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Stimmen der Angst

Stimmen der Angst

Titel: Stimmen der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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geblieben, weil wir Angst hatten. Zuerst konnten wir uns auch gar nicht bewegen. Als wären wir betäubt, ja? Und als wir uns dann wieder bewegen konnten, sind wir hierher gekommen, weil wir wissen wollten, warum er meint, dass unsere Mutter eine Hure ist.«
    »Warst du im Krankenhaus?«, fragte Martie besorgt.
    »Nee, mir fehlt nichts«, antwortete Skeet, indem er Unterhemd und Pullover endlich wieder über den Bauch herunterzog.
    »Du könntest eine gebrochene Rippe haben, innere Verletzungen.«
    »Das habe ich ihm alles auch schon erklärt«, sagte Claudette. »Es ist völlig sinnlos. Du weißt ja, wie Holden ist, Sherwood. Er hat schon immer mehr Flausen im Kopf gehabt als gesunden Menschenverstand.«
    »Es wäre trotzdem gut, wenn du dich von einem Arzt untersuchen lassen würdest, solange die Verletzungen noch sichtbar sind«, sagte Dusty zu Skeet. »Das wäre dann ein zulässiges Beweismittel, falls es uns gelingt, dieses Arschgesicht vor Gericht zu bringen.«
    » Bastard «, sagte Claudette mit tadelnder Stimme, »oder Mistkerl . Vulgäre Schimpfwörter beeindrucken mich nicht. Wenn du glaubst, mich mit Arschgesicht schockieren zu können, hast du dich geirrt. In diesem Haus haben wir William Burroughs sowieso nie für Literatur gehalten, und das wird auch so bleiben.«
    »Deine Mutter gefällt mir«, sagte Martie zu Dusty.
    Claudettes Augen verengten sich kaum merklich.
    »Wie war New Mexico?«, fragte Skeet.
    »Ein Land der Verzauberung«, sagte Dusty.
    Die Schwingtür zur Küche am Ende der Eingangsdiele flog auf und Derek Lampton erschien auf der Bildfläche. Er ging mit gestrafften Schultern, herausgestreckter Brust und stocksteifem Oberkörper, aber trotz seiner zackig-militärischen Haltung machte er den Eindruck, als käme er auf sie zugeschlichen.
    Praktisch vom Tag seines Auftauchens an hatten Skeet und Dusty ihn insgeheim die Echse genannt, aber in Wirklichkeit sah Lampton eher wie ein Iltis aus, kompakt, glatt, geschmeidig, die Haare so glänzend und dicht wie ein Pelz, mit den flinken, schwarzen, wachsamen Augen eines Tiers, das darauf lauert, den Hühnerstall auszuräubern, sobald ihm der Bauer den Rücken zukehrte. Seine Hände, die er weder Dusty noch Martie zum Gruß bot, waren wie kleine Pfoten, schmalfingrig, die Häute zwischen den Fingern außergewöhnlich dehnbar, die Nägel leicht zugespitzt. Der Iltis gehört zur Familie der Marder.
    »Ist jemand gestorben und wir haben hier eine Testamentseröffnung?«, fragte Lampton, was seiner Vorstellung von Humor entsprach und die herzlichste Form einer Begrüßung war, die man je bei ihm erleben würde.
    Er musterte Martie von Kopf bis Fuß und verweilte lange bei ihren Brüsten, die sich unter dem Pullover abzeichneten, wie er es stets hemmungslos zu tun pflegte, wenn er eine attraktive Frau vor sich hatte. Als er ihr schließlich in die Augen sah, bleckte er seine kleinen, scharfen, blendend weißen Zähne. Das war seine Art zu lächeln – und vielleicht sogar das, was er für ein verführerisches Lächeln hielt.
    »Sherwood und Martine waren tatsächlich in New Mexico«, sagte Claudette zu ihm.
    »Ach, wirklich?« Lampton zog die Augenbrauen hoch.
    »Das habe ich dir doch erzählt«, sagte Skeet.
    »Das stimmt«, sagte Lampton, mehr an Dusty als an Skeet gewandt. »Er hat es uns erzählt. Allerdings hat er uns eine so abenteuerliche Geschichte aufgetischt, dass wir es weniger für die Wahrheit als für eine seiner dissoziativen Fantasien gehalten haben.«
    »Ich habe keine dissoziativen Fantasien«, sagte Skeet aufgebracht, der es zwar schaffte, seiner Stimme einen ironischen Unterton zu geben, nicht aber, Lampton bei seinem Protest in die Augen zu sehen. Stattdessen starrte er unverwandt auf seine Fußspitzen.
    »Du brauchst nicht gleich in die Defensive zu gehen, Holden«, sagte Lampton ruhig. »Es ist kein Werturteil, wenn ich über deine dissoziativen Fantasien rede, genauso wenig wie ich ein Werturteil abgebe, wenn ich von Dustys krankhafter Abneigung gegen jede Art von Autorität spreche.«
    »Ich habe keine krankhafte Abneigung gegen jede Art von Autorität«, sagte Dusty, der bemüht war, seiner Stimme einen ruhigen, sogar freundlichen Klang zu geben, obwohl es ihn ärgerte, dass er sich überhaupt bemüßigt fühlte zu widersprechen. »Ich habe eine legitime Abneigung gegen den Anspruch einer elitären Minderheit, allen anderen sagen zu wollen, was sie tun und denken sollen. Ich habe eine Abneigung gegen selbsternannte

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