass ihn nur noch wenige Stunden von einem triumphalen Sieg trennten, und er war aufgeregt.
    Hin und wieder wurde der Arzt gefragt, wie er es schaffte, sich

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