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Stimmen der Angst

Stimmen der Angst

Titel: Stimmen der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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nicht so erbittert darum kämpfen müssen, diese Angst vor Susan zu verbergen, wäre sie in der Lage gewesen, sich besser zu konzentrieren, vielleicht hätte sie Susans Behauptung dann überhaupt nicht absurd gefunden. In ihrer gegenwärtigen Verfassung geriet sie mit jeder Wendung des Gesprächs jedoch in größere Verwirrung. »Du hast gesagt … er lässt es zurück? Wo?«
    »Ja, also … in mir halt.«
    Um sich selbst zu überzeugen, dass ihre Rechte leer war, dass sie nicht die Schere umklammert hielt, legte Martie die Hand auf die Brust, drückte sie auf ihr klopfendes Herz. Klick-klick.
    »In dir.« Was Susan da behauptete, war ungeheuerlich, schockierend und von entsetzlicher Tragweite, aber Martie gelang es nicht, ihre Gedanken ausschließlich auf die Freundin zu richten, solange sie dieses teuflische Geräusch hörte: klickklick, klick-klick, klick-klick .
    »Ich schlafe in Slip und T-Shirt«, sagte Susan.
    »Ich auch«, entgegnete Martie völlig unpassend.
    »Manchmal wache ich auf, und mein Slip ist voll von diesem … na ja, diesem warmen, klebrigen Zeug.«
    Klick-klick. Sie musste sich das Geräusch einbilden. Am liebsten hätte sich Martie mit eigenen Augen davon überzeugt, dass die Schere tatsächlich noch in der Schublade lag, aber da sie fürchtete, völlig den Verstand zu verlieren, wenn sie sie noch einmal ansah, ließ sie die Augen geschlossen.
    »Aber ich weiß nicht, wie es da hinkommt«, sagte Susan. »Es ist irgendwie verrückt. Aber … wie ?«
    »Du wachst davon auf?«
    »Und muss dann die Unterwäsche wechseln.«
    »Bist du dir sicher, dass es das ist? Sperma?«
    »Es ist widerlich. Ich fühle mich schmutzig und missbraucht. Manchmal muss ich dann sofort unter die Dusche. Ich muss einfach.«
    Klick-klick. Marties Herz hämmerte jetzt schon wie verrückt, und sie spürte, dass sie beim Anblick der blitzenden Schneiden von einer Panikattacke überrollt werden würde, die schlimmer war als alles, was sie bislang erlebt hatte. Klick-klick-klick.
    »Aber, Susan, mein Gott, er liebt dich, während du …«
    »Das hat nichts mit Liebe zu tun.«
    »… er tut es …«
    »Genau. Er vergewaltigt mich. Er ist immer noch mein Ehemann, ich weiß, wir leben nur getrennt, aber es ist Vergewaltigung.«
    »… aber du wachst dabei nicht auf?«
    »Das musst du mir glauben.«
    »Natürlich, Liebes, natürlich glaube ich dir. Aber …«
    »Vielleicht setzt er mich irgendwie unter Drogen.«
    »Wann sollte Eric denn die Gelegenheit dazu haben, dir heimlich Drogen einzuflößen?«
    »Ich weiß es auch nicht. Schon gut, schon gut, es klingt verrückt. Total ausgeflippt, paranoid. Aber es ist wahr .«
    Klick-klick.
    Ohne die Augen zu öffnen, schob Martie die Schublade zu.
    »Wenn du aufwachst«, sagte sie mit dünner Stimme, »hast du dann deine Unterwäsche wieder an?«
    »Ja.«
    Martie schlug die Augen auf und starrte auf ihre rechte Hand, die sich um den Griff der Schublade gekrampft hatte. »Er kommt also, zieht dich aus, vergewaltigt dich. Und bevor er geht, zieht er dir den Slip und das T-Shirt wieder an. Was soll das?«
    »Damit ich nicht merke, dass er da war vielleicht.«
    »Aber dann ist da sein Sperma.«
    »Der Geruch ist unverkennbar.«
    »Susan …«
    »Ich weiß, ich weiß, aber ich leide lediglich unter Agoraphobie, ich bin nicht völlig psychotisch. Das hast du vorhin selbst zu mir gesagt, schon vergessen? Pass auf, es gibt da noch etwas.«
    Aus dem Innern der geschlossenen Schublade drang ein gedämpftes Klick-klick .
    »Manchmal«, fuhr Susan fort, »bin ich wund.«
    »Wund?«
    »Da unten halt«, murmelte Susan verlegen. Ihre Verlegenheit machte das Ausmaß ihrer Angst und Scham deutlicher als alles, was sie bisher gesagt hatte. »Er ist dabei nicht … sanft.«
    In der Schublade klapperte Schneide gegen Schneide: klickklick, klick-klick .
    Susans Stimme war jetzt nur noch ein Flüstern, und sie klang so weit weg, als hätte eine mächtige Flutwelle ihr Haus an der Promenade erfasst und ins Meer hinaus geschwemmt, als würde es stetig auf einen fernen, dunklen Horizont zutreiben. »Manchmal tun mir auch meine Brüste weh, ein paar Mal waren blaue Flecken daran … Fingerabdrücke, wo er zu grob zugepackt hat.«
    »Und Eric streitet das alles ab?«
    »Er bestreitet jedenfalls, hier gewesen zu sein. Ich … ich habe nicht über konkrete Einzelheiten mit ihm gesprochen.«
    »Wie meinst du das?«
    »Ich habe ihn nicht direkt beschuldigt.«
    Marties rechte Hand war immer noch an der Schublade und

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