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Stimmen der Angst

Stimmen der Angst

Titel: Stimmen der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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einer Zimmerecke und beobachtete aufmerksam, was um ihn herum vorging – vielleicht erwartete er eine Wiederholung dessen, was ihn kurz zuvor veranlasst hatte, mit gesträubtem Nackenfell aus dem Zimmer zu flüchten.
    Auf Anweisung des Arztes bereitete Tom einen Katheter vor, um Skeet eine Urinprobe zu entnehmen.
    Donklin beugte sich dicht über das Gesicht seines bewusstlosen Patienten und sagte: »Sein Atem riecht nicht süßlich, aber wir werden den Urin auf Albumin und Zucker untersuchen.«
    »Er war nie Diabetiker«, sagte Dusty.
    »Sieht auch nicht nach Nierenversagen aus«, fuhr der Arzt fort. »Sonst hätte er einen starken, unregelmäßigen Puls und erhöhten Blutdruck. Beide Symptome sind nicht vorhanden.«
    »Kann es nicht sein, dass er einfach nur schläft?«, fragte Dusty.
    »Um so tief zu schlafen«, entgegnete Donklin, »müsste man schon von einer bösen Hexe verzaubert worden sein oder in Schneewittchens Apfel gebissen haben.«
    »Die Sache ist die … ich habe mich ein bisschen über ihn geärgert, weil er sich so seltsam benommen hat. Also habe ich ihm in ziemlich scharfem Ton gesagt, er soll mich in Ruhe lassen und schlafen, und kaum hatte ich die Worte ausgesprochen, war er auch schon weggetreten.«
    So trocken, dass man den Staub in seiner Stimme zu hören meinte, fragte Donklin: »Wollen Sie damit sagen, dass Sie ein Zauberer sind?«
    »Immer noch Maler und Lackierer.«
    Da Donklin nicht an einen Schlaganfall glaubte, versuchte er es mit einem kreislaufbelebenden Mittel. Aber auch eine Prise Hirschhornriechsalz konnte Skeet nicht aus seiner Bewusstlosigkeit wecken.
    »Wenn das nur einfach Schlaf ist«, bemerkte der Arzt, »muss er ein Nachfahre von Dornröschen sein.«
    *
    Weil die Mülltonne bis auf den Karton mit den Messern leer war und große Räder hatte, schaffte Martie es relativ mühelos, sie die paar Stufen zur Veranda hochzuziehen. Durch das Plastik der Tonne hindurch drang aus dem Innern der dicht versiegelten Schachtel die wütende Melodie von Messerklingen, die klimpernd aneinander stießen.
    Ursprünglich hatte sie die Tonne in die Küche bringen wollen.
    Jetzt wurde ihr bewusst, dass sie damit die Messer wieder ins Haus geholt hätte.
    Unentschlossen, den Griff der Mülltonne mit den Händen umklammert, blieb sie stehen.
    Das Haus von allen potenziellen Waffen zu säubern war jetzt oberstes Gebot. Noch vor Einbruch der Dunkelheit. Bevor das Tier in ihr vollständig die Kontrolle übernahm.
    In diesem Moment der Unentschlossenheit brach der Sturm der Angst mit noch größerer Wucht los, zerrte an den Türen und Fenstern ihrer Seele.
    Tu etwas! Bleib in Bewegung!
    Sie ließ die Tür offen stehen und stellte die Mülltonne dicht an der Schwelle ab, wo sie leicht zu erreichen war. Dann nahm sie den Deckel ab und legte ihn auf den Verandaboden.
    Wieder in der Küche, zog sie eine Schrankschublade auf und musterte deren blitzenden Inhalt: Kuchengabeln, große Gabeln, große Messer, Buttermesser. Außerdem zehn Steakmesser mit Holzgriffen.
    Sie fasste die gefährlichen Objekte nicht an. Stattdessen nahm sie die ungefährlichen Stücke heraus – Esslöffel, Teelöffel, Kaffeelöffel – und legte sie auf die Frühstückstheke. Dann zog sie die Schublade ganz heraus, trug sie zur offen stehenden Tür und kippte den Inhalt aus.
    Zusammen mit einem Satz Schubladeneinsätzen aus Plastik ergoss sich die stählerne Kaskade der Gabeln und Messer klirrend und klimpernd in die Mülltonne. Das Geräusch ging Martie durch Mark und Bein.
    Die leere Schublade stellte sie in einer Ecke der Küche auf dem Fußboden ab. Sie hatte keine Zeit, die aussortierten Löffel wieder einzusammeln und die Schublade in den Schrank zurückzuschieben.
    Schon ging das unnatürliche Zwielicht in echte Abenddämmerung über. Durch die offene Tür hörte sie die ersten heiseren Gesänge der kleinen Winterkröten, die sich nur bei Nacht ins Freie wagten.
    Die nächste Schublade. Ein Sammelsurium verschiedener Küchengeräte und Kochutensilien. Ein Flaschenöffner. Ein Kartoffelschäler. Ein Zitronenschalen Ein gemeingefährlich aussehendes spießartiges Bratenthermometer. Ein Fleischklopfer. Ein Korkenzieher. Kleine maiskornförmige Griffe aus gelbem Plastik, an deren einem Ende zwei scharfe Spitzen herausragten, die man in einen heißen, gebutterten Maiskolben rammte, um ihn besser essen zu können.
    Unfassbar, wie viele verschiedene Dinge es in einem ganz normalen Haushalt gab, die man als Waffen benutzen konnte!

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